Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt (Destatis) im Mai 2025 um 0,7 % gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken. Damit verzeichnet dieser Frühindikator erstmals seit März 2023 wieder einen Rückgang im Jahresvergleich. Im ersten Quartal 2025 zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Nach endgültigen Angaben der Amtsgerichte stieg die Zahl der beantragten Unternehmensinsolvenzen um 13,1% gegenüber dem ersten Quartal 2024. Insgesamt meldeten die Amtsgerichte in diesem Zeitraum 5.891 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Die Forderungen der Gläubiger summierten sich auf rund 19,9 Mrd. EUR. Im Vorjahreszeitraum lagen diese noch bei 11,3 Mrd. EUR.
Besonders betroffen war der Bereich Verkehr und Logistik. Laut Destatis verzeichnete dieser Wirtschaftsabschnitt mit 29,4 Fällen je 10.000 Unternehmen die höchste Insolvenzquote. Danach folgten sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen wie Zeitarbeitsfirmen mit 26,1 Fällen und das Baugewerbe mit 25,4 Fällen je 10.000 Unternehmen. Insgesamt lag die Insolvenzquote in Deutschland im ersten Quartal bei 17,0 Unternehmensinsolvenzen je 10.000 Unternehmen. Nach Einschätzung von Destatis bleibt die Lage angespannt, auch wenn der Rückgang der Regelinsolvenzen im Mai auf eine kurzfristige Entspannung hindeuten könnte.
Keine Anzeichen für Insolvenzwelle
Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) warnt vor voreiligen Schlüssen. „Zwar liegen die aktuellen Insolvenzzahlen über denen der Jahre 2020 bis 2022, sie bleiben jedoch weiterhin deutlich unter den Niveaus der Jahre 2004 sowie 2008/2009 mit weit über 30.000 Unternehmensinsolvenzen“, sagt Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des VID. Eine Insolvenzwelle sei derzeit nicht erkennbar. Laut VID ist das Insolvenzgeschehen ein nachlaufender Indikator. Wirtschaftliche Erholungen oder Maßnahmen wie steuerliche Erleichterungen wirkten mit Verzögerung. „Bereits deren Ankündigung kann sich jedoch stabilisierend auf das Vertrauen in die Wirtschaft auswirken“, so Niering. Besonders Branchen wie der Automotive-Sektor oder der Einzelhandel müssten sich anpassen. Oft stünden überholte Geschäftsmodelle hinter den Insolvenzen.
Debatte über wirtschaftliche Lage gefordert
In der öffentlichen Diskussion werden die aktuellen Zahlen häufig als Beleg für eine wirtschaftliche Schieflage gewertet. Gleichzeitig betont Niering, dass Insolvenzen Teil notwendiger Transformationsprozesse seien. Junge Unternehmen mit neuen Ideen seien gefragt. Investoren sähen den Standort Deutschland weiter positiv. Der VID fordert eine faktenbasierte Debatte über die wirtschaftliche Lage. „Wir plädieren deshalb für eine faktenbasierte, differenzierte Analyse anstelle pauschaler Alarmmeldungen. Eine fundierte Debatte über die wirtschaftliche Lage ist notwendig – nicht zuletzt, um passgenaue Maßnahmen zur Stärkung der deutschen Wirtschaft auf den Weg zu bringen“, so Niering weiter.