„Die wachsende Regularik wird die Nachhaltigkeit beflügeln“

Interview mit Ralph Rumberg, CEO der GESCO AG

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Eine Nachhaltigkeitsstrategie muss für jedes Unternehmen individuell ausgearbeitet werden. Das gilt besonders, wenn man wie die GESCO AG mit ihren zehn Portfoliounternehmen sehr breit und diversifiziert aufgestellt ist. Wir sprachen mit Ralph Rumberg über aktuelle Entwicklungen im Portfolio der Beteiligungsgesellschaft.

Unternehmeredition: Herr Rumberg, Sie haben in diesem Jahr Ihre Umsatz- und Gewinnprognosen bereits zum zweiten Mal erhöht. Was hat dazu geführt?

Ralph Rumberg: Wegen des Ukrainekriegs sind wir im April mit einer etwas konservativeren Prognose rausgegangen, weil man zu dem Zeitpunkt noch nicht absehen konnte, wie sich die Marktlage entwickeln wird. Wir sind dann aber in der weiteren Entwicklung sehr erfolgreich gewesen und haben in der Folgezeit sukzessive auch unsere Prognose weiter nach oben korrigiert. Wir rechnen jetzt für das Gesamtjahr mit 575 bis 585 Mio. EUR Umsatz und 30,7 bis 32,2 Mio. EUR Jahresüberschuss nach Anteilen Dritter. Damit erreichen wir mit den zehn Unternehmen, die wir an Bord haben, wieder das Niveau, das wir 2018 schon mal erreicht hatten, seinerzeit aber vor der Transformation noch mit 18 Unternehmen. Und ich glaube das ist schon ein Meilenstein für uns.

Auch für die Zukunft haben Sie sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Insbesondere haben Sie die Strategie Next Level 25 ins Leben gerufen. Vielleicht können Sie uns einmal kurz erläutern, was Sie dabei bezwecken.

Unsere Strategie Next Level, die wir 2018 begründet haben und seit 2019 ausrollen, umfasst den Ausbau unseres Beteiligungsportfolios. Von derzeit zehn Gesellschaften wollen wir auf in Summe 15 Tochtergesellschaften mit dann drei Ankerbeteiligungen, von denen wir heute erst eine haben, und zwölf Basisbeteiligungen wachsen. Mit drei Ankerbeteiligungen sehen wir uns sehr gut ausbalanciert. Die zwölf Basisbeteiligungen sorgen für weitere Balance innerhalb der GESCO-Gruppe. In Summe streben wir bis 2025 eine Milliarde EUR Umsatz bei einer EBIT-Marge von dann 8-10% über den Zyklus hinweg an.

Mit der Setter-Gruppe und mit Sommer & Strassburger (S&S) haben Sie u. a. zwei Unternehmen im Portfolio, die stark auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Welche Rolle spielt dieses Thema in Ihrem Portfolio?

Man muss sich mit einem breit aufgestellten Portfolio schon sehr individuell überlegen, was man in den einzelnen Gesellschaften in Richtung Nachhaltigkeit macht. Uns geht es im Wesentlichen darum, unseren Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, weniger darum, berechenbare Ergebnisse für Standards nach dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex oder wie die EU-Taxonomie zu erzielen. Ich glaube, dass wir in unseren Gesellschaften mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie on the long run punkten werden. Bei einigen unserer Unternehmen haben wir deshalb bereits entsprechende Schritte eingeleitet. Bei Sommer & Strassburger sind wir beispielsweise mit dem Thema Biogasaufbereitung unterwegs. Das wissen viele nicht: Methangas, das aus der Tierhaltung kommt, ist sehr schädlich für die Umwelt. Wenn man Methangas aber in Biogas umwandelt, dann kann man dieses in das Gasnetz einleiten. Und da entsteht natürlich ein doppelter Nutzen. Mit den Druckrohr-Anlagen von Sommer & Strassburger sind wir bei diesem Nachhaltigkeitsthema sehr gut positioniert und setzen auf einen weiteren Ausbau.

Mit Setter haben wir ein bisschen Glück gehabt, dass wir bereits in den 2010er Jahren die Papierstäbchenproduktion entwickelt haben. Setter hat früher, genau wie viele andere auch, Plastikstäbchen produziert, hat dann aber sehr früh angefangen, den Nachhaltigkeitsaspekt voranzutreiben. Man ist dann mit der Papierstäbchenherstellung groß geworden, und jetzt hilft uns natürlich auch die Regulatorik; unter anderem das Verbot der Plastikstäbchen in Europa. Und Sie haben es vielleicht den Nachrichten entnommen: Es gab vor Kurzem eine UNO-Tagung in Uruguay, wo es darum ging, weitere Plastikprodukte zu verbieten. Das wird natürlich das Geschäft weiter ankurbeln. Fest steht: Wir haben mit Setter noch Einiges vor und sind auf dem Weg diese zu unserer zweiten Ankerbeteiligung zu entwickeln.

Mit SVT, einem Hersteller von Schiffsverladekränen, u. a. zum Verladen von Flüssiggas, setzen Sie auf Alternativen zu russischem Gas und damit auf einen weiteren Megatrend.

Das ist richtig. Die SVT bietet Verladetechnik nicht nur für Öl und Chemikalien, sondern auch für alle Gasarten und das ist zurzeit ganz besonders wichtig, denn das Thema LNG (Liquefied Natural Gas) ist gerade aufgrund der Energiediskussion, die aktuell so intensiv geführt wird, in aller Munde. Und unsere SVT ist Weltmarktführer in der LNG-Verladung. Zudem haben wir jetzt von der Bundesregierung einen Förderauftrag erhalten für die Entwicklung eines Wasserstoffverladesystems, was natürlich für die Zukunft wegweisend sein wird.

Ihr Hauptziel ist ja, „echte Weltmarktführer“ zu schaffen. Sind Sie dabei in allen Branchen unterwegs oder haben Sie spezielle Schwerpunkte?

Wir engagieren uns nur in Branchen, in denen wir uns auskennen und fokussieren uns auf Unternehmen mit eigener Produktion. Das hat für uns den Vorteil, dass wir zum einen das Produkt im Herstellungsprozess als solches unter Kontrolle haben und somit dort unmittelbar Effizienzsteigerungen erwirtschaften können wie auch in der Produktentwicklung. Und wenn man jetzt die Produktion nicht dabei hätte, wäre das nur die halbe Miete.

Wo setzen Sie an, um bei Ihren Beteiligungsunternehmen wie geplant eine Effizienz- und Wertsteigerung zu erreichen?

Wir haben unsere Exzellenzprogramme so aufgebaut, dass wir grundsätzlich mit einer Geschäftsmodellanalyse starten. Dabei nehmen wir uns gemeinsam mit dem etablierten Managementteam viel Zeit, den Status quo zu erarbeiten. Dann definieren wir zusammen, wohin wir mit der Tochtergesellschaft wollen und wie und wo wir eine Weltmarktführerposition erreichen können.

Daraus entsteht dann eine Roadmap, wie wir die Unternehmen in diese Weltmarktführerposition entwickeln wollen und das läuft üblicherweise über unsere Exzellenzprogramme, wie z. B. „Operational Excellence“, wo es uns um Effizienz im gesamten Workflow geht. Der zweite Teil, unser Markt- und Produktexzellenzprogramm, hat zum Ziel, Marktanteile zu generieren sowie Produktinnovationen voranzutreiben und darüber eine führende Marktposition zu erreichen.

Herr Rumberg, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!


ZUR PERSON

Ralph Rumberg ist seit 1. Juli 2018 Vorstandsvorsitzender der GESCO AG. Er ist im Vorstand für die strategische und operative Entwicklung aller Industrieunternehmen der Gruppe sowie für den Bereich M&A verantwortlich. Neben umfangreicher operativer Führungserfahrung in der Industrie und der Automobilbranche bringt Rumberg Expertise in den Bereichen M&A, Private Equity, Internationalisierung und Restrukturierung sowie in internationalen Gremien mit.

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Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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