„Als aktiver Investor wollen wir ‚gestalten‘!“

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Neben klassischen Private-Equity-Fonds sind in Deutschland auch rund 15 börsennotierte Beteiligungsgesellschaften als Investoren im Mittelstand aktiv. Eine davon ist die Blue Cap AG aus München (WKN A0JM2M), die überwiegend mehrheitliche Beteiligungen an Unternehmen aus den Branchen Klebstoff- & Beschichtungstechnik, Kunststofftechnik, Produktionstechnik, Medizintechnik und Business Services hält. Die Unternehmeredition sprach mit dem aktuellen CIO und designierten Vorstandsvorsitzenden Tobias Hoffmann-Becking, der am 1. September in seine neue Rolle schlüpft.

Unternehmeredition: Sie beschreiben Ihren Investmentansatz selbst als „Buy, Transform, Sell“. Beschreiben Sie uns kurz Ihren Investmentstil. Für welche Unternehmensphasen und welche Größenklasse von Unternehmen ist Blue Cap der richtige Investor? Wie sieht Ihr „Sweet Spot“ aus?

Tobias Hoffmann-Becking: Wir suchen im Prinzip Mittelständler, die in ihrer Nische erfolgreich sind und zum Beispiel ein Problem mit der Nachfolge, der Management-Kapazität oder der nächsten Wachstumsherausforderung haben. Je nach Branche sind Unternehmen mit 20 bis 100 Mio. EUR Umsatz und 3-6 Mio. EUR EBIT unsere Zielgruppe. Mit ihnen wollen wir dann eine neue Wachstumsstory gestalten.

Sie sprechen von einem „Best Owner“-Approach. Was verstehen Sie genau darunter und wie lange planen Sie in der Regel die Eigentümerschaft?

In jeder Phase eines Unternehmens gibt es den „besten Eigentümer“. Nicht jeder Gründer ist auch für Phasen großen Wachstums, Internationalisierung oder auch andere Herausforderungen der richtige „Owner“. Wir planen Haltedauern wie klassische Private-Equity-Fonds, also fünf bis sieben Jahre, wir können aber auch deutlich darüber hinaus gehen. Unsere Beteiligung Inheco halten wir beispielsweise bereits seit 2006.

Wie unterscheidet sich Ihr Modell des börsennotierten Private-Equity-Hauses (Market Cap aktuell ca. 110 Mio. EUR) von dem des klassischen Private-Equity-Fonds?

Wir sind anders als klassische PE-Fonds nicht an Laufzeiten gebunden. Darüber hinaus haben wir ein eigenes Operations-Team im Haus und einen stärkeren Durchgriff auf unsere Unternehmen als das Management vermögensverwaltender Fonds. Beim Unternehmenserwerb setzen wir zudem auf eine konservative Finanzierung und setzen nicht mehr als 50% Fremdkapital ein. Generell gehört es auch zu unserer Strategie, das Management mit an den Unternehmen zu beteiligen.

Sie halten acht Mehrheitsbeteiligungen und eine Minderheitsbeteiligung. Unter welchen Bedingungen ist die Minderheitsbeteiligung für Sie eine Option?

Wir sind ein aktiver Investor und wollen in jedem Fall nicht „zuschauen“, sondern gestalten. Minderheitsbeteiligungen kommen für uns immer dann in Frage, wenn wir, zum Beispiel zusammen mit einem Gründer, eine klare aktive Rolle spielen können und im Fall des Falles auch die Möglichkeit des „Durchgriffs“ haben. Darüber hinaus ist natürlich ein klares Shareholder-Agreement wichtig im Hinblick auf einen späteren Exit.

Wir leben gerade in einer unruhigen Zeit mit drohenden Energie- und Rohstoffengpässen, geopolitischen Unsicherheiten und Inflationssorgen. Wie geht’s Ihren Beteiligungen? Machen Sie sich Sorgen? Beeinflusst die aktuelle Lage Ihre eigenen Pläne?

Wir haben zum Halbjahr unsere Prognose eines spürbaren profitablen Wachstums für 2022 bestätigt. Unser Portfolio ist unser Portfolio breit gestreut und gut aufgestellt. In den meisten Fällen haben wir auch die wichtige „Preissetzungsfähigkeit“. Natürlich stellen wir uns natürlich auf schwierigere Zeiten ein und sehen Lieferkettenprobleme, Auswirkungen von Inflation und mehr. Deshalb werden wir zunächst „auf Sicht fahren“ und sehen den Erhalt der Handlungsfähigkeit als oberste Priorität.

Sie sind der designierte neue Vorstandsvorsitzende der Blue Cap AG. Wann ist es so weit und was haben Sie sich für Ihre Amtszeit (bis 2027) persönlich vorgenommen?

Ich bin ja schon etwas länger an Board, werde den CEO-Posten bereits kurzfristig zum 1. September übernehmen und freue mich sehr auf die Aufgabe. Wir wollen eine der führenden börsennotierten Beteiligungsgesellschaften für den Mittelstand werden. Mit der aktuellen Besetzung könnten wir bereits ein Portfolio von bis zu zwölf Unternehmen (aktuell neun) managen. Aber auch Wachstum darüber hinaus, geführt von einer nochmals erweiterten Mannschaft, kann ich mir vorstellen. Wir werden auf jeden Fall unserem Unternehmenssegment kleinerer Mittelstand treu bleiben und wollen in den kommenden Jahren das erklärte Ziel eines Net Asset Value von mehr als 200 Mio. EUR erreichen.

Noch eine Frage aus Investorensicht: Sie beziffern den Net Asset Value mit circa 40 EUR je Aktie. Aktuell liegt der Kurs bei circa 25 EUR. Wie erklären Sie sich die Diskrepanz und was tun Sie, damit wir bald den wahren Wert der Blue Cap-Aktie an der Börse sehen…?

Da gibt es in meinen Augen drei Komponenten, die hier wichtig sind. Erstens müsste der „Share Overhang“ in Zusammenhang mit unserem Großaktionär PartnerFonds beseitigt werden, zweitens bedarf es eines größeren Free Floats in unserer Aktie, und drittens sollten Rezessionsängste verschwinden und die Konjunktur wieder anziehen. Dann sollten die Aktienkurse auch wieder steigen.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.


ZUR PERSON

Foto: © Blue Cap AG

Tobias Hoffmann-Becking ist aktueller CIO und designierter CEO der Blue Cap AG.

www.blue-cap.de

Autorenprofil
Markus Rieger

Markus Rieger ist Gründer und Vorstand der GoingPublic Media AG sowie Geschäftsführer der Tochtergesellschaft China Investment Media GmbH.

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