Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist im Mai 2025 leicht zurückgegangen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden 0,7% weniger Insolvenzen registriert als im Vorjahresmonat. Trotz anhaltender Unsicherheiten auf nationalen und internationalen Märkten blieb ein sprunghafter Anstieg der Insolvenzen aus. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden im ersten Quartal 2025 insgesamt 5.891 Insolvenzanträge von Unternehmen gestellt. Dies entspricht einem Anstieg von 13,1% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für Mai 2025 liegen laut vorläufigen Zahlen jedoch leicht rückläufige Werte vor. Die Auswirkungen geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten spiegeln sich damit bisher nicht direkt in der Insolvenzentwicklung wider.
Nach Einschätzung von Dr. Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbands der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID), zeigt sich die Lage derzeit stabil. „Obwohl sich die deutschen Unternehmen teilweise in einem herausfordernden Umfeld mit großen Unsicherheiten an den nationalen und internationalen Märkten bewegen, hat dies derzeit keine Auswirkung auf die Insolvenzen“, so Niering. Besonders betroffen bleibt die Automobilbranche. Nach Angaben des VID steht der Sektor unter erheblichem Anpassungsdruck. Der Strukturwandel zur Elektromobilität trifft vor allem Unternehmen, deren Produkte in einem veränderten Marktumfeld weniger gefragt sind. Hinzu kommen mögliche neue Handelsbarrieren, die zusätzlich zur Verunsicherung beitragen. „Trotz der großen Herausforderungen einer zügigen Transformation gehen wir nicht von einem ungeordneten Niedergang der gesamten Branche aus. Der Markt wird sich weiter anpassen, und auch innovative Lösungen werden den Sektor langfristig stabilisieren“, erklärt Niering.
Positive Signale durch erste Maßnahmen
Einflüsse von Steuerentlastungen und angekündigten Investitionen zeigen sich laut dem VID bereits stabilisierend. Die Bundesregierung will durch ein Infrastrukturpaket in Höhe von 500 Mrd. EUR neue Wachstumsimpulse setzen. In Kombination mit steuerlichen Erleichterungen könnte dies Investitionen fördern und die Nachfrage im europäischen Binnenmarkt stützen. Mit Blick auf die nächsten Monate bleibt der VID vorsichtig optimistisch. „Auf Basis der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der unterstützenden Maßnahmen der Bundesregierung erwarten wir in naher Zukunft keinen dramatischen Anstieg der Insolvenzzahlen. Vielmehr gehen wir davon aus, dass die Insolvenzzahlen weiterhin auf einem moderaten Niveau verbleiben werden“, so Niering.
Situation in Osteuropa angespannt
Trotz eines moderaten wirtschaftlichen Aufschwungs mit einem BIP-Wachstum von 2,6 % im Jahr 2024 hat sich die Insolvenzsituation in Mittel- und Osteuropa laut dem aktuellen Bericht des Kreditversicherers Coface verschärft. Während die Inflationsrate deutlich sank und die Reallöhne stiegen, blieb die Zahl der Unternehmensinsolvenzen hoch. Der Rückgang um 9% auf 45.938 Fälle wird laut Coface vor allem durch gesetzliche Änderungen in Ungarn verzerrt. Ohne diesen Sondereffekt ergibt sich ein Anstieg der Insolvenzen um 3%. Besonders betroffen seien strukturschwache Branchen wie das Verarbeitende Gewerbe, der Transportsektor und das Baugewerbe. Länder wie Polen (+19 %), Slowenien (+32,4 %) und Lettland (+24,6 %) verzeichneten teils starke Anstiege. In Ungarn hingegen ging die Zahl der Insolvenzen um 25,5 % zurück. Coface-Volkswirt Mateusz Dadej sieht in der Entwicklung eine „Spätfolge früherer Krisen“. Für 2025 erwartet Coface eine leichte Entspannung, warnt jedoch vor Risiken durch angespannte Kreditbedingungen und geopolitische Spannungen im Welthandel.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.