Neustrukturierung als Basis für die Nachfolge

Dritte Generation übernimmt bei Traditionsunternehmen Rauch Papier

v.l. Michael Kiener, Rolf Rauch, Sebastian, Marion, Luisa und Elmar Kneer; Foto: Rauch Papier GmbH

Dem in Spaichingen beheimateten Familienunternehmen Rauch GmbH, einem in Europa führenden Vollsortimenter für Spezialpapiere und –folien für Inkjetdigitalddruck, gelang nach einer Neustrukturierung die familieninterne Nachfolge

Sebastian und Luisa Kneer übernehmen als dritte Generation Verantwortung und folgen ihren Eltern Marion und Elmar Kneer, die während einer Übergangszeit weiter im Familienunternehmen tätig bleiben. Damit ist die Zukunft des Traditionsunternehmens mit seinen 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachhaltig gesichert. Bis es soweit war und das Ehepaar Kneer die Firma guten Gewissens in jüngere Hände legen konnte, mussten allerdings einige wirtschaftliche Voraussetzungen optimiert werden. Das Konzept von Steuerberater Michael Kiener (Rottweil), zugleich zertifizierter Fachberater für Unternehmensnachfolge, überzeugte schließlich eine neue Hausbank zum Engagement. Solide finanziert befindet sich das Unternehmen nun seit zwei Jahren trotz Corona wieder auf profitablem Wachstumskurs. „Jetzt ist es die richtige Zeit, den Generationenwechsel zu vollziehen“ sind sich Marion und Elmar Kneer sicher.

Die Rauch GmbH wurde 1986 von Helga und Rolf Rauch als Handelsfirma in Spaichingen gegründet. Das Programm in der Anfangszeit umfasste den Großhandel mit speziellen Zeichen- und Plotterpapieren sowie Lichtpaus- und Großkopierpapiere für das technische Büro. Tochter Marion und Schwiegersohn Elmar Kneer wechselten nach ihrem Studium und den ersten Berufsjahren als zweite Generation in die Firma und erweiterten das Sortiment entlang des technologischen Fortschritts.

Heute zählt das Unternehmen auch als Entwicklungspartner der internationalen Papierindustrie und Folienhersteller zu den führenden Unternehmen Europas im Segment Inkjetdigitaldruck. Mit eigener Produktionskapazität zur Konfektionierung von bis zu jährlich 5.000 Tonnen Spezialpapieren nimmt das Unternehmen eine Alleinstellung am Markt ein. Zu den Kunden gehören neben Industrie und Werbetechnik auch Groß- und Fachhändler, Galerien, Museen sowie Druckdienstleister aus den Bereichen Kunst, Fotografie, Präsentation und CAD-Konstruktion.

Konzept zur Unternehmensstruktur Basis des Übergangs

Der Einstieg der Kinder wurde gewissenhaft durch die Erstellung eines Unternehmensstrukturkonzeptes durch Kiener vorbereitet. „Ziel war es, das Unternehmen finanziell so aufzustellen, dass die Abhängigkeit von der seitherigen Hausbank minimiert wird“ erläutert Kiener. Mit der seitherigen Hausbank sei keine zielführende Kommunikation mehr möglich gewesen, bedauert Kiener, weswegen er zur Umsetzung des Konzeptes den Bankwechsel koordinierte. „Zentrales Ziel war die Optimierung der Unternehmensstrukturen und die Liquiditätsgewinnung, um operatives Wachstum zu generieren“ berichtet der Nachfolgeexperte. Zunächst gelang es, durch eine Fülle an kleinen Maßnahmen das Rating zu verbessern. Nach einer Analyse der Gesamtsituation aus Privatvermögen, Unternehmensvermögen und gewährten persönlichen Haftungsübernahmen erarbeitete Kiener die neue Struktur: Die im Privatvermögen befindlichen Immobilien, die von der Gesellschaft genutzt werden, wurden in eine neu gegründete Vermögensverwaltungsgesellschaft (VVG) überführt.

Verkauf von Immobilien sorgt für notwendige Liquidität

„Mit der durch den Verkauf der Immobilien freigewordenen Liquidität konnten die Eigentümer der Gebäude der operativen GmbH frische Liquidität zur Verfügung stellen, die wie Eigenkapital wirkt.“ Ein eleganter Nebeneffekt ist die Steuerersparnis bei der laufenden Vermietung, da einerseits Abschreibungspotential gehoben wurde und die VVG eine Steuerbelastung von nur 16% aufweist. Auf der privaten Ebene konnte die Steuerbelastung deutlich gesenkt werden, da keine Mieteinnahmen mehr zu versteuern sind. Die vorgelegte integrierte Unternehmensplanung der Rauch GmbH und der VVG haben die neu gewonnene Hausbank überzeugt. „Die Kommunikation zwischen neuer Bank, uns und Steuerberater war in diesem Fall ein echter Glücksfall“ befindet die Familie Kneer.


Sind vom Geschäftsmodell überzeugt“

Im Interview: Warum sich Luisa und Sebastian Kneer für den elterlichen Familienbetrieb entschieden haben

Unternehmeredition: Sie übernehmen als dritte Generation Verantwortung im elterlichen Betrieb. Welche Gründe bewegen Sie?

Sebastian und Luisa Kneer

Luisa und Sebastian Kneer: Wir sind vom Geschäftsmodell des Unternehmens überzeugt und sehen gesunde Wachstumsperspektiven. Wir sind als Teil des Familienunternehmens aufgewachsen, haben viele Entscheidungen und Ereignisse durch unsere Eltern und Großeltern mitbekommen und auch selbst miterlebt. Dieses Zusammenspiel ist das, wodurch wir über die Jahre eine enge Verbindung zu unserem Unternehmen aufbauen konnten. Wir haben uns nun, auch durch die Verantwortung gegenüber den teilweise seit Jahrzenten bei uns beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, entschlossen, aktiv in das Unternehmen einzusteigen. Weitere Motivation ist es, eigene Ideen und Entwicklungen kreativ und effizient gemeinsam mit den unterschiedlichen Abteilungen im Unternehmen umzusetzen, sodass sich nicht nur wir, sondern auch alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterentwickeln können.

Wie verlief der Entscheidungsprozess, hatten Sie auch Alternativen in anderen Unternehmen in Betracht gezogen?

Wir hatten das Glück, dass unsere Eltern und Großeltern zu jeder Zeit alle Möglichkeiten offen gelassen haben, welchen Berufsweg wir einschlagen, ob innerhalb des Familienunternehmens oder in einem anderen Unternehmen. Die Devise lautete stets: Unser Beruf soll zu uns passen und wir müssen uns wohl fühlen. Unsere Familie hat nie Druck auf uns ausgewirkt oder verlangt, dass wir in die Firma einsteigen. Das hat auf jeden Fall dazu beigetragen, dass wir diese Entscheidung aus uns selbst heraus und deshalb mit größter Sicherheit treffen konnten.

Was behalten sie bei, was werden Sie ändern? Und wie gehen Sie bei diesen Zukunftsentscheidungen vor?

Was auf jeden Fall beibehalten wird, sind die Leitmotive des Unternehmens. Die enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit sowohl mit Kunden, Mitarbeitenden als auch Lieferanten sind das Herzstück der Firma. Gerade in Zeiten der Covidpandemie oder des erschreckenden Kriegs in der Ukraine wird einem bewusst, dass durch die Kommunikation und Zusammenarbeit auf Augenhöhe ein freundschaftliches Miteinander viel wichtiger ist, als im Einkauf auf den letzten Cent zu schauen. Einer unserer wichtigsten Punkte auf der To-do-Liste beinhaltet den Aufbau unserer eigenen Photo- und FineArt-Marke mediaJET.


Kurzprofil Rauch Papier GmbH

Gründungsjahr: 1986

Branche: Druck

Unternehmenssitz: Spaichingen

Umsatz: ca. 6 Mio. EUR

Mitarbeiterzahl: 40

 

Dieser Beitrag erscheint in der Unternehmeredition 2/2022.

Autorenprofil
Stefan Preuss

Stefan Preuss ist Mitglied der GoingPublic Redaktion.

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