Kathrein-Gruppe wird saniert

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland sank im November 2024 leicht, bleibt aber deutlich über dem Vorjahresniveau. Prognose: Anstieg 2025.
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Die Kathrein-Gruppe aus Rosenheim durchläuft aktuell eine umfassende Sanierung. Infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten haben drei Gesellschaften der Gruppe in den vergangenen Wochen beim Amtsgericht Rosenheim einen Antrag auf ein vorläufiges Insolvenzverfahren gestellt. Betroffen sind die Kathrein SE, die Kathrein Electronics GmbH sowie die Kathrein Digital Systems GmbH. Ziel ist die Restrukturierung der Unternehmensgruppe sowie der langfristige Erhalt der Traditionsmarke. Das Amtsgericht hat jeweils Rechtsanwalt Michael Verken von der Kanzlei Anchor zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Gemeinsam mit den Geschäftsleitungen wurden die betroffenen Einheiten kurzfristig stabilisiert. Nach Angaben des Insolvenzverwalters läuft der Geschäftsbetrieb derzeit uneingeschränkt weiter. Ein strukturierter Investorenprozess wird in Kürze beginnen. Erste Interessensbekundungen liegen laut Verken bereits vor.

Investorenlösung für Kathrein Broadcast

Bereits im März dieses Jahres hatte die Kathrein Broadcast GmbH ein Insolvenzverfahren beantragt. Das Verfahren wurde am 1. Juni eröffnet. Nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters konnte mit dem Einstieg von Lenbach Capital ein Investor gefunden werden. Das Münchener Beteiligungsunternehmen übernimmt sämtliche Anteile an der Kathrein Broadcast GmbH. Geführt wird das Investorenkonsortium von Dr. Hans Liebler, Gründer von Lenbach Capital. Damit ist laut Verwalter die Grundlage geschaffen, um den Geschäftsbetrieb langfristig zu sichern und das laufende Verfahren erfolgreich abzuschließen. Die Kathrein Broadcast GmbH wird mit Vollzug der Transaktion nicht mehr Teil der Kathrein-Gruppe sein. Ursprünglich bildete sie gemeinsam mit der Kathrein Electronics GmbH, der Kathrein Digital Systems GmbH, der Kathrein Solutions GmbH sowie der Kathrein Sachsen GmbH die Unternehmensgruppe.

Traditionsmarke mit breitem Portfolio

Die Kathrein-Gruppe bietet Produkte und Dienstleistungen in verschiedenen technologischen Bereichen an. Dazu gehören Hochfrequenz- und Rundfunktechnik, Netzwerktechnik, digitale Empfangssysteme, AutoID-Anwendungen, eMobility-Lösungen sowie Produkte für die Gebäudeinstallation. Entwicklung, Fertigung, Vertrieb und Service erfolgen laut Unternehmensangaben überwiegend in Deutschland. Ergänzt wird das operative Geschäft durch internationale Tochtergesellschaften. Die Marke Kathrein blickt auf eine über 100-jährige Geschichte zurück und gilt als technologische Traditionsmarke in der deutschen Industrie. Innerhalb der Gruppe sollen Synergien zwischen den Gesellschaften genutzt und Prozesse effizient gestaltet werden.

Wirtschaftliche Ursachen für Krise

Nach Angaben des Unternehmens ist die wirtschaftliche Krise auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Die weltweiten Multikrisen, insbesondere die internationalen Unsicherheiten infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, hätten im vergangenen Jahr zu erheblichen Umsatzeinbrüchen geführt. Ein wesentlicher Grund für die aktuelle Lage sei jedoch die fortdauernde Restrukturierung früherer Gesellschaften, deren komplexe Aufgabenstellungen nicht in der notwendigen Geschwindigkeit bewältigt werden konnten. Derzeit sind über 100 Beschäftigte an den süddeutschen Standorten von der Insolvenz betroffen. Die Gehaltszahlungen werden nach Angaben der Beteiligten durch das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit abgesichert.

Fortführung des Geschäftsbetriebs

Michael Verken
Michael Verken

Der vorläufige Insolvenzverwalter Michael Verken betont, dass in den vergangenen Tagen zahlreiche Gespräche mit Führungskräften, Beschäftigten, Kunden und Partnern geführt wurden. Ziel sei gewesen, den operativen Betrieb aufrechtzuerhalten. „Uns ist es gemeinsam gelungen, die Abläufe zu stabilisieren und für eine ununterbrochene Versorgung und Betreuung unserer Kunden zu sorgen. Nun geht es für uns darum, eine langfristige tragfähige Lösung für die Kathrein-Gruppe zu finden und die bekannte Traditionsmarke zu erhalten“, so Verken. Erste Gespräche mit potenziellen Investoren laufen bereits.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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