Insolvenzen nehmen weiter zu

Insolvenz
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Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Oktober 2023 um 22,4% gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Seit Juni 2023 seien durchgängig zweistellige Zuwachsraten im Vorjahresvergleich zu beobachten. Die Forderungen der Gläubiger aus den im August 2023 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf rund 1,8 Mrd. EUR. Im Vorjahr hatten die Forderungen bei rund 0,8 Mrd. EUR gelegen.

“Zahlungsverpflichtungen gegenüber Finanzämtern und Krankenkassen bringen zum Quartalsende gerade kleinere Unternehmen in wirtschaftliche Bedrängnis. Bei einer Maximalfrist für den Insolvenzantrag von drei Wochen fallen die so ausgelösten Anträge in den Oktober“, so Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). Auch wenn die Insolvenzzahlen im Vergleich zu den Vorjahreszahlen deutlich gestiegen seien, werde es zukünftig nicht zu der viel befürchteten Insolvenzwelle kommen. „Durch eine Reihe prominenter Insolvenzfälle ist das Gefühl einer Insolvenzwelle entstanden. Anhand konkreter Zahlen lässt sich dies nicht belegen. Im Gegenteil, noch immer liegen die Unternehmensinsolvenzen weit unter dem Spitzenwert des Jahres 2009“, so Niering weiter.

Bau- und Immobilienwirtschaft im Tief

Die Bauwirtschaft befindet sich aktuell in einem Tief: Die hohen Zinsen und massiv gestiegenen Materialkosten führen zu Baustopps, Stornierungen sowie zuletzt auch zu Zahlungsverzügen und Insolvenzen. Schon im vergangenen Jahr hätten die Pleiten im deutschen Bau- und Immobiliengewerbe um 8% zugenommen. Im bisherigen Jahresverlauf bis einschließlich August 2023 liege diese Zunahme bereits bei 20 %. Die beiden Branchen würden damit mehr als ein Fünftel aller Insolvenzen in Deutschland ausmachen. Zu diesem Ergebnis kommt der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade in seiner jüngsten Studie zum Bausektor. „Viele Bauprojekte liegen mit höheren Zinsen und Materialkosten auf Eis – mit sichtbaren Folgen für Projektentwickler, Bauunternehmen und vor allem den Wohnungsmarkt“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „2023 fehlen schätzungsweise 700.000 Wohnungen. Bezahlbarer Wohnraum ist schon seit Jahren knapp, die aktuelle Situation dürfte dies noch weiter verschärfen.“

Insbesondere die Inflation habe den Druck auf den Wohnungsbestand erhöht. Die Mieten seien in diesem Jahr in ganz Deutschland in Rekordhöhe gestiegen – bei gleichzeitigen Reallohnverlusten. Gleichzeitig hätten Inflation und steigende Zinsen die Neubauvorhaben jäh ausgebremst, weil der Wohnungsbau dadurch noch teurer geworden ist. Die Folge: Fast ein Drittel weniger Baugenehmigungen für Wohnungen im August 2023 im Vergleich zum Vorjahr. „Die Auftragslage trifft viele Projektentwickler und Bauunternehmer hart, da sie seit Monaten praktisch keine neuen Aufträge haben“, sagt Bogaerts. „Gerade die vielen mittelständischen Unternehmen sind als Subunternehmer oft in einer Art Sandwichposition mit geringer Preissetzungsmacht gegenüber großen Auftraggebern. Das macht sie besonders anfällig bei einer Verschlechterung der Auftragslage und der Konjunktur.“

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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