Insolvenzen: Bau, Handel und Dienstleistungen betroffen

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Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland steigt weiter und steuert 2025 auf ein neues 10-Jahres-Hoch zu. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2024 insgesamt 21.812 Unternehmensinsolvenzen registriert, ein Anstieg um 22 % gegenüber dem Vorjahr. Für das laufende Jahr rechnen Experten mit bis zu 24.000 Verfahren. Bereits im Juli 2025 erreichte die Zahl der monatlichen Insolvenzen mit fast 2.200 einen Höchststand – der höchste Wert seit Oktober 2013. Besonders häufig betroffen sind laut Bundesamt Unternehmen aus dem Baugewerbe sowie aus dem Kfz-Handel und -Werkstattbereich. Ebenfalls hoch ist die Zahl der Insolvenzen im Dienstleistungssektor – insbesondere in den technischen und wissenschaftlichen Dienstleistungen – sowie im Gastgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe.

Forderungen steigen stark

Während sich die absolute Zahl der Insolvenzen seit dem Ende der Coronahilfen deutlich erhöht hat, hat sich auch die wirtschaftliche Bedeutung der Verfahren verschärft. So beliefen sich die voraussichtlichen Forderungen aus Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2024 auf rund 58 Mrd. EUR – mehr als doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Einen ähnlich hohen Wert verzeichnete das Bundesamt zuletzt im Jahr der globalen Finanzkrise 2009. Auch die Zahl der betroffenen Beschäftigten stieg 2024 wieder an: Rund 185.000 Arbeitnehmer waren von laufenden Insolvenzverfahren betroffen, ein Niveau nahe dem pandemiebedingten Höchststand von 2020.

Neue Branchen betroffen

Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ist auffällig, dass nicht nur die bekannten Krisenbranchen, sondern zunehmend auch andere Wirtschaftsbereiche von einer steigenden Zahl an Pleiten betroffen sind. Besonders stark zugenommen haben laut Bundesamt die Insolvenzen im Wohnungs- und Grundstückswesen sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Auch im Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sowie in der Informations- und Kommunikationsbranche zeigen sich wachsende Schwierigkeiten. Als Ursachen werden neben allgemeinen konjunkturellen Unsicherheiten vor allem die gestiegenen Zinsen und veränderte Finanzierungsbedingungen genannt.

Baugewerbe leidet stark

Vor allem das Baugewerbe und die Wohnungswirtschaft leiden unter dem abrupten Zinsanstieg und der restriktiveren Kreditvergabe durch Banken. Gleichzeitig macht sich im Gesundheits- und Sozialwesen der akute Fachkräftemangel bemerkbar, der die wirtschaftliche Tragfähigkeit vieler Einrichtungen in Frage stellt. Auch Versicherer und Finanzdienstleister stehen unter Druck – unter anderem durch den fortschreitenden Klimawandel und die notwendigen Anpassungsmaßnahmen. Branchenübergreifend sind laut dem Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands auch strategische Fehlentscheidungen, ungeklärte Nachfolgeregelungen und unflexible Geschäftsmodelle häufige Auslöser für Unternehmenspleiten. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer verweist zudem auf hohe Belastungen in den Bereichen Energie, Personal und Steuern. Aus Sicht des Instituts der Deutschen Wirtschaft kommt eine Vielzahl an strukturellen Herausforderungen hinzu: geopolitische Spannungen, eine zunehmende Blockbildung auf globaler Ebene sowie eine schwache Exportnachfrage würden die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland weiter untergraben.

Große Unternehmen scheitern häufiger

Dass zunehmend auch größere Unternehmen betroffen sind, zeigt ein Blick auf die Unternehmensgrößenklassen: Laut Bundesamt meldeten 2024 insgesamt 259 Firmen mit mehr als 100 Beschäftigten Insolvenz an – ein deutlicher Anstieg gegenüber 231 im Jahr 2023 und 212 im Jahr 2019. Damit nimmt nicht nur die Anzahl, sondern auch die wirtschaftliche Relevanz der Unternehmensinsolvenzen weiter zu.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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