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Immer mehr Familienunternehmen setzen auf Beiräte

Beiräte gehören mittlerweile zum Standard guter Führung von Familienunternehmen und des Mittelstands. Die Qualität und Stringen lässt aber zu wünschen übrig.

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Beiräte gehören mittlerweile zum Standard guter Führung von Familienunternehmen und des Mittelstands. Die Qualität und Stringenz, mit der Beiräte eingerichtet werden, lässt aber zu wünschen übrig: Die Mitglieder des Gremiums sind im Schnitt zu alt, falsch ausgewählt und lassen Kompetenzen in Zukunftsthemen vermissen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung im Auftrag der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und der Intes Akademie für Familienunternehmen unter 250 Familienunternehmen im deutschsprachigen Raum.

Der Anteil der Familienunternehmen, die auf ein externes Beratungs- oder Kontrollgremium – also einen Bei-, Aufsichts- oder Verwaltungsrat – vertrauen, ist seit 2013 von 39 deutlich auf 83 Prozent gestiegen; obwohl die meisten Unternehmen gesetzlich nicht zur Einrichtung eines solchen Gremiums verpflichtet sind. Fünf von sechs Familienunternehmen vertrauen damit auf einen Beirat. „Dass immer mehr Familienunternehmen auf Beiräte setzen, ist eine gute Entwicklung, denn das Gremium kann als Impulsgeber oder Aufsichtsgremium eine wichtige Rolle einnehmen. Aber dafür muss es mit den richtigen Kompetenzen besetzt sein“, sagte Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand sowie Geschäftsführungsmitglied bei PwC Deutschland. „Unsere Studie zeigt jedoch: Viele Familienunternehmen betreiben die Beiratsarbeit noch nicht mit der gebotenen Konsequenz und lassen die Chancen, die ein Beirat bietet, zumindest teilweise ungenutzt. Das ist verschenktes Potenzial. Mein Plädoyer lautet: Wenn schon Beirat, dann richtig.“

Beiräte stammen immer häufiger aus der Familie

Ein weiteres Ergebnis: Die Mitwirkung von Familienmitgliedern in den Beiratsgremien nimmt zu. Vier von fünf Familienunternehmen (81 Prozent) besetzen ihre Beiräte unter anderem mit Gesellschaftern und Mitgliedern der Familie (2013: 67 Prozent). „Dies zeigt ein zunehmendes Verantwortungsbewusstsein der Gesellschafter für ihr Familienunternehmen“, sagt Gerold Rieder, Geschäftsführer der Intes Akademie für Familienunternehmen.

Allerdings – hier sind sich die Experten einig – sollte dabei eine Grundregel berücksichtigt werden: „Wenn in der Geschäftsführung die Eigentümerfamilie noch dominant ist, sollte unter dem Gesichtspunkt der externen Kontrolle der Vorsitzende des Beirats eine unabhängige Person sein“, betont Dr. Klaus Weigel, geschäftsführender Gesellschafter der Board Xperts GmbH und einer der führenden Experten auf diesem Gebiet.

Rund die Hälfte der befragten Unternehmen folgt der Studie zufolge diesem ungeschriebenen Gesetz. In jedem dritten Unternehmen hat die Familie jedoch den Vorsitz über beide Gremien – eine nur dem Unternehmen verpflichtete Seite fehlt dann. Und in jeder fünften Firma liegen beide Führungspositionen in externer Hand – das Unternehmen wird in dieser Konstellation also komplett fremdgesteuert.

Fachliche Qualifikation wird mit zweierlei Maß gemessen

Auch bei der Auswahl der Beiräte zeigt sich, dass familiäre Bande teilweise stärker gewichtet werden als professionelle Standards: Wird ein externes Mitglied für den Beirat gesucht, steht die fachliche Qualifikation an oberster Stelle – das sagen 92 Prozent der Befragten. Bei der Auswahl von Beiräten aus dem Kreis der Familie sind die Unternehmen dagegen bereit, fachliche Abstriche in Kauf zu nehmen: Nur 66 Prozent der Befragten geben an, dass die fachliche Kompetenz oberste Priorität hat. „Offenbar greift hier die ‚Familienlogik‘. Die Mitgliedschaft in der Familie darf jedoch keinesfalls zulasten der Qualifikation gehen. Denn nur ein kompetenter Beirat kann zu einem erfolgreichen Unternehmen beitragen. Und Erfolg ist ein wichtiges Fundament für den Familienfrieden“, kommentiert Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand sowie Geschäftsführungsmitglied bei PwC Deutschland.

Know-how für Zukunftsthemen fehlt

Hohe fachliche Expertise ist auch deshalb unabdingbar, weil die Aufgaben des Beirats deutlich vielfältiger, umfangreicher und komplexer geworden sind: Neben der Beratung der Geschäftsführung in strategischen Fragestellungen (91 Prozent) kontrolliert der Beirat häufig auch die Geschäftsführung (81 Prozent) und genehmigt wichtige Investitionsentscheidungen (79 Prozent). Um ihren Job kompetent ausführen zu können, benötigen die Beiräte also profundes strategisches und kaufmännisches Know-how. Über diese Kompetenzen verfügen sie in der Regel: 93 Prozent bringen kaufmännische Expertise und Fachwissen zu Finanzthemen ein. Weit weniger vertreten ist allerdings Know-how im Bereich der Digitalisierung: Nur jeder vierte Beirat (27 Prozent) fühlt sich hier fachlich gut gerüstet. „Wer die Zukunft von Unternehmen erfolgreich mitgestalten will – und das gehört zu den Aufgaben eines Beirats – muss sich mit den Chancen und Risiken der Digitalisierung auskennen: von ihren Auswirkungen auf Produkte und Prozesse über eine intelligente Datennutzung mit KI bis hin zur Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle“, so die Einschätzung von Gerold Rieder. „Mitglieder brauchen unterschiedliche Fähigkeiten, die sich ergänzen, am Puls der Zeit sind und vielleicht auch einmal eine Lücke im Know-how der Geschäftsführung schließen“, so Rieder.

Nur 15 Prozent haben Vertreter der NextGen im Beirat

Für den Puls der Zeit könnte eigentlich die junge Generation sorgen. Allerdings sucht man Beiräte unter 35 Jahren in den meisten Familienunternehmen vergeblich: Nur 15 Prozent setzen auf einen Vertreter der NextGen im Beirat. Das schlägt sich auch in der Altersstruktur nieder: Die jüngsten Beiratsmitglieder sind im Schnitt 46 Jahre alt, die ältesten 68. Und sie bleiben durchschnittlich zehn Jahre im Amt. „Das Gremium muss jünger, digitaler und weniger traditionell werden, wenn es darum geht, Kompetenzen für neue Entwicklungen und veränderte Anforderungen des Marktes zu ergänzen“, so das Fazit von Uwe Rittmann.

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