„Ich wollte nicht weiter die Rendite maximieren“

Einst gründete er die Private-Equity-Gesellschaft Delta Equity Consult, später entschied er sich zur Gründung einer Stiftung: Im Interview erzählt Dr. Bernard Eßmann von seinem Wandel vom Unternehmer zum Philantropen.

Die Stiftung: Sie haben bereits mit Ende 30 den Entschluss gefasst, Ihre Anteile an einer gut gehenden Firma zu verkaufen und sich künftig in einem ganz anderen Feld zu engagieren. Wie kam es zu diesem Sinneswandel?

Dr. Bernard Eßmann: Ich bin jemand, der sich gerne Ziele setzt. Nachdem es mir gelungen war, mit einem Partner ein erfolgreiches Private-Equity-Unternehmen aufzubauen, wollte ich nicht weiter ausschließlich die Rendite von Investoren maximieren, sondern suchte nach einem neuen Ziel. Geld verdienen macht als junger Mensch natürlich Spaß, speziell wenn Sie aus einem Unternehmerhaushalt kommen, eine Banklehre gemacht haben und promovierter Betriebswirt sind. Aber weil mir dies gelungen und meine Familie versorgt war, wollte ich etwas ganz anderes machen. Deshalb habe ich eine neue Herausforderung gesucht, wo ich meine Kompetenzen einbringen konnte.

Was haben Sie gefunden?

Motiviert durch Stifterpersönlichkeiten, die wir über das Münchner Stiftungszentrum kennengelernt haben, trafen meine Frau und ich die Entscheidung, eine eigene Stiftung mit einem Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Unternehmens zu gründen. Einige Jahre lang haben wir dann nach einem geeigneten Projekt gesucht. Wir fanden dieses durch den Kontakt zu einem südafrikanischen Pfarrer. Dieser hat uns eine damals noch junge und kleine christliche Hilfsorganisation namens „Hands at Work in Africa“ empfohlen. Sie versucht, in den ärmsten Gegenden Afrikas gemeinsam mit den örtlichen Kirchen eine Grundversorgung der Waisenkinder zu gewährleisten. Hierzu zählen insbesondere regelmäßige Hausbesuche, Ernährung und Schulbesuch. 2008 und 2009 habe ich insgesamt ein Jahr mit meiner Familie im südlichen Afrika gelebt und mich dort von der Arbeit überzeugt. Meinen Plan, die Organisation nur mit eigenem Vermögen zu fördern, habe ich schnell aufgegeben. Zahlreiche Geschäftspartner und Kollegen haben meinen Entschluss unterstützt und spendeten unserer Stiftung Geld. Somit arbeite ich heute in der Stiftung wie früher in meiner Firma mit dem Vertrauen von Geldgebern.

Wie haben Ihr Mitgesellschafter und Ihre Mitarbeiter diesen Schritt aufgenommen?

Ich habe ja nicht einfach einen Hebel umgestellt, sondern diese Entscheidung über zwei Jahre gut vorbereitet und neue Partner aufgebaut. Deshalb konnten sich alle darauf einstellen. Meinen Mitgesellschafter habe ich mehrere Male mit nach Afrika genommen, weshalb er für meine Motivation volles Verständnis hat. Heute ist er einer der größten Spender der Stiftung. Unsere ehemalige Geschäftsführungsassistentin arbeitet heute halbtags bei Peppercorn mit und pflegt den Kontakt zu früheren Investoren. Da ein Finanzinvestor üblicherweise ein kleines Team hat und wir uns gegenseitig alle gut kannten, haben auch die anderen Mitarbeiter meine Beweggründe nachvollziehen können.

Und wie hat Ihre Familie darauf reagiert?

Die Gründung und der Aufbau der Stiftung war von Anfang an ein gemeinsames Projekt. Meine Frau Julia und meine drei Kinder haben 2008/2009 mit mir in Afrika gelebt und vor Ort alles kennen gelernt. Da musste ich keine große Überzeugungsarbeit leisten. Auch meine Eltern und Geschwister haben uns besucht und waren von der Projektarbeit begeistert. Meine Mutter betreibt z.B. heute Fundraising für Peppercorn in ihrem Tennis-Club in Düsseldorf.

Wie sieht nun Ihr neues Leben aus?

Anders als viele Menschen vermuten arbeite ich nicht weniger als vorher. Ich komme jeden Tag ins Büro, da ich gemeinsam mit meiner Frau nicht nur Vorstand der Peppercorn Stiftung bin, sondern auch ein Mandat im Aufsichtsrat von „Hands at Work in Africa“ habe. Außerdem gibt es natürlich auch den anderen Teil des Verkaufserlöses, mit dem ich den Lebensunterhalt meiner Familie finanziere. Hier muss ich mich um die Geldanlage kümmern.
Meine Frau und ich spielten mit dem Gedanken, ganz nach Afrika zu gehen. Von der gesamten Stiftungsarbeit macht uns das humanitäre Engagement einfach am meisten Spaß. Fundraising und Reporting, das habe ich früher schon in anderer Form gemacht. Allerdings gelingt es mir hier, mit vergleichsweise geringem Aufwand immerhin ca. 150.000 EUR an Spenden für Afrika zu organisieren, wo solche Geldsummen eine immense Wirkung entfalten. Das könnte ich nicht, wären wir immer dort.

Was können Sie noch aus Ihrem alten Leben in die Stiftungsarbeit einbringen?

Schon als ich mir 2008/2009 die Projektarbeit ansah, begleitete mich die typische Grundskepsis eines Unternehmers. Ich wollte alles sehr genau wissen: Brauchen die Kinder dort wirklich Hilfe? Benötigen sie gerade unsere Hilfe oder leisten andere Organisationen schon ausreichend Arbeit? Bekommen die Leute genau das, was sie am Nötigsten brauchen? Als Private-Equity-Investor ist man eben nicht gewohnt, zu vertrauen. Eßmann bei einem Projektbesuch in Kamakonde (Sambia). Dem Stifter ist es wichtig, sich regelmäßig vor Ort von der Arbeit der Partnerorganisation zu überzeugen.
Wenn ich heute Spenden sammele, ist mir genau wie damals bewusst, dass ich das Geld anderer Leute in der Hand habe und dies entsprechend gewissenhaft verwalten muss. Daher bin ich in der Pflicht, mich regelmäßig an Ort und Stelle von der Projektarbeit zu überzeugen.
Daneben hat „Hands at Work in Africa“ viele Ärzte, Theologen und Menschen aus sozialen Berufen als Mitarbeiter und Förderer, aber keine Unternehmer, die beraten können, wie man mit dem Wachstum einer NPO umgeht. Hier konnte ich mich gut einbringen und beispielsweise mein altes Netzwerk aktivieren, um einige Großspender zu gewinnen.

Inwiefern versuchen Sie, auch Ihre Kinder an bürgerschaftliches Engagement heranzuführen?

Da sie ein Jahr mit uns in Afrika gelebt haben und dort zur Schule gegangen sind, kennen sie alle unsere Ansprechpartner aus der Organisation. Hin und wieder unterstützen meine Kinder die Stiftungsarbeit durchaus, indem sie z.B. einen Film für die Website schneiden oder den Stand betreuen, wenn wir uns auf einer Veranstaltung präsentieren. Meine Frau und ich üben aber keinen Druck auf sie aus, sondern versuchen, einfach ein gutes Beispiel vorzuleben.

Wie viele andere Unternehmer haben sich bereits vertrauensvoll an Sie gewandt, weil sie einen ähnlichen Schritt ins Auge fassen?

Ich hatte etwa drei oder vier Gespräche mit Unternehmern, die sich genau erkundigt haben, wie es mir jetzt geht, weil sie selbst auch mit einem solchen Gedanken spielen. Viele andere bieten uns ihre Hilfe an. Ich arbeite daran, dass auch diese Menschen zu Stiftern werden. Mein Ziel ist, dass die Großspender unserer Organisation selbst eine Stiftung gründen und auf diese Weise ohne Umweg direkt „Hands at Work in Africa“ fördern.

Dafür wünschen wir Ihnen viel Erfolg. Herr Dr. Eßmann, vielen Dank für dieses Gespräch.

Das Interview führte Gregor Jungheim.

Zur Person:
Dr. Bernard Eßmann war 1995 Mitgründer des Private-Equity-Unternehmens Delta Equity Consult und bis 2008 dessen geschäftsführender Gesellschafter. 2003 gründete er mit seiner Ehefrau Julia die Peppercorn Stiftung, die beide seitdem gemeinsam als Vorstand leiten.

Die Peppercorn Stiftung
Die Organisation wurde im Spätsommer 2003 von Dr. Bernard und Julia Eßmann unter dem Namen „Känguruh Stiftung“ gegründet und zunächst mit 50.000 EUR ausgestattet. Sie ist eine nicht rechtsfähige Stiftung unter dem Dach des Stiftungstreuhände
rs „Kinderfonds“ und hat ihren Sitz in München. Die Organisation förderte in den ersten Jahren einzelne gemeinnützige Projekte mit kleineren Summen. Nach seiner Rückkehr aus Afrika im Sommer 2009 stattete Eßmann sie mit einem Teil des Erlöses aus dem Verkauf seiner 50%-Beteiligung an Delta Equity Consult aus. Weiter konzentrierte er die Förderung auf Projekte von „Hands at Work in Africa“ und begann, sich in weitaus größerem Umfang für die Organisation zu engagieren. Die Peppercorn Stiftung hat heute ein Grundstockvermögen von 350.000 EUR und schüttet aktuell jährlich etwa 150.000 EUR aus. Dieses Geld stammt größtenteils aus Spenden, darunter auch namhafte Beträge der Stifter selbst.
www.peppercorn-stiftung.de

 

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Sonderausgabe “Familienunternehmen & Stiftung” des Magazins Die Stiftung, einer Schwesterpublikation der Unternehmeredition.

Autorenprofil
Vorheriger ArtikelDentons stellt sich auf
Nächster ArtikelDaldrup & Söhne – In ungeahnte Tiefen