Gründungstätigkeit in Deutschland bleibt schwach

Foto: © ntinai_AdobeStock
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Die Gründungstätigkeit in Deutschland hat sich im Jahr 2024 trotz wirtschaftlicher Unsicherheit leicht positiv entwickelt. Laut KfW-Gründungsmonitor stieg die Zahl der Existenzgründungen um 3 % auf 585.000. Dabei war der Anstieg ausschließlich auf mehr Nebenerwerbsgründungen zurückzuführen, während die Zahl der Gründungen im Vollerwerb leicht zurückging. Besonders für den deutschen Mittelstand hat diese Entwicklung weitreichende Folgen.

Gründungen seien laut den Autoren der Studie für die Erneuerung und Stabilisierung des Mittelstands von zentraler Bedeutung. Ein Rückgang von Übernahmegründungen gefährde die Zukunft vieler kleiner und mittlerer Unternehmen. Zwar legten diese Gründungsformen 2024 leicht zu, machen mit 17 % jedoch weiterhin einen zu geringen Anteil aus, um den steigenden Nachfolgebedarf im demografischen Wandel auszugleichen. Laut KfW-Research droht ohne ausreichenden Nachwuchs eine Zunahme von Betriebsschließungen – mit negativen Folgen für regionale Wertschöpfung und Beschäftigung.

Dienstleistungssektor dominiert Gründungsgeschehen

Die Branchenstruktur der Gründungen spiegelt die Struktur des Mittelstands wider: 70 % der neuen Unternehmen entstehen im Dienstleistungsbereich. Persönliche Dienstleistungen wie Physiotherapiepraxen oder Kosmetiksalons richten sich vor allem an Privatkundschaft und sind besonders in ländlichen Regionen unverzichtbar für die Grundversorgung. Wirtschaftliche Dienstleistungen, wie IT-Beratung oder Ingenieurbüros, stärken wiederum mittelständische Unternehmen durch externe Expertise und steigern deren Innovationsfähigkeit.

Eine rege Gründungstätigkeit hält den Wettbewerbsdruck auf bestehende Unternehmen aufrecht und sorgt so für Effizienz und Innovationsdruck. Besonders in Regionen mit hohem Anteil mittelständischer Betriebe sorgen junge Unternehmen für neue Impulse und sichern Beschäftigung. Dabei kommt Soloselbstständigen eine besondere Rolle zu: Sie unterstützen etablierte Betriebe flexibel, kosteneffizient und bedarfsorientiert. Doch der direkte Beschäftigungseffekt neuer Unternehmen sank zuletzt auf 485.000 Vollzeitäquivalente. Fachkräftemangel erschwert vielen Gründungen den Aufbau größerer Teams.

Kapitalbedarf und Finanzierung

Mehr als die Hälfte der Gründungen wurde mit einem Eigenmitteleinsatz von bis zu 5.000 EUR realisiert. 74% der Gründerinnen und Gründer finanzieren ihre Gründung ausschließlich aus eigenen Mitteln – ein historischer Höchstwert. Diese Tendenz zur Eigenfinanzierung reduziert Abhängigkeiten, kann aber auch die Wachstumsdynamik hemmen, insbesondere bei Übernahmen im Mittelstand, die oft höhere Kapitalvolumen erfordern. Rund 61% der Gründungen richten sich an regionale Kundschaft. Diese Nähe zum lokalen Markt macht sie für mittelständische Unternehmen zu verlässlichen Partnern – als Zulieferer, Dienstleister oder Kooperationspartner. Gleichzeitig erhöht sich damit ihre Bedeutung für die regionale Wirtschaftsstabilität, insbesondere außerhalb der Ballungszentren.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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