Das endgültige Scheitern des deutschen Flugtaxi-Start-ups Lilium ist besiegelt. Insolvenzverwalter Ivo-Meinert Willrodt von der PLUTA Rechtsanwalts GmbH hat das umfangreiche Patentportfolio des Unternehmens an das börsennotierte US-amerikanische Luftfahrtunternehmen Archer Aviation veräußert. Die Transaktion wurde laut Mitteilung nach einstimmigem Votum der Gläubigerausschüsse der Lilium GmbH und der Lilium Aerospace GmbH beschlossen. Der rechtsverbindliche Kaufvertrag wird derzeit umgesetzt. Archer Aviation übernimmt damit über 300 Schutzrechte von Lilium, darunter Patente zu Hochvolt-Systemen, Batteriemanagementsystemen, Flugsteuerungstechnologie, Propellertechnik und elektrischen Antriebssystemen für sogenannte eVTOL-Flugzeuge, also elektrisch betriebene Senkrechtstarter. Der Insolvenzverwalter begründete den Zuschlag an Archer mit der höchsten Transaktions- und Umsetzungssicherheit im Bieterwettbewerb.
Zweimalige Insolvenz und geplatzte Übernahme
Lilium, gegründet im Jahr 2015, galt als eines der ambitioniertesten Luftfahrt-Start-ups in Europa. Das Unternehmen entwickelte ein elektrisches Flugtaxi, das senkrecht starten und landen kann. Ziel war es, Reichweiten bis zu 400 Kilometern zu ermöglichen. Geplant waren sowohl zivile als auch medizinische Anwendungen. Rund 1.500 Mio. EUR an Investorengeldern flossen seit der Gründung in das Projekt. Trotz großer Erwartungen erreichte das Fluggerät nie die Serienreife.
Im Oktober 2024 musste Lilium erstmals Insolvenz anmelden, nachdem Löhne nicht mehr gezahlt werden konnten. Eine Übernahme durch das Investorenkonsortium Mobile Uplift Corporation (MUC) scheiterte trotz unterzeichnetem Kaufvertrag und angekündigten 200 Mio. EUR frischen Kapitals, da die zugesagte Finanzierung nicht realisiert wurde. Im Februar 2025 folgte die zweite Insolvenz. Seit März befindet sich Lilium in einem Regelinsolvenzverfahren. Auch ein späterer Übernahmeversuch durch die europäische Industrieholding Ambitious Air Mobility Group (AAMG) blieb erfolglos. Diese hatte im August 2025 erklärt, 250 Mio. EUR in den Neustart von Lilium investieren zu wollen. Laut der Anwaltskanzlei Pluta wurde ein geforderter Finanzierungsnachweis jedoch nie erbracht. Daraufhin brach der Verkauf ab.
Technologien weiterentwickeln
Archer Aviation entwickelt selbst elektrische Senkrechtstarter und plant nach eigenen Angaben deren Einsatz in großen Städten in Indien, Korea und im arabischen Raum. Erste Testflüge, teils bemannt, haben bereits stattgefunden. Eine Zulassung durch die US-Luftfahrtbehörde FAA steht kurz bevor. Im Gegensatz zu Lilium beschränkt sich Archer auf kürzere Strecken zwischen 30 und 80 Kilometern. Mit dem Erwerb des Patentportfolios sichert sich Archer Zugang zu zentralen Technologien der elektrischen Luftfahrt. Nach Angaben von Insolvenzverwalter Willrodt soll der Verkauf weiterer Vermögenswerte des Unternehmens in den kommenden Monaten erfolgen. Die Eigentümerin der Schutzrechte war laut Willrodt die Lilium GmbH.
Der gescheiterte Aufstieg von Lilium markiert das Ende eines der bekanntesten deutschen Start-ups im Bereich der urbanen Mobilität. Trotz zahlreicher Finanzierungsrunden, Kooperationen und eines Börsengangs an der US-Technologiebörse Nasdaq gelang es dem Unternehmen nicht, ein marktreifes Produkt zu entwickeln oder eine nachhaltige Finanzierungsbasis zu schaffen.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.





