Saxenhammer & Co.: „Ein gutes Unternehmen lässt sich immer verkaufen“

Anzahl derDie Anzahl der Unternehmensverkäufe ist im zweiten und dritten Quartal 2020 zurückgegangen.
© Dzmitry - stock.adobe.com

Die Coronakrise hat auch den Markt für Unternehmensverkäufe und Fusionen (M&A) nicht unberührt gelassen. Merklich ist die Anzahl der Transaktionen im zweiten und dritten Quartal 2020 zurückgegangen, auch im deutschen Mittelstand. Doch die „Herausforderung Unternehmensnachfolge“ bleibt für viele Familienunternehmer und Unternehmerfamilien, auch 2020/2021. Die Unternehmeredition sprach mit dem M&A-Experten Christian Saxenhammer.
INTERVIEW MARKUS RIEGER

Unternehmeredition: Herr Saxenhammer, sehen Sie den Markt für Nachfolgelösungen über externe Investoren durch die aktuellen Marktbedingungen als nachhaltig beeinflusst an – oder befinden wir uns aktuell nur in einer kleinen Delle …?
Christian Saxenhammer: Grundsätzlich sehe ich nur eine wirtschaftliche Delle, die sich derzeit auflöst. Gute Unternehmen können auch in solchen Zeiten gut verkauft werden. Allerdings gibt es Branchen, die von einer nachhaltigen Veränderung betroffen sind. In den Bereichen Handel, Maschinenbau und Automobil wird die Vor-Corona-Welt nicht zurückkommen: Da waren bereits Veränderungsprozesse bedingt durch neue Technologien, Kundenverhalten oder Wettbewerbsverschiebungen im Gange.

Unternehmeredition: Was würden Sie einem Unternehmer raten, der mitten in der Nachfolgeplanung war und der nun in der Coronakrise deutliche Umsatz- und Ertragseinbußen zu verkraften hatte – was nun eine deutlich niedrigere Unternehmensbewertung zur Folge hat?
Christian Saxenhammer: Die Frage ist hier, wie ernst die Situation ist. Wenn man die Krise allein meistern kann, kann man in Ruhe die Nachfolge vorbereiten und beispielsweise den Investorenprozess Anfang nächsten Jahres starten. Ich erwarte, dass die allermeisten Branchen sich nächstes Jahr in der Erholung befinden und man über eine Bewertung der Ertragsaussichten einen guten Kaufpreis erzielen kann. Bei Unternehmen, die wirtschaftlich stark geschwächt sind, gibt es eventuell dringenden Handlungsdruck und man sollte den Einstieg eines Investors zur Stärkung der Kapitalbasis überlegen.

Unternehmeredition: Als Corporate Finance-Experte sind Sie quasi am „Puls des Markts“. Welche Käufergruppe zeigt sich im Moment mutiger? Sind es die „Strategen“ oder die Private Equity-Investoren, die aktuell vielleicht noch aktiver Investments im Mittelstand suchen?
Christian Saxenhammer: Zunächst bekamen wir in der COVID-19-Zeit verstärkt Anfragen von Finanzinvestoren. Allerdings sind ab Juni die strategischen Investoren wieder aktiv und suchen systematisch Übernahmeziele. Bei vielen Unternehmen sind die Kassen prall gefüllt und man möchte Gelegenheiten in der Krise wahrnehmen.

Unternehmeredition: Nicht jedes Unternehmen hat derzeit eine Wachstumsdelle – manche Branchen boomen sogar. Wäre im einen oder anderen Fall nicht statt der „Monetarisierung des Lebenswerks“ eine Wachstums- und Wertsteigerungsstrategie über eigene Zukäufe und Buy and Build-Maßnahmen im derzeitigen Marktumfeld die bessere?
Christian Saxenhammer: Dies hängt zunächst von der Lebensplanung des Unternehmers und dem Vorhandensein einer familieninternen Nachfolge ab. Wenn der Unternehmer noch fünf Jahre tätig sein möchte, bietet sich eine Wachstumsstrategie aus meiner Sicht an. Es gilt zu bedenken, dass der Kaufprozess ein bis zwei Jahre dauern kann, und dann sollte das übernommene Unternehmen integriert und Synergien gehoben werden. Danach sollte man ein bis zwei Jahre warten, bis die Synergien sich in den Jahresabschlüssen wider-spiegeln.

Unternehmeredition: Zu guter Letzt eine persönliche Frage, da Sie auch viel im Ausland aktiv sind: Welche Qualitäten schätzen Sie gerade bei deutschen Unternehmen und Unternehmerpersönlichkeiten? Was zeichnet sie aus – vielleicht auch gerade jetzt, in der größten Absatzkrise seit zwölf Jahren?
Christian Saxenhammer: Die deutschen Unternehmer – insbesondere Familienunternehmer – zeichnen sich durch rasche Entscheidungsprozesse und gleichzeitig eine langfristige Perspektive aus. Der deutsche Unternehmer hat den Mut und die Geduld, langfristige Entscheidungen zu treffen. Außerdem beeindruckt mich die Start-up-Szene. Dort hat in den letzten Jahren ein wahrer Gründerboom stattgefunden, und dies hat auch die Unternehmerkultur gestärkt. Top-Uni-Absolventen streben nicht mehr zu Unternehmensberatungen oder Investmentbanken, sondern gründen selbst oder arbeiten für Start-ups. Dies ist meines Erachtens eine sehr gute Entwicklung, um die deutsche Unternehmenslandschaft zukunftsfähig zu machen.

Vielen Dank, Herr Saxenhammer für das aufschlussreiche und informative Gespräch.

Dieses Interview ist erschienen in der Unternehmeredition 3/2020.


ZUR PERSON

Christian SaxenhammerChristian Saxenhammer ist Managing Director der M&A-Boutique Saxenhammer & Co. Corporate Finance GmbH mit Büros in Berlin, Frankfurt, München, Mailand und London. Vor seiner Tätigkeit bei Saxenhammer & Co. arbeitete er unter anderem bei der Lincoln International AG als Managing Director.

Vorheriger ArtikelThomas Schüttler wird neuer CDO bei Finmatch
Nächster ArtikelNORD Holding: Fusion von Fitnessketten