Der eigene Kapitaleinsatz macht den Unterschied aus

Unterschiedliche Erwartungen an das Management je nach Gesellschaftsform

Foto: © Gajus_Adobe_stock

Bei Übernahmen suchen Private-Equity-Investoren in aller Regel den Schulterschluss mit den Führungskräften. Dr. Barbara Koch-Schulte, Partnerin bei POELLATH, erläutert im Interview die Standards sowie die aktuellen Trends rund um Management-Incentive-­Programme. INTERVIEW MARKUS RIEGER UND STEFAN PREUSS

Unternehmeredition: Frau Dr. Koch-Schulte, Finanzinvestoren bieten dem bestehenden Management von zu übernehmenden Unternehmen traditionell die Möglichkeit an, ­gemeinsam mit ihnen eine Beteiligung einzugehen. Was ist hier die ­gebräuchlichste Form und welches Commitment wird dabei erwartet?

Dr. Barbara Koch-Schulte: Die häufigste Form der Mitarbeiterbeteiligung ist die Eigenkapitalbeteiligung, also der Erwerb von echten Anteilen an der Holding­gesellschaft der zu erwerbenden Unternehmensgruppe. Diese Anteile müssen zum Verkehrswert erworben werden und erfordern häufig ein Investment von ein bis zwei Bruttojahresgehältern. Bei einem sogenannten Exit, also dem Verkauf des Unternehmens, verkaufen die Manager mit und realisieren im ­Erfolgsfall einen Veräußerungsgewinn. Kommt es nicht zu einem erfolgreichen Verkauf oder geht das Unternehmen in die Insolvenz, verlieren die beteiligten Manager ihr Investment. Der eigene Kapitaleinsatz macht den Unterschied aus.

Spielen Bonusprogramme auch eine Rolle?

Neben den echten Kapitalbeteiligungen kommen auch Bonusprogramme vor, zum Beispiel in Form von virtuellen ­Anteilen oder Phantom Shares. Sie unter­scheiden sich von Kapitalbeteiligungen dadurch, dass sie nicht mit ­Kapital unterlegt sind, das heißt, bei Verkauf des Unternehmens entsteht nur ein Bonusanspruch. Ein Verlustrisiko trägt der beteiligte Manager nicht. Das macht den wesentlichen Unterschied aus: Durch den Eigenkapitaleinsatz und das damit verbundene Verlustrisiko wird der beteiligte Manager zum Co-­Investor des Finanzinvestors und kann sich in dessen Position besser hineinversetzen. Daher werden diese Beteiligungen auch bevorzugt von Investoren angeboten. Andere Beteiligungsformen mit Kapitaleinsatz, zum Beispiel stille Gesellschaften oder Genussrechte, kommen auch vor, sind eher selten und auf Fälle beschränkt, in denen ein ­Erwerb von Anteilen nicht möglich ist.

Zu welchem Zeitpunkt treten Investoren im Rahmen einer Transaktion an das Management heran? Was hat sich hier in der Praxis durchgesetzt?

Die Frage ist nicht ganz eindeutig zu ­beantworten. Solange der Kaufvertrag noch nicht unterschrieben ist, steht das Management noch im „Lager“ des Verkäufers – und dieser möchte natürlich nicht, dass es loyalitätsmäßig durch das Angebot einer attraktiven Beteiligung zu früh auf die Seite eines potenziellen Erwerbers wechselt. Letztlich ist der Kaufpreis, den der Verkäufer erzielt, der Kaufpreis, den das Management für die Beteiligung zahlt. Daraus können sich erhebliche Interessenkonflikte ­ergeben. Insofern versucht der Verkäufer regelmäßig, die Kontaktaufnahme des Bieters mit dem Management zu beschränken oder zu kontrollieren.

Wird das Unternehmen von einem Finanzinvestor verkauft, so weiß dieser natürlich, dass ein Finanzinvestor als Erwerber dem Management eine Beteiligung anbieten wird und sich praktisch ein Austausch zwischen Bieter und ­Management nicht wirklich verhindern lässt. Insofern lassen die meisten Finanz­investoren den Austausch des Bieters mit dem Management zu einer zukünftigen Beteiligung durchaus zu, solange der Verkaufsprozess dadurch nicht behindert wird. In der Regel ­finden solche Gespräche dann statt, wenn sich der Kreis der Bieter auf zwei bis drei eingeschränkt hat, also erst kurz vor Signing. Bei Signing kann dann häufig schon ein Termsheet mit den wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen der Managementbeteiligung unterschrieben werden.

Aus Ihrer Erfahrung: Welche Manage­mentebenen werden mit ­Beteiligungen eingebunden, welche Programmgrößen erweisen sich als zielführend?

Echte Eigenkapitalbeteiligungen sind in der Regel für die Manager der ersten und zweiten Ebene sinnvoll, also für Personen, die tatsächlich die Geschicke des Unternehmens bestimmen und auch mit dem Risiko eines Verlusts der Beteiligung umgehen können. Mitarbeiter auf den unteren Ebenen scheuen häufig das Verlustrisiko beziehungs­weise ihr Vermögen lässt ein solches ­Risikoinvestment nicht zu. Praktisch schwankt die Zahl der zu beteiligenden Manager zwischen zehn und 50 Personen. Bei einer größeren Beteiligung werden auch die Kosten der Verwaltung solcher Beteiligungen zu hoch.

Welche Trends sehen Sie ganz allgemein in der Managementincentivierung sowie bei den zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen?

Die Gestaltung von Managementbeteiligungen hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Es haben sich eher die Rahmenbedingungen ­gewandelt. So sind mit den Kaufpreisen für Unternehmen auch die Investmentbeträge gestiegen. Vor einigen Jahren gab es außerdem noch kaum finanz­gerichtliche Rechtsprechung zu Mana­gementbeteiligungen, was dazu führte, dass einige Finanzämter versuchten, die Erlöse aus solchen Beteiligungen als Arbeitslohn zu besteuern. Zwischenzeitlich hat der Bundesfinanzhof einige ­Urteile veröffentlicht, die bestätigen, dass Erlöse aus typischen Eigenkapitalbeteiligungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind, obwohl eine gewisse Nähe zum Arbeitsverhältnis besteht.

Wie unterscheiden sich die Incentiveprogramme, wenn es um Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen geht?

Börsennotierte Unternehmen sind stärker reguliert. So darf gemäß § 33d WpüG dem Management börsennotierter Gesell­schaften im Rahmen eines Übernahme­angebots keinerlei Beteiligungsangebot gemacht werden. Außerdem sind zum Beispiel Stock Options Teil der Vorstandsvergütung und unterliegen damit den Vorgaben des § 87 AktG und des Corporate Governance Kodex – das heißt, sie dürfen nur einen Teil der ­Vergütung ausmachen und sind im ­Vergütungsbericht zu veröffent­lichen. Im Rahmen von sogenannten Share-­Ownership-Programmen erworbene Aktien sind dagegen kein Vergütungsbestandteil. Der An- und Verkauf ist dennoch im Rahmen der Insider­regelungen zu reporten. Bei börsen­notierten Unternehmen findet man ­daher weniger Eigenkapitalbeteiligungen, sondern eher Long-Term Incen­tives (Bonusprogramme) und Stock ­Option Plans.

Sehr geehrte Frau Dr. Koch-Schulte, vielen Dank für Ihre interessanten ­Einblicke.


Zur Person

Dr. Barbara Koch-Schulte, Partnerin bei POELLATH

Dr. Barbara Koch-Schulte ist Partnerin bei der Sozietät POELLATH in München. Sie gehört im Bereich Managementbeteiligungen zu den bekanntesten Beratern im deutschen Markt und ist darüber hinaus auch international anerkannte Expertin.

www.pplaw.com

Autorenprofil
Markus Rieger u. Stefan Preuss
Vorheriger ArtikelPublic Cloud Group erwirbt Schweizer Miracle Mill AG
Nächster ArtikelWirtschaftsprognosen: Wechselnde Signale von den Instituten