Die Coface Zahlungserfahrungsstudie 2025 zeigt eine spürbare Zunahme der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Besonders betroffen sind Branchen wie die Automobilindustrie, der Energiesektor sowie der Metallbereich. In diesen Sektoren ist die Zahl der Verfahren im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Auch der Einzelhandel, die Papier- und Verpackungsbranche sowie der Transportsektor melden spürbare Zuwächse bei Unternehmenszusammenbrüchen. Damit ist das Insolvenzgeschehen auf dem höchsten Niveau seit einem Jahrzehnt angekommen. Demgegenüber ist die Zahl der Insolvenzen in einzelnen Branchen wie Pharma, Chemie oder Textil rückläufig. Dennoch bleibt der strukturelle Druck in diesen Bereichen hoch, da sinkende Auftragseingänge und eine schwache konjunkturelle Entwicklung die wirtschaftliche Grundlage vieler Unternehmen belasten. Besonders kritisch bleibt die Lage in der Bauwirtschaft und im Maschinenbau, wo eine Reihe von Betrieben trotz stabiler Nachfrage in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist.
Forderungsausfälle erreichen neue Rekordhöhe
Parallel zur steigenden Zahl der Insolvenzen steigen auch die finanziellen Schäden durch ausbleibende Zahlungen. Die durch Insolvenzfälle verursachten Forderungsausfälle bewegen sich laut Coface auf dem höchsten Stand seit der Finanzkrise. Besonders hoch sind die Summen in den Bereichen Industrieproduktion, Bau, Einzelhandel und IKT. Auch im Automobilsektor sowie in den professionellen Dienstleistungen sind die gemeldeten Ausfallbeträge im Jahresverlauf spürbar gewachsen. In mehreren Branchen übersteigen die bislang gemeldeten Schäden bereits die Werte des Vorjahres deutlich. Die Schere zwischen offenen Forderungen und Zahlungseingängen hat sich weiter geöffnet. Besonders kleinere und mittlere Unternehmen sind oft nicht ausreichend gegen Zahlungsausfälle abgesichert, was die Dynamik bei Folgeinsolvenzen verstärkt.
Zahlungsverhalten verschlechtert sich erneut
Neben der Zunahme an Insolvenzen verschlechtert sich auch die allgemeine Zahlungsmoral deutscher Unternehmen. Die Mehrheit der befragten Firmen berichtet wieder häufiger von verspäteten Zahlungen. Auch die durchschnittliche Dauer der Zahlungsverzögerungen ist gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Besonders auffällig ist die Entwicklung im Transportsektor, im Einzelhandel sowie im Finanz- und Beratungsbereich. Dort warten Unternehmen zunehmend länger auf den Ausgleich offener Forderungen. Die durchschnittliche Zeit, bis eine Rechnung beglichen wird (Days Sales Outstanding, DSO), hat sich nahezu branchenübergreifend verlängert. Während sich die Werte nach der Pandemie stabilisiert hatten, zeigt sich nun erneut eine Tendenz zur Verschlechterung. Die damit verbundene Unsicherheit erschwert die Liquiditätsplanung vieler Betriebe und wirkt sich unmittelbar auf die Investitionsbereitschaft aus.
Verhalten optimistischer Ausblick
Trotz der angespannten Lage rechnen viele Unternehmen für das kommende Jahr mit einer leichten Verbesserung ihrer Geschäftsentwicklung. Allerdings bleibt der Ausblick von Unsicherheiten geprägt. Geopolitische Spannungen, eine hohe Abhängigkeit vom Binnenmarkt und strukturelle Probleme auf dem Arbeitsmarkt belasten die wirtschaftliche Prognose. Die USA verlieren als Absatzmarkt zunehmend an Relevanz, während sich viele Unternehmen wieder stärker auf den heimischen Markt konzentrieren. Eine Vielzahl von Unternehmen setzt laut Coface verstärkt auf De-Risking-Strategien. Dazu zählen unter anderem die Diversifikation von Lieferketten, der Einsatz von Kreditversicherungen sowie die Verlagerung von Produktionsstandorten. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, künftige Zahlungsausfälle besser abzufedern.
Die Coface-Studie identifiziert mehrere Sektoren mit erhöhtem Risiko. Besonders betroffen sind neben Automotive und Metallverarbeitung auch die Textilindustrie, der Bausektor sowie die Chemiebranche. Diese Branchen zeichnen sich durch eine Kombination aus schwacher Produktion, rückläufigen Bestellungen und angespanntem Finanzierungsspielraum aus. Der Ausblick bleibt hier stark von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Die Ergebnisse der Zahlungserfahrungsstudie machen deutlich: Die Insolvenzentwicklung in Deutschland ist nicht nur ein statistischer Anstieg, sondern Ausdruck einer strukturellen Belastung weiter Teile der Wirtschaft.
Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.





