Anstieg bei den Großinsolvenzen

Unternehmensinsolvenzen
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Die Zahl der Insolvenzen bei Großunternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als zehn Mio. EUR ist im dritten Quartal 2025 deutlich gestiegen. Laut dem aktuellen Insolvenzreport der Transformationsberatung Falkensteg meldeten in den Monaten Juli bis September 114 Unternehmen dieser Größenklasse Insolvenz an. Das entspricht einem Anstieg von 24 % gegenüber dem zweiten Quartal. Nach Einschätzung von Falkensteg ist auch für das Gesamtjahr mit einer deutlichen Zunahme zu rechnen. Die Experten prognostizieren eine Steigerung um 20 % gegenüber 2024 – damit wäre es das fünfte Jahr in Folge mit einem Anstieg bei den Großinsolvenzen.

Metall- und Elektrosektor betroffen

Der Report weist große Unterschiede zwischen den Branchen auf. Besonders stark betroffen ist die Metallwarenindustrie. Hier registrierten die Analysten 19 Insolvenzen, was den bisherigen Durchschnitt von elf Fällen deutlich übersteigt. Auch Automobilzulieferer und Unternehmen der Elektrotechnik stehen unter Druck – jeweils zwölf Insolvenzen wurden in diesen Sektoren gezählt.

Im Energiesektor zeigt sich ein ähnliches Bild. Die meisten Fälle betreffen Unternehmen aus der Solarwirtschaft, die elf Insolvenzen meldeten. Auch der Immobiliensektor verzeichnet hohe Ausfälle: Ausbauunternehmen stehen mit elf Fällen ebenfalls unter erheblichem Druck. Nur bei Kunststoffherstellern zeigt sich eine leichte Entspannung. Die Zahl der Insolvenzen liegt hier mit sechs Fällen nur geringfügig über dem Durchschnitt der letzten Jahre.

Druck auf große und mittlere Unternehmen wächst

Insbesondere mittelständische und große Unternehmen geraten zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. In der Gruppe mit einem Jahresumsatz über 100 Mio. EUR verdoppelte sich die Zahl der Insolvenzanträge im Vergleich zum Vorquartal auf 14. Bei Unternehmen mit Umsätzen zwischen 50 und 99 Mio. EUR stieg die Zahl der Insolvenzen um 80 % auf 18. Ein geringerer Anstieg wurde in der Umsatzklasse zwischen zehn und 49 Mio. EUR registriert. Dort liegt das Plus bei durchschnittlich 9 %.

Nach Angaben von Falkensteg wird im laufenden Jahr die Marke von 450 Insolvenzen überschritten. Im Vergleichszeitraum 2024 lag diese noch bei 378 Fällen. Studienautor und Falkensteg-Partner Jonas Eckhardt rechnet damit, dass einzelne Branchen deutlich überdurchschnittliche Steigerungsraten verzeichnen werden. „In Branchen wie dem Maschinenbau, der Automobilindustrie, der Kunststoffindustrie, der Elektrotechnik und der Solarbranche können die Steigerungsraten noch deutlich höher ausfallen. Beim Bau von Immobilien, im Einzelhandel und in der Modeindustrie sinken dagegen die Zahlen, nachdem sie in den beiden Vorjahren Rekordwerte erreicht hatten“, so Eckhardt.

Trotz der angespannten Lage am Markt gibt es laut Falkensteg auch positive Entwicklungen. Im dritten Quartal konnten 80 Insolvenzverfahren gelöst werden – ein Anstieg von 21 % gegenüber dem Vorquartal. In 50 Fällen kam es zu einer Fortführung über Asset Deals oder Insolvenzpläne. Besonders auffällig ist der Zuwachs bei Sanierungen über Insolvenzpläne. Diese haben sich im Vergleich zum zweiten Quartal mit 16 Fällen verdoppelt. Auch die Zahl der Unternehmensverkäufe stieg wieder an und erreichte mit 34 erfolgreichen Transaktionen annähernd das Vorkrisenniveau. Gleichzeitig sank die Zahl der drohenden endgültigen Stilllegungen auf 30 Verfahren.

Strukturelle Defizite belasten Standort

Der konjunkturelle Gegenwind für deutsche Unternehmen bleibt stark. Prof. Dr. Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel sieht die Ursachen vor allem in strukturellen Versäumnissen. Die Industrieproduktion sei in den vergangenen fünf Jahren massiv eingebrochen. Zugleich wachse der internationale Wettbewerbsdruck, insbesondere durch China und die USA. Der anhaltende Zollkonflikt mit den USA und Chinas technologische Autarkiepolitik verstärkten die Exportproblematik. Boysen-Hogrefe sieht die strukturellen Blockaden vor allem im innerdeutschen Regelwerk: Überzogener Datenschutz, ineffiziente Verwaltung und ein rigider Kündigungsschutz hemmten notwendige Investitionen und bremsten Innovationen. Die Folge sei ein zunehmender Vertrauensverlust der Unternehmen in die Standortbedingungen Deutschlands.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen und Tech-Start-ups.

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