Im Zuge der milliardenschweren Rettungsaktion für die angeschlagene Mittelstandsbank IKB sorgte die KfW Bankengruppe zuletzt für Schlagzeilen.
Im Zuge der milliardenschweren Rettungsaktion für die angeschlagene Mittelstandsbank IKB sorgte die KfW Bankengruppe zuletzt für Schlagzeilen. KfW-Bereichsleiter Werner Genter bezieht im Interview Stellung zu den Folgen der Finanzkrise auf die Kredit- und Fördermittelvergabe der KfW, die Finanzierungssituation des Mittelstandes und das neue Programm “Kapital für Arbeit und Investitionen”.
Unternehmeredition: Herr Genter, wie sehen Sie gegenwärtig die Finanzierungssituation des Mittelstandes in Deutschland vor dem Hintergrund der durch die US-amerikanische Hypothekenkrise ausgelösten Turbulenzen an den Kapitalmärkten? Wie wird sie sich Ihrer Meinung nach dieses Jahr verändern, auch hinsichtlich einer drohenden Konjunkturabkühlung?
Genter: Dem deutschen Mittelstand ging es 2007 so gut wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Der Kreditzugang für mittelständische Unternehmen hat sich weiter verbessert, wie die im Oktober 2007 veröffentlichte Unternehmensbefragung, die die KfW in Zusammenarbeit mit 26 Fach- und Regionalverbänden der Wirtschaft durchgeführt hat, ergab. Die insgesamt positive Entwicklung darf allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass insbesondere kleine Unternehmen weiterhin überdurchschnittlich Schwierigkeiten beim Kreditzugang beklagen. Das Kreditvergabevolumen an den gewerblichen Mittelstand ist auf hohem Niveau. Das gilt auch vor dem Hintergrund des bisherigen Verlaufs und der Ausbreitung der US-Subprimekrise. Im vierten Quartal 2007 haben die Banken in Deutschland 18% mehr Kreditgelder an Unternehmen und Selbständige gegeben als im Vorjahr. Insgesamt sind die Auswirkungen der Finanzkrise in Europa bislang sehr moderat. Deutschland ist sogar noch weniger betroffen als der Rest Europas. Grund hierfür sind die guten Fundamentaldaten der deutschen Wirtschaft. Für 2008 rechnen wir aufgrund der schwächeren Konjunkturdynamik mit einem rückläufigen Wachstum des Kreditvolumens sowie mit einem geringeren Wachstum der Unternehmensinvestitionen.
Unternehmeredition: Welche Auswirkungen hat die milliardenschwere Rettungsaktion für die angeschlagene Mittelstandsbank IKB auf die Kredit- und Fördermittelvergabe der KfW-Mittelstandsbank?
Genter: Die KfW hat erhebliche Anstrengungen bei der Risikoabschirmung der IKB unternommen. Dies geschah auch, um die Finanz- und Kreditmärkte angesichts der durch die US-Subprimekrise ausgelösten Turbulenzen zu stabilisieren. Trotz dieser Anstrengungen werden wir unseren Förderauftrag unverändert wahrnehmen. Dies gilt gerade auch für die ERP-Förderung.
Unternehmeredition: Wie entwickelt sich Ihrer Meinung nach die Nachfrage mittelständischer Unternehmen nach alternativen Finanzierungsinstrumenten zum Bankkredit, wie etwa Private Equity, Mezzanine, Leasing und Factoring?
Genter: Der Kredit bleibt das zentrale Ankerprodukt für die mittelständischen Unternehmen. Auch die Innenfinanzierung spielt eine sehr wichtige Rolle. Die Leasingfinanzierung gewinnt weiter an Bedeutung, allerdings fast ausschließlich bei beweglichen Wirtschaftsgütern. Der deutsche Mittelstand least bereits 12% der Maschinen und der EDV-Anlagen. Bei Fahrzeugen sind es bereits 60%. Immobilienleasing spielt praktisch nur für große Mittelständler eine Rolle. Die Beteiligungsfinanzierung und Finanzierungen über nachrangige Darlehen gewinnen weiter an Bedeutung, spielen aber insgesamt quantitativ eine untergeordnete Rolle. Das gesamte Kreditvolumen des Jahres 2006 an Unternehmen und Selbständige betrug etwa 500 Mrd. Euro, über Beteiligungskapital wurden nur etwa 0,7% dieses Volumens (3,6 Mrd. Euro) investiert. Die KfW ist bei jeder zweiten mittelständischen Beteiligungsfinanzierung engagiert.
Unternehmeredition: Wie wird sich die Kredit- und Fördermittelvergabe der KfW Mittelstandsbank voraussichtlich dieses Jahr entwickeln? In welchen Bereichen erwarten Sie die stärkste Nachfrage? Gibt es neue Trends?
Genter: Wir erwarten in diesem Jahr eine schwächere konjunkturelle Dynamik und ein schwächeres Wachstum in Deutschland. Vor diesem Hintergrund gehen wir von einer Entwicklung der Förderkredite der KfW Mittelstandsbank in etwa auf dem Niveau des Vorjahres aus. Dabei wollen wir unsere Initiative “kleiner Mittelstand” durch verbesserte Förderangebote weiter ausbauen. So bieten wir ab dem 1. Juli 2008 in unserem Flaggschiff der Mittelstandsförderung – dem Unternehmerkredit – ein spezielles Förderfenster für kleine und mittlere Unternehmen mit günstigen Zinskonditionen und einer neuen fünfjährigen Laufzeitvariante an. Gleichzeitig werden auch im ERP-Regionalförderprogramm und im ERP-Innovationsprogramm Förderfenster mit besonderen Zinspräferenzen für kleine Unternehmen eingeführt. Parallel zur Etablierung der Förderfenster werden wir auch einige weitere Vereinfachungen und Verbesserungen unseres Förderangebotes, wie beispielsweise die Umstellung von einem halb- auf einen vierteljährlichen Tilgungsrhythmus, vornehmen.
Unternehmeredition: Im Februar haben die KfW Bankengruppe und die Europäische Investitionsbank (EIB) einen Rahmenvertrag über eine Risikopartnerschaft bezogen auf das KfW Programm “Kapital für Arbeit und Investitionen” unterzeichnet. Was steckt dahinter, und welche Unternehmen können davon profitieren?
Genter: Durch die vereinbarte Risikopartnerschaft übernimmt die EIB in den Jahren 2008 bis 2010 Risiken bis zu einem Gesamtbetrag von 100 Mio. Euro für die durch uns ausgereichten Nachrangfinanzierungen im KfW-Programm “Kapital für Arbeit und Investitionen”. Damit unterstützt sie sehr wirkungsvoll die KfW Förderung des deutschen Mittelstandes, denn unser mezzanines Finanzierungsangebot ist aufgrund der darin enthaltenen eigenkapitalähnlichen Tranche gerade für mittelständische Unternehmen von besonderer Bedeutung. Das Programm “Kapital für Arbeit und Investitionen” ist Teil unserer Produktfamilie Unternehmerkapital, die sich mit einem speziellen Angebot an Nachrangfinanzierungen an Gründer, Freiberufler und kleine und mittlere Unternehmen richtet. Diese Nachrangfinanzierungen bündeln die Vorteile von Fremd- und Eigenkapital: Unternehmer müssen keine Sicherheiten für diese Darlehen stellen. Der Programmbaustein “Kapital für Arbeit und Investitionen” ist auf etablierte Unternehmen zugeschnitten. Finanziert werden mit diesem Programm primär Investitionen in Deutschland, die zum nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen beitragen und mit denen Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert werden.
Unternehmeredition: Herr Genter, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Markus Hofelich.
Zur Person: Werner Genter
Werner Genter (werner.genter@kfw.de) ist Bereichsleiter des Kreditsekretariats der KfW Bankengruppe. Die KfW Bankengruppe fördert mittelständische Unternehmen in Deutschland und Investitionen im Ausland. Die KfW beschäftigt konzernweit 3.831 Mitarbeiter; ihre Bilanzsumme betrug im Jahr 2006 360 Mrd. Euro. www.kfw.de
Markus Hofelich ist Gastautor.