„Einen optimalen Finanzierungsmix gibt es nicht von der Stange“

Die Merkur Bank aus München betreut mittelständische Firmenkunden mit Umsatzgrößen von 5 Mio. bis 50 Mio. EUR. Im Interview spricht Dr. Marcus Lingel, persönlich haftender Gesellschafter der Merkur Bank, über die häufigsten Instrumente und neue Trends der Innovations- und Wachstumsfinanzierung.

Unternehmeredition: Herr Dr. Lingel, was sind die häufigsten Instrumente der Innovations- & Wachstumsfinanzierung?
Lingel: Es gibt in der Finanzbranche viele moderne innovative Instrumente. Unsere Erfahrung ist, dass die meisten mittelständischen Firmenkunden mit innovativen Instrumenten wenig anfangen können und sich nach wie vor auf die klassische Bankfinanzierung in Verbindung mit Fördermöglichkeiten konzentrieren.

Unternehmeredition: Welche neuen Trends erkennen Sie?
Lingel: Auffällig ist, dass die Unternehmen seit der Finanzmarktkrise verstärkt auf die Innenfinanzierungskraft und auf den Zuwachs von Eigenkapital setzen, um sich von der Finanzbranche unabhängiger zu machen. In den letzten zwei Jahren sind in unserem Haus die Einlagenbestände der Firmenkunden überproportional stark gewachsen. Größere Mittelständler, die weniger zu unserem Kundenkreis gehören, ziehen immer stärker den direkten Zugang zum Kapitalmarkt in Erwägung (Platzierung von Unternehmensanleihen). Neben der klassischen Kreditfinanzierung finanzieren sich mittelständische Betriebe verstärkt über Lieferanten. Finanzierungsmodelle wie Leasing und Factoring nehmen weiter an Bedeutung zu. Insgesamt ist die Tendenz spürbar, sich von seinen Banken unabhängiger zu machen und auch die Finanzierungspartner breiter zu streuen.

Unternehmeredition: Was gehört aus Ihrer Sicht zu einem guten Finanzierungsmix?
Lingel: Zu einem guten Finanzierungsmix gehört sehr viel, das kann nicht von der Stange produziert werden. Hier stehen die individuellen Anforderungen im Fokus. Die Vielfalt der Unternehmensaktivitäten, die Zukunftsplanung und vieles mehr sind immer individuell und ganzheitlich zu analysieren. Daraus sind dann maßgeschneiderte Lösungen für das jeweilige Unternehmen zu erarbeiten. Neben Bankprodukten sind auch Förderkredite, Leasing und Factoring einzubeziehen. Auch die Frage der Innenfinanzierungskraft und der Eigenkapitalbildung wird mit den Kunden besprochen, da diese Faktoren auch Einfluss auf das Rating der Firmenkunden haben. Gerade diese Themen besprechen wir mit dem Unternehmen sehr transparent und ganz offen.

Unternehmeredition: Wie finanzieren Sie Ihr eigenes Wachstum?
Lingel: Auch wir sind ein mittelständischer Betrieb mit verschiedenen Finanzierungsquellen. Wir achten auf eine ordentliche Eigenkapitalquote und auf eine hohe Innenfinanzierungskraft. Von daher werden wir unser Wachstum zu einem guten Teil aus Eigenkapital finanzieren. Darüber hinaus spielt als Bank die Frage der Refinanzierungsquellen eine bedeutende Rolle. Wir haben uns auf Einlagen unserer Privat- und Firmenkunden konzentriert, was aufgrund der zum Teil langjährigen Geschäftsverbindungen für uns eine hohe Sicherheit und Kontinuität bedeutet. Wir haben uns bewusst nicht über den Kapitalmarkt refinanziert, da wir diese Volatilität mit unserer langfristig ausgerichteten Geschäftsstrategie nicht vereinbaren können.

Unternehmeredition: Herr Dr. Lingel, danke für das Gespräch.

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de


Zur Person: Dr. Marcus Lingel
Dr. Marcus Lingel ist persönlich haftender Gesellschafter der Merkur Bank KGaA mit Sitz in München. Die mittelständische Privatbank bietet ihre Dienstleistungen vor allem Privatkunden, mittelständischen Unternehmen sowie Bauträgern und Leasinggesellschaften an. www.merkur-bank.de

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