„Auch Wachstumsunternehmen wieder attraktiv bewertet“

Interview mit Gunter Burgbacher, Fondsmanager, Aktienfonds für Beteiligungsunternehmen

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Wie man Risiken streut, lebt Investmentlegende Warren Buffett seit Jahrzehnten vor: unter anderem über Beteiligungsunternehmen. Doch man muss dazu nicht über den Großen Teich blicken – dieser Ansatz lässt sich auch im Heimspiel umsetzen.

Unternehmeredition: Herr Burgbacher, wir sprachen zuletzt vor knapp einem Jahr. Seither hat sich unsere Welt doch ziemlich verändert. Wie lautet Ihre Bestandsaufnahme?

Gunter Burgbacher: Unsere Sicht aus der Perspektive eines Beteiligungsmanagers ist in allen Zeiten die gleiche: Wir betrachten zunächst das Geschäftsmodell und komplette Ökosystem eines Unternehmens. Das Ganze muss größer sein als die Summe seiner Einzelteile. Das sind direkte Beteiligungen in Form von Akquisitionen und Investments, auch über Tochtergesellschaften oder manchmal sogar an Fonds. Was sich verändert hat, ist das Makroumfeld. Der Ukrainekrieg hat viele Dinge stark beschleunigt, mit Auswirkungen auf Inflation und damit Zinspolitik.

Wie kommen die Beteiligungsunternehmen mit dieser toxischen Gemengelage zurecht?

Einige dieser Beteiligungsunternehmen sind 100 Jahre oder sogar älter – die haben schon mehr als eine kritische wirtschaftliche Ausgangssituation überstanden und sind meist sogar gestärkt daraus hervorgegangen. Alle Geschäftsmodelle sind langfristig ausgelegt. Cash und laufender Cashflow sind in jeder Wirtschaftsphase ein Trumpf. Viele unserer Unternehmen haben ihre Prognosen erhöht oder sogar übertroffen. Die Zeiten mögen schwierig sein – aber es gibt eben auch Opportunitäten für Beteiligungsunternehmen.

Viele Beteiligungsunternehmen, von denen Warren Buffetts Berkshire Hathaway sicherlich die bekannteste ist, fahren einen unbegrenzten Ansatz Buy & Hold – also kaufen und liegen lassen. Kann man sich das so vorstellen?
Burgbacher: Nicht nur das. Wenn sie sehen, dass eine ihrer Beteiligungen im Zuge einer Krise Probleme hat, dann springen sie auch helfend zur Seite – neudeutsch: Active Ownership, z.B. Investor AB. Wenn man das richtig macht, und diese Erfahrung besitzen diese Unternehmenslenker ja, dann ist die Beteiligung anschließend sogar besser aufgestellt als vorher.

Nun entbrannte zuletzt wieder die uralte Diskussion um Value oder Growth. Wo stehen wir jetzt?
Burgbacher: Das haben wir ebenfalls so verzeichnet: Der Anteil in unserem Fonds, den man “Growth” zuordnen konnte, hatte sich auf 55% erhöht. Inzwischen hat sich das Verhältnis auf 60:40 zugunsten von Value gedreht. Aktuell möchte ich aber hervorheben, dass Wachstumstitel im laufenden Jahr so stark zurückgekommen sind, dass einige inzwischen bereits wieder attraktiv bewertet sind.

Auch wenn Sie betont längerfristig denken: Sind Sie für die nähere Zukunft eher zuversichtlich oder weniger zuversichtlich?
Burgbacher: Ich kann leider auch nicht ausschließen, dass der eine oder andere Mensch auf dieser Welt doch noch durchdreht. Manchmal frage ich mich auch, ob Menschen eigentlich noch dazulernen. Kriege gibt es stets irgendwo auf der Welt – aber aktuell ist er richtig nahe: am Rande von Europa.

ESG-Thematiken sind inzwischen noch wichtiger geworden, wir sprachen auch darüber schon. Wie legen Sie da die Lupe an?
In dem Universum, das wir uns anschauen, sind rund 500 Unternehmen. Davon kommen circa 350 in Frage. Hierbei ist etwa die Hälfte auf unserer enger gefassten Beobachtungsliste. Etwa 30 darin sind für uns dann unter ESG-Gesichtspunkten nicht oder nicht mehr investierbar. Da müssen wir als Fonds bereits die entsprechende Regulatorik berücksichtigen. Wir schauen abgesehen von den offiziellen Punkten noch genauer hin, indem wir die 17 Nachhaltigkeitsziele anlegen. Unter dem Strich ergibt sich eine Art Matrix, wo man rasch Übereinstimmungen herauskristallisieren kann.

Herr Burgbacher, allerbesten Dank auch dieses Mal für Ihre Zeit und die erläuternden Einblicke!


ZUR PERSON

Gunter Burgbacher von der Greiff capital management AG und der VVO Haberger AG ist Portfoliomanager und einer der Initiatoren des Aktienfonds für Beteiligungsunternehmen (WKN: A2JQJC und A2PE00). Er ist seit 2003 Financial Consultant, zertifiziert nach: 34 c, d, f, i GewO und verfügt zusätzlich über eine langjährige Expertise im Anlagesegment für börsennotierte Beteiligungsunternehmen. Seit Januar 2019 ist er neben der VVO Haberger AG auch für die Greiff capital management AG tätig.

www.afb-fonds.de

Autorenprofil

Falko Bozicevic ist Chefredakteur des GoingPublic Magazins sowie des Anleihe-Portals BondGuide. Seine Schwerpunkte liegen vor allem auf makroökonomischen Themen sowie Investment-Fragen rund um IPOs, Anleihen und Fonds.

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