Mittel erhält, braucht es Alternativen. Eine Brücke vom Banken- zum Kapital- markt schlagen können verbriefte Pro- dukte. Indem Kredite und andere For- derungen gebündelt und in handelbare Wertpapiere umgewandelt werden, geht das Risiko von den Banken an die Kapitalmarktinvestoren über. Das bei den Kreditinstituten freigesetzte Eigen- kapital kann dann wieder die Neukre- ditvergabe unterstützen. So wird die ge- samte Wirtschaft gestärkt und die Risi- ken der Transformation verteilen sich besser im Finanzsystem. Das Problem: Der Verbriefungs- markt leidet in Deutschland und Konti- nentaleuropa immer noch unter den Nachwehen der Finanzkrise – zu kom- pliziert, zu hohe Kapitalanforderun- gen, zu viele Reportingpflichten. Das möchte die Europäische Kommission ändern. Unnötige bürokratische Hür- den sollen abgebaut, die Kapitalanfor- derungen für risikoarme Verbriefun- gen gesenkt und der Markt für Investo- ren attraktiver gemacht werden. Um insbesondere für den Mittelstand die Refinanzierungsmöglichkeiten über die Hausbankbeziehung hinaus zu er- weitern, ist es wichtig, die Vorteile von Verbriefungen im Bereich der Wor- king-Capital-Finanzierung niedrig- schwellig möglich zu machen. Wie es funktionieren kann, zeigt das Beispiel Enpal. Im November 2024 emittierte der deutsche Marktführer für Solaranlagen und Wärmepumpen die erste öffentliche Verbriefung von privaten Solarfinanzierungen. Kunden- forderungen in Höhe von 240 Mio. EUR aus dem Verkauf von 8.500 Photovol- taikanlagen an private Haushalte wur- den dafür in Tranchen gebündelt als Green Bond erfolgreich am Kapital- markt platziert. Für das Unternehmen bildet die Erschließung neuer Refinan- zierungsquellen die Basis für künftiges Wachstum und Skalierbarkeit. Anleihen: Gut strukturiert Mehr noch aber belegt die Transaktion, welch tragende Rolle für den privaten Sektor in der Finanzierung der Energie- wende möglich ist. 2024 lag der ESG-An- teil am europäischen Verbriefungs- markt gerade einmal bei 2,3%. Da ist der Markt für Mittelstandsanleihen deutlich weiter. Green Bonds kamen in Deutschland hier 2024 auf einen Anteil von 15%; für 2025 wird ein Anstieg auf rund ein Viertel erwartet. Ein grünes Siegel allein ist aber noch keine Erfolgs- garantie. Entscheidend ist vielmehr ei- ne intelligente und marktfähige Struk- tur. Erfolgt die Emission als Privatplat- zierung oder öffentliches Angebot? In einer oder in mehreren Tranchen? Und vor allem: Gibt es Assets, die sich als Si- cherheiten verwenden lassen? Eine durchdachte Sicherheiten- struktur ist deshalb so wichtig, weil vie- le institutionelle Investoren schon aus regulatorischer Sicht sonst überhaupt nicht investieren dürfen. Bei der Ausge- staltung sind die Möglichkeiten vielfäl- tig. Ob zukünftige Erlöse aus lang lau- fenden Verträgen mit bonitätsstarken Kunden, die erwarteten Zuflüsse aus der vertraglich gesicherten Pipeline ei- nes Projektentwicklers oder die laufen- den Fälle bei einem Legaltech-emitten- ten mit Schwerpunkt Verbraucher- schutz – es gilt, über klassische Ansätze hinauszudenken. Der Markt ist grund- sätzlich aufnahmefähig und erreicht über das Nordic-Bond-Format auch in- ternationale Investoren. Finanziert werden aktuell EBIT- DA-Multiples von vier und mehr und da- mit Volumina, die deutlich über das üb- liche Engagement der Banken hinausge- hen. Sollen wie in unserem Beispielfall Akquisitionen finanziert werden, kann unter Umständen sogar der Ertrag des Targets dazugerechnet werden. Neben Zukäufen reicht die Mittelverwendung von Anlageinvestitionen bis hin zu Refi- nanzierung und Rekapitalisierung und ist damit wenig restriktiv. Dafür erwar- ten Investoren durchschnittlich einen Spread von 5% bis 6% gegenüber Staats- Unternehmensfinanzierung anleihen. Das ist teurer als ein Bankkre- dit, aber deutlich günstiger als andere alternative Finanzierungsformen wie et- wa Private Debt. Der Dokumentations- aufwand ist mittelstandsgerecht und die Vorbereitungszeit beträgt üblicherweise drei bis sechs Monate, abhängig von der bestehenden Dokumentation und Da- tenqualität. Eine Senkung von Aufwand und Kos- ten könnten schon bald digitale Tools und Technologien ermöglichen. Auf Basis von Automatisierung und Block- chain-Technologie entstehen immer mehr Plattformen, die den Zugang zu alternativen Investmentklassen verein- fachen wollen. Je mehr Anleger in Zu- kunft zum Beispiel in Infrastrukturpro- jekte wie Hochspannungsleitungen, Windparks oder Wasserstoffterminals investieren können, desto besser – nicht nur, weil es zusätzliche Liquidität in den Markt spült, sondern auch, weil es die Akzeptanz für die wirtschaftliche Transformation fördert und die Beteili- gung an den durch neue Technologien erwirtschafteten Erträgen ermöglicht. FAZIT Ob Verbriefungen, Anleihen oder Platt- formlösungen – Alternativen zum klas- sischen Bankkredit sind vorhanden. Um den gesamtwirtschaftlichen Inves- titionsbedarf zu decken, muss das Marktvolumen in den kommenden Jah- ren jedoch deutlich wachsen. Dafür gilt es, den Zugang für Mittelständler wei- ter zu erleichtern. Der politische Wille dazu formiert sich in Deutschland und Europa. Dann muss die Zahl Zehn kein Hindernis mehr sein – so wie heutige Fußballkünstler längst andere Rücken- nummern tragen. Grafik: Geringe Risikoneigung der Banken – Zinsdeckungsgrad <10 ist kritisch Durchschnittlicher Kreditzins 1,0% 1,5% 2,0% 2,5% 3,0% 3,5% 4,0% 4,5% 5,0% 5,5% 1.5x 2.0x 2.5x 3.0x 3.5x 4.0x 4.5x 5.0x 66,7 55,0 40,0 33,3 28,6 25,0 22,2 20,0 44,4 33,3 26,7 22,2 19,0 16,7 14,8 13,3 33,3 25,0 20,0 16,7 14,3 12,5 11,1 10,0 26,7 20,0 16,0 13,3 11,4 10,0 8,9 8,0 22,2 16,7 13,3 11,1 9,5 8,3 7,4 6,7 19,0 14,3 11,4 9,5 8,2 7,1 6,3 5,7 16,7 12,5 10,0 8,3 7,1 6,3 5,6 5,0 14,8 11,1 13,3 10,0 8,9 7,4 6,3 5,6 4,9 4,4 8,0 6,7 5,7 5,0 4,4 4,0 12,1 9,1 7,3 6,1 5,2 4,5 4,0 3,6 Quelle: BankM 2/2025 Unternehmeredition | 27