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Finanzierung in Zeiten der Krise

Deutschland trotzt dem Abschwung und ist nach wie vor im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ein Bollwerk gegen die Rezession. Die Auftragsbücher der meisten Familienunternehmen sind noch voll, das gilt besonders für Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe. Trotzdem erwarten auch die deutschen Familienunternehmen eine Zuspitzung der Eurokrise und damit einhergehend eine konjunkturelle Wachstumsdelle. Was bedeutet diese Situation für das Finanzierungsverhalten der Familienunternehmen?

Kosten senken, Eigenkapital stärken

Neben Maßnahmen zur Kostensenkung setzen Familienunternehmen vorrangig darauf, ihre Eigenkapitalausstattung „krisensicher“ zu gestalten. Bis vor wenigen Jahren hatte eine dicke Eigenkapitalpolsterung noch für Hohn und Spott gesorgt, den Unternehmern wurde gar nachgesagt, sie hätten keine Wachstumsideen mehr, weil sie horten, statt das Geld zu investieren. In der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise zeigte sich jedoch, dass sich eine hohe Eigenkapitalquote in gewisser Weise als Airbag erwiesen hat, der größere Schäden vermeidet. Darüber hinaus ist eine gute Eigenkapitalausstattung auch ein Garant für Unabhängigkeit, ein Wert, den gerade Familienunternehmen besonders schätzen. Und zu guter Letzt ist die Eigenkapitalquote für Kreditinstitute ein Parameter für die Bonität des Unternehmens und beeinflusst somit die unmittelbare Kreditvergabe.

Gesetzliche Rahmenbedingungen verbessern

Umso wichtiger ist es daher, auch von gesetzgeberischer Seite Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Stärkung des Eigenkapitals begünstigen. Hier zeigt eine Studie der Stiftung Familienunternehmen allerdings eine negative Tendenz: Im „Länderindex Familienunternehmen“, der die Rahmenbedingungen für Familienunternehmen in Deutschland mit denen von 18 OECD-Staaten vergleicht, werden fünf Sub-Indizes untersucht, darunter auch die Finanzierungsmöglichkeiten. So wird gemessen, wie gut die Unternehmen in den einzelnen Ländern mit Krediten versorgt werden. Des Weiteren fließen Indikatoren in die Berechnung des Index ein, welche die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe näher beschreiben. Insgesamt schneidet Deutschland zwar im internationalen Vergleich relativ gut ab, mit Position 9 von 18. Berücksichtigt man jedoch die Ergebnisse der Vorerhebung im Jahr 2008, so ist Deutschland um vier Rangplätze abgerutscht, da sich die Kreditversorgung und Finanzierungsbedingungen infolge der Finanzkrise drastisch verschlechtert hatten. Es besteht die Gefahr, dass sich diese Situation angesichts der verschärften Eigenkapitalanforderungen an die Banken im Rahmen von Basel III wiederholt.

Keine Kreditklemme, aber härtere Konditionen

Die „externe“ Hauptsäule der Unternehmensfinanzierung liegt nach wie vor bei der Bank. Dabei muss es sich nicht nur um eine Hausbank handeln, da gerade größere Familienunternehmen die Zusammenarbeit mit mehreren Finanzinstituten pflegen. Gleichzeitig steht die traditionelle Finanzierung über Bankkredite aufgrund der höheren Risikoprämien, die seitens der Banken im Zuge von Basel III gefordert werden, in begrenzterem Umfang oder zu verteuerten Konditionen zur Verfügung. Von einer Kreditklemme zu sprechen, wäre jedoch übertrieben. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die ausländischen Banken seit der Lehman-Pleite weitgehend vom deutschen Kreditmarkt zurückgezogen haben. Außerdem ist die IKB als maßgeblicher Langfristfinanzierer de facto ausgefallen und die Landesbanken müssen sich vorrangig der Reparatur ihrer eigenen Geschäftsmodelle widmen. Andere Banken sind zudem zu weiteren Bilanzverkürzungen gezwungen.

Anleihen als attraktive Alternative


BU: Die Bewertungen von Kapitalmarktexperten und Familienunternehmen über die Zukunftsfähigkeit der verschiedenen Finanzierungsquellen fallen sehr unterschiedlich aus.

Diversifizierung der Finanzierungsquellen

Gerade für größere Unternehmen, die Wachstumsphasen finanzieren wollen, ist Diversifizierung der Finanzierungsquellen auf lange Sicht unerlässlich. Eine aktuelle Studie der Stiftung Familienunternehmen zur „Kapitalmarktfähigkeit von Familienunternehmen“ zeigt, dass Familienunternehmen vor allem Anleihen als attraktiv einschätzen. Darauf hat sich der Markt eingerichtet. Sechs Börsen haben einen Platz für Mittelstandsanleihen etabliert. Stuttgart war in dieser Hinsicht „first mover“ mit Bondm. Auch der Schuldschein könnte laut der Studie zukünftig eine signifikante Bedeutung haben, denn er weist einige Charakteristika auf, die vielen Familienunternehmen entgegenkommen: weitgehend bekannter Investorenkreis, relativ geringe Vorbereitungszeit, schlanke Dokumentation sowie weniger restriktive Anforderungen an Rechnungslegung und Publizität.

Private Equity mit Zukunft

Die Diskussion um Private Equity wird sicherlich noch immer durch die Metapher der Heuschrecke überschattet. Tatsächlich gibt es einen grundsätzlichen unterschiedlichen Ansatz und eine grundverschiedene Kultur vieler Private-Equity-Investoren und Familienunternehmen. So sind Familienunternehmen an Langfristigkeit und Unabhängigkeit sowie auf den Erhalt eines Unternehmens ausgerichtet, welches sie an die nachfolgende Generation weitergeben. Viele Private-Equity-Investoren hingegen werden über kurzfristige Gewinnmaximierung und Renditeerwartungen von 20% wahrgenommen. Finanzbeteiligungen bei Boss, Märklin, Bavaria Yacht oder dem Autozulieferer Edscha sind nach wie vor präsent.
Trotzdem hat die Studie unserer Stiftung gezeigt, dass es bei Familienunternehmen durchaus gute Erfahrungen mit Private Equity gibt, insbesondere mit Private Equity als Minderheitsgesellschafter mit einer klaren Exit-Strategie. So wissen Familienunternehmer durchaus auch die Vorteile einer „Ehe auf Zeit“ zu schätzen: die Professionalisierung der Unternehmensführung, die Verbesserung der Kapitalstruktur, die externe Expertise zur Vorbereitung eines Börsengangs oder die Möglichkeit, bei Problemen im Gesellschafterkreis auf einen neutralen Gesellschafter als Moderator zugreifen zu können.

Fazit
Tatsächlich wird die komplette Klaviatur der Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung in Zukunft vermehrt bespielt werden. Sicherlich auch deshalb, weil zunehmend junge, weltoffene Unternehmernachfolger neuen Finanzierungsalternativen über den Kapitalmarkt aufgeschlossener gegenüberstehen, als es noch ihre Väter taten. Unbedingte Voraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung des Kapitalmarktes ist und bleibt die Bereitschaft zur Öffnung des Unternehmens und zur Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit ebenso wie die gezielte Kommunikation mit Investoren. Auch hier ist ein Umdenken der nachfolgenden Generationen festzustellen.


Zur Person
Stefan Heidbreder ist Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. Zu den Zielen der Stiftung zählen die Förderung des Austausches von Familienunternehmern, die Unterstützung von Forschungsaktivitäten und -institutionen sowie die Verbesserung der Wahrnehmung und Akzeptanz der Familienunternehmen in Politik und Öffentlichkeit. www.familienunternehmen.de

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