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Zeit für den Unternehmensverkauf

Vom Bauch ins Gehirn und wieder zurück – die Entscheidung, wann der optimale Zeitpunkt für den Unternehmensverkauf gekommen ist, fällt schwer. Eine generell gültige Regel gibt es nicht.

Die Frage nach dem optimalen Verkaufszeitpunkt wäre schon dann kaum zufriedenstellend zu beantworten, wenn sie ein Investmentbanker hinsichtlich einer spekulativen Aktien stellen würde. Noch ambitionierter erscheint der Versuch einer objektiven Beantwortung, wenn sie ein Unternehmer hinsichtlich seines selbst aufgebauten oder in Familientradition weiterentwickelten Lebenswerks stellt. Allerdings kann man bei systematischer Betrachtung vier Einflussfaktoren als Orientierungshilfe ausmachen.

Faktor I: „Will ich überhaupt?“

Diese sehr persönlich motivierte Entscheidung ist die Grundvoraussetzung für die Einleitung eines M&A-Prozesses und kann vielfältige Gründe haben. Immer aber ist es ein inneres Kämpfen und Ringen der Unternehmerseele.

Generell lässt sich festhalten, dass vor allem im deutschsprachigen Raum Firmeneigentümer besonders große persönliche Probleme haben, ihre Unternehmung zu verkaufen. Dem Unternehmensverkauf haftet, so glauben manche, irgendwie das Stigma des Versagens an, ja des Verrates an den Mitarbeitern.

Man kann aber auch einen anderen Standpunkt einnehmen. Der Unternehmensverkauf ist vielfach die einzig verantwortungsvolle Alternative, um die als Lebenswerk aufgebaute Firma auch künftig zu erhalten. Und auf die häufig gestellte Frage „Und was mache ich dann?“ gibt es eine ebenso eindeutige wie tröstliche Antwort: Unternehmer sind aktive Persönlichkeiten, sonst wären sie ja keine Unternehmer gewesen. Etwa ab der Pubertät ändert man seinen grundsätzlichen Charakter nicht mehr. Sie werden auch in Zukunft aktiv sein und ihre Zeit und ihr Leben erfüllen.

Ratsam bleibt, auch in Zeiten hoher unternehmerischer Freude und Energie auftauchende Opportunitäten wahrzunehmen. Ist das Unternehmen voller Potenzial, die Branche in einer preistreibenden Konsolidierungsphase und das gesamtwirtschaftliche Umfeld positiv, so sollte man möglicherweise diese einmalige Konstellation nutzen und den Unternehmensverkauf in die persönliche Lebensplanung mit aufnehmen.Vom Bauch ins Gehirn und wieder zurück – die Entscheidung, wann der optimale Zeitpunkt für den Unternehmensverkauf gekommen ist, fällt schwer. Eine generell gültige Regel gibt es nicht.

Faktor II: „Ist die Braut hübsch?“

Optimalerweise wird der Unternehmensverkauf zu einem Zeitpunkt eingeleitet, an dem die Zukunftsindikatoren des Unternehmens auf Aufschwung deuten. Investiert wird in die Zukunft – im Kopf des Investors müssen Fantasie und Vertrauen ausgelöst werden können. Das bisher erreichte und der Status-quo dienen lediglich der Plausibilisierung der Unternehmensplanung.

Neben den Zahlen kommt der Qualität des Managements eine entscheidende Bedeutung zu. Ein Unternehmen ist für Investoren dann am wertvollsten, wenn der übergebende Eigentümer es so gut wie freihändig führen kann, ohne allzu häufig das Steuer ergreifen zu müssen.

Insbesondere bei kleineren und mittelgroßen Unternehmen tritt im Zuge eines Unternehmensverkaufs oftmals eine interne Schwäche zutage, die sich stark wertmindernd auswirkt: nur rudimentär vorhandene Reporting- und Planungswerkzeuge, Führen nach Bauch statt nach Zahlen. In sich schlüssige, nachvollziehbare Unternehmensplanungen und detaillierte Controlling-Werkzeuge sind jedoch die beste Nahrung für den Vertrauensaufbau eines Käufers in das Unternehmenspotenzial.Vom Bauch ins Gehirn und wieder zurück – die Entscheidung, wann der optimale Zeitpunkt für den Unternehmensverkauf gekommen ist, fällt schwer. Eine generell gültige Regel gibt es nicht.

Faktor III: „Macht der Unternehmensverkauf strategisch Sinn?“

Entscheidenden Einfluss auf den erfolgreichen Unternehmensverkauf hat die aktuelle Branchenstruktur und -dynamik. So kann die durch die Globalisierung vorangetriebene Konzentration der Kundenstruktur das Unternehmen selbst zu kaum zu bewältigendem Wachstum zwingen, um bei den immer größer werdenden Projektausschreibungen noch mithalten zu können. Auch können technologische Neuerungen bisherige Geschäftsmodelle und Marktstrukturen völlig über den Haufen werfen. Dies geschieht oft in einer Geschwindigkeit, die eine rein organische Weiterentwicklung des Unternehmens sehr riskant erscheinen lässt.

Unternehmer müssen die Tendenzen innerhalb der eigenen Branche aufmerksam verfolgen, um das M&A-Zeitfenster nicht zu verpassen. Eines ist eindeutig zu beobachten: M&A-Zyklen beschleunigen sich, werden kürzer und heftiger. In der Regel kehrt eine M&A- oder Konzentrationswelle – also Zeiten hoher Abschlusswahrscheinlichkeiten und strategischer Preisprämien – nicht mehr in dasselbe Branchensegment zurück.Vom Bauch ins Gehirn und wieder zurück – die Entscheidung, wann der optimale Zeitpunkt für den Unternehmensverkauf gekommen ist, fällt schwer. Eine generell gültige Regel gibt es nicht.

Faktor IV: „Passt der Preis?“

Stark beeinflusst werden die Transaktionsaktivität und die Höhe der bezahlten Kaufpreise durch die aktuelle Verfügbarkeit von Kapital. Hiermit ist in erster Linie die Bereitschaft der Banken gemeint, bei Akquisitionsfinanzierungen mitzugehen. Aber auch der jeweils vorhandene Befüllungsgrad der Private-Equity-Fonds sowie die Ausstattung der Kriegskassen der strategischen Investoren sind entscheidend für einen Unternehmensverkauf.

Der Idealfall sieht so aus: Banken überbieten sich gegenseitig und finanzieren für den Investor einen Großteil des Kaufpreises. Finanzinvestoren stehen Schlange, haben hohe Kapitalvolumina zur Verfügung, die investiert werden müssen. Strategische Käufer nutzen ihre gute Kapitalausstattung zur Stärkung alter oder Eroberung neuer Geschäftsfelder. Im schlechtesten Fall verweigern die Fremdkapitalgeber jegliche auf Cashflow basierte, nicht über Vermögensgegenstände besicherbare Finanzierungen. Finanzinvestoren sind völlig mit der Restrukturierung ihrer bestehenden Portfoliounternehmen ausgelastet und Strategen halten ihr „Cash“ zusammen, da sie nicht wissen, ob das eigene Finanzpolster dick genug ist, um die Krise zu überstehen.

Fazit

Nur regelmäßiges Analysieren und Abwägen der vier Entscheidungsparameter ermöglicht eine systematische Eingrenzung des optimalen Zeitpunktes für den Unternehmensverkauf. Die Wolken am M&A-Markt lichten und verdichten sich in immer kürzeren Abständen. Akzeptiert man, dass die nächste M&A-Welle heftiger und schneller ausfallen wird, so ist es bereits heute Zeit, für lose Überlegungen zum Unternehmensverkauf eine konkrete Entscheidungsgrundlage zu formen.


Zur Person

(© Aquin & Cie. AG)

Martin Kanatschnig (mk@aquin-cie.com) ist Mitbegründer und Vorstand der Aquin & Cie. AG. Aquin ist ein auf mittelständische, eigentümergeführte Unternehmen spezialisiertes M&A-Beratungshaus. Das Team von Aquin setzt sich aus Unternehmern, M&A-Fachexperten und erfahrenen Industriemanagern zusammen. www.aquin-cie.com

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