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Wo Liquidität in Umsatzsteuer und Zöllen verborgen liegt

Importgeschäft: Auch Einfuhren aus Drittländern können steuerfrei sein.

Importgeschäft: Auch Einfuhren aus Drittländern können steuerfrei sein.

Umsatzsteuer- und Zolloptimierung sind häufig übersehene, aber effektive Mittel, die Liquidität zu steigern. Zwei Beispiele sind die regelmäßige Pflege des ERP-Systems sowie eine optimierte Lieferantenauswahl.

Das eigene Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)System ist, sofern gut gepflegt, ein effektives Tool zur Umsatzsteuerplanung. Alle für die Vorsteuerabzugserklärung relevanten Informationen laufen hier zusammen. Mit diesen Informationen kann der Einkauf die Löcher im ERP-System identifizieren, durch die unnötig Liquidität aus dem Unternehmen fließt. Diese vier Punkte sind dabei hilfreich:

 

  1. Überprüfung des ERP-Systems für Zwecke des Vorsteuerabzugs

Stellt ein Lieferant aus Deutschland eine Rechnung, ist im Regelfall die Umsatzsteuer als separater Bestandteil ausgewiesen. Das leistungsempfangende Unternehmen ist bei diesen Rechnungen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Anders nur, wenn die Wareneingänge des Lieferanten unzutreffend auf Konten ohne Vorsteuerabzugsrecht verbucht sind (etwa weil der Lieferant in den Lieferantenstammdaten als ausländischer Lieferant angelegt ist). Dann macht das leistungsempfangende Unternehmen regelmäßig keinen Vorsteuerabzug geltend. Aus diesem Grund empfiehlt sich eine Kontrolle des Eintrags im ERP-System. Sofern die Vorsteuer nicht erfasst ist, sind manuelle Korrekturen notwendig, damit das Finanzamt die Vorsteuer erstatten wird.

  1. Abzug von Einfuhrumsatzsteuer

Der Abzug von Einfuhrumsatzsteuer ist besonders fehleranfällig. Häufig wird die in Speditionsrechnungen enthaltene Einfuhrumsatzsteuer falsch gebucht. Bei Warentransaktionen aus dem Drittland muss deshalb ganz besonders auf den korrekten Abzug der Einfuhrumsatzsteuer geachtet werden. In vielen Fällen beauftragt der Käufer einen Spediteur mit der Abfertigung der Waren zum freien Verkehr. Der Spediteur bezahlt die Einfuhrumsatzsteuer in Vorkasse und belastet diese weiter an den Käufer. Häufig werden die vom Spediteur ausgehändigten Belege regelmäßig als gewöhnliche Lieferantenrechnung gebucht. Die weiterbelastete Einfuhrumsatzsteuer sowie zum Vorsteuerabzug berechtigende Einfuhrbelege werden dagegen übersehen. Deshalb sollte der Einkauf in diesen Fällen genau überprüfen, ob und inwieweit Abweichungen zwischen kalkulierter und gebuchter Einfuhrumsatzsteuer auftreten. Wenn diese Vorgänge fehlerhaft oder nicht auf dem Konto für Einfuhrumsatzsteuer gebucht sind, erfolgt grundsätzlich keine Erstattung. Gegebenenfalls sind Korrekturen der ERP-Daten notwendig.

  1. Überzahlungen

Ein regelmäßiger Abgleich von Bestell- und Rechnungsdaten ist essenziell für die korrekte Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der Umsatzsteuererklärung. Einerseits bietet er Möglichkeiten, Differenzen zwischen Wareneingang und gebuchten Rechnungen zu identifizieren. Andererseits werden doppelte Rechnungszahlungen vermieden, wenn das System gepflegt und auf dem aktuellen Stand gehalten wird. Unnötigen Abflüssen liquider Mittel wird so vorgebeugt.

  1. Anpassung der Steuerbemessungsgrundlage (Skonto)

Skontierung ist ein häufig genutztes Mittel, Anreize zur frühzeitigen Zahlung und damit schnelle Rückflüsse von liquiden Mitteln zu schaffen. Der Einkauf sollte darauf achten, dass die korrekte Steuerbemessungsgrundlage für den Vorsteuerabzug herangezogen wird. Beispiel:

Umsatzsteuer- und Zolloptimierung sind häufig übersehene, aber effektive Mittel, die Liquidität zu steigern. Zwei Beispiele sind die regelmäßige Pflege des ERP-Systems sowie eine optimierte Lieferantenauswahl.

Es wird eine Rechnung über 100 Euro an den Kunden gestellt. Hinzu kommen 19 Prozent Umsatzsteueranteil, entsprechend 19 Euro. Diese 19 Euro Umsatzsteuer werden an das Finanzamt bezahlt. Sind die Bedingungen für Skonto erfüllt und wird Skonto in Höhe von zwei Prozent gezogen, verringert sich der Rechnungsbetrag auf 98 Euro plus 18,62 Euro Umsatzsteueranteil. Das Unternehmen hat somit zu viel Umsatzsteuer an das Finanzamt bezahlt und kann eine Erstattung des Differenzbetrages verlangen. Die Buchung im ERP-System sowie der abgeführte Umsatzsteuerbetrag müssen korrigiert werden. Gleiches gilt, wenn die Rechnungen an den Kunden mehr als sechs Monate unbezahlt bleiben. In diesem Fall ist der Betrag uneinbringlich und kann bei der Umsatzsteuer angepasst werden.

Bestehende Strukturen hinterfragen: Optimierung der Lieferantenauswahl

Über das ERP-System hinaus gibt es einige Möglichkeiten, die Liquidität durch Optimierung von Zoll und Umsatzsteuer zu steigern. Ein Blick über die deutsche Grenze hinaus in den europäischen oder weltweiten Beschaffungsmarkt kann sich lohnen.

  1. Güterimport aus der EU

Werden Waren aus Deutschland bezogen, schuldet der Käufer dem Lieferanten zunächst 19 Prozent Umsatzsteuer, die grundsätzlich nach einem Monat als Vorsteuer vom Finanzamt rückerstattet wird. Sitzt der Lieferant nicht in Deutschland, sondern in einem anderen EU-Mitgliedstaat und liefert nach Deutschland, enthält die Rechnung des Lieferanten keine Umsatzsteuer. Innerhalb der EU bleiben Gütertransaktionen zunächst unversteuert. Insofern kann die Zusammenarbeit mit EU-Lieferanten eine attraktive Alternative darstellen.

  1. Güterimport aus dem Drittland

Das sogenannte Verfahren 42 ermöglicht eine Optimierung bei Einfuhr aus dem Drittland. Es besagt, dass die Einfuhr aus dem Drittland steuerfrei ist, sofern die Güter nach Import unverzüglich in einen anderen EU-Mitgliedstaat weitergeliefert werden. Das Verfahren muss beim Zoll im jeweiligen Einfuhrland angemeldet werden. Der Debitor gibt für die Verzollung seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (oder die eines Fiskalvertreters) sowie die des EU-Abnehmers an. Ein Nachweis dokumentiert, dass die Waren unionsintern genutzt werden. Im Rahmen des Verfahrens 42 ist die Einfuhr steuerfrei.

  1. EU-Dienstleistungsverkehr

Für die Umsatzsteuerentrichtung bei Dienstleistungen zwischen Unternehmen, die innerhalb der EU erbracht werden, wird das sogenannte Reverse Charge-Verfahren (Übertragung der Steuerschuld) angewandt. Das heißt, dass nicht das leistungserbringende Unternehmen, sondern das leistungsempfangende Unternehmen zur Abführung der relevanten Umsatzsteuer verpflichtet ist. Gleichzeitig ist das leistungsempfangende Unternehmen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug in gleicher Höhe berechtigt. Der Leistungserbringer stellt eine Rechnung über den Nettobetrag seiner Dienstleistung. Somit findet kein Abfluss liquider Mittel statt.

  1. Aufschubkonto

Im Normalfall sind Zoll und Einfuhrumsatzsteuer innerhalb von zehn Tagen nach Einfuhr zu zahlen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist alternativ eine Abwicklung über ein Aufschubkonto möglich. Ein Aufschubkonto dient dem Aufschub von geschuldeten Zahlungen für die Zollabfertigung. Die Zahlung erfolgt zeitverzögert und zusammengefasst für alle Importe, die im Zeitraum bis zum 16. Kalendertag des Folgemonats durchgeführt wurden. Somit kann die Zahlung bis zu dem Zeitpunkt verzögert werden, an dem die Einfuhrumsatzsteuer bereits als Vorsteuer rückerstattet worden ist (Erstattung als Vorsteuer erfolgt grundsätzlich zum zehnten Kalendertag des Folgemonats). So verlassen keine liquiden Mittel das Unternehmen.

Nicht jede vorgestellte Maßnahme ist für jedes Unternehmen gleich gut geeignet oder gleich sinnvoll. Eine Analyse der Stärken und Schwächen zeigt die geeigneten Mittel auf. So kann Schritt für Schritt auf ein optimales Ergebnis zur Optimierung der Zoll- und Umsatzsteuerbelastung hingearbeitet werden.


Zu den Personen

Florian Holzmann ist geschäftsführender Gesellschafter der Höveler Holzmann Consulting GmbH, Düsseldorf. Die Einkaufsberatung ist auf Einkaufs- und Supply Chain Management spezialisiert, unterstützt Unternehmen bei der Optimierung des Einkaufs sowie bei der Implementierung entsprechender Strukturen und Prozesse.

Florian.Holzmann@Hoeveler-Holzmann.com

Dr. Matthias Oldiges ist als Managing Associate in der auf Umsatzsteuer und Zollrecht spezialisierten Kanzlei Küffner Maunz Langer Zugmaier tätig. Er berät Einzelunternehmer, Mittelstandsunternehmen sowie DAX30-Unternehmen in allen Fragen des nationalen und internationalen Umsatzsteuer- und Zollrechts, insbesondere bei der steueroptimierten Gestaltung ihrer Geschäftsbereiche.

www.kmlz.de

 

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