Erbschaftsteuer: Keine Privilegien mehr

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat über die Zukunft der Erbschaftsteuer entschieden. Die Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen erachtet es als verfassungswidrig und in Teilen in Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 3 GG an. Das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) ist aber weiter anwendbar: Der Gesetzgeber muss eine Neuregelung bis zum 30.06.2016 schaffen.

Dabei kann die Neuregelung rückwirkend auf den 17.12.2014 gelten. Insofern besteht ab sofort keine Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen.

In der Urteilsbegründung sind mehrere Punkte herausgearbeitet worden, die bei einer Gesetzesänderung berücksichtigt werden müssen. So sind die Verschonungsregelungen im ErbStG als solche grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar, sie sind jedoch unverhältnismäßig bei größeren Unternehmen ohne eine entsprechende „Bedürfnisprüfung“. Bei kleineren und mittleren eigentümergeführten Unternehmen kann der Gesetzgeber allerdings steuerliche Begünstigungen erlauben, um deren Bestand zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. Auch eine Steuerverschonung von 100 Prozent ist hier verhältnismäßig.

Die bestehenden Verschonungsregelungen bei Familienunternehmen widersprechen demnach nicht dem Grundgesetz. Danach kann Firmen die Erbschaftsteuer zu 85 Prozent oder ganz erlassen werden, wenn sie auf fünf bzw. sieben Jahre hinweg die Löhne konstant halten. Die Rechtsform des Unternehmens ist gleichgültig. Das BVerfG hat ausdrücklich die Mindestbeteiligung von über 25 Prozent bei Kapitalgesellschaften und die generelle Begünstigung des Erwerbs von Anteilen an Personengesellschaften als gesetzeskonform bestätigt.

Gekippt wurde allerdings die Sonderbehandlung von kleinen Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern – das sind weit mehr als 90 Prozent aller Betriebe in Deutschland. Bisher konnten diese Unternehmen die steuerlichen Begünstigungen beanspruchen, obwohl der mit dem Nachweis und der Kontrolle der Mindestlohnsumme verbundene Verwaltungsaufwand überschaubar sei – moniert das BVerfG.

Die Regelungen über das Verwaltungsvermögen sind mit dem Grundgesetz ebenfalls nicht vereinbar. Zwar ist das Ziel des Gesetzgebers, produktives Vermögen zu fördern, legitim und angemessen. Dies gilt jedoch nicht, soweit begünstigtes Vermögen mit einem Anteil von bis zu 50 Prozent Verwaltungsvermögen insgesamt steuerlich privilegiert wird.

Damit können kleinere und mittlere Unternehmen aufatmen. Es wird sich bei diesen Unternehmen künftig wohl wenig ändern, größere Unternehmen müssen sich allerdings auf eine höhere Erbschaftsteuer einstellen.

In einer ersten Stellungnahme nach dem Urteilsspruch hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) klargestellt, dass im Gesetz nur das geändert werden soll, was das Verfassungsgericht verlangt hat.


Zur Person

Franz Xaver Ostermayer/Spitzweg PartnerschaftFranz Xaver Ostermayer ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der SPITZWEG Partnerschaft. Neben der Unternehmensnachfolge sind seine Schwerpunkte Sanierungen, Umstrukturierungen, betriebliche Altersvorsorge und Unternehmenstransaktionen. www.spitzweg.de

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Franz Xaver Ostermayer ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei der SPITZWEG Partnerschaft. Neben der Unternehmensnachfolge sind seine Schwerpunkte Sanierungen, Umstrukturierungen, betriebliche Altersvorsorge und Unternehmenstransaktionen.

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