Die Attraktivität des Forschungsstandorts Deutschland weiter verbessern

Der Forschungsstandort Deutschland zeichnet sich im internationalen Vergleich nach wie vor durch hohe Attraktivität aus. Ungeachtet dieser grundsätzlich positiven Einschätzung gibt es für die Politik noch einigen Handlungsbedarf, um die positive Wettbewerbsposition Deutschlands in Forschung und Innovation auch für die Zukunft zu erhalten.

Steuerliche FuE-Förderung endlich einführen

Die Expertenkommission hatte in ihren ersten Jahresgutachten 2008 und 2009 für die Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung plädiert, um langfristig und nachhaltig Anreize für FuE in Deutschland zu setzen. Ein besonderer Vorteil steuerlicher FuE-Förderung liegt – neben einem reduzierten Verwaltungsaufwand – vor allem darin, dass die Unternehmen die für sie aussichtsreichsten Forschungsvorhaben selbst auswählen, ohne sich nach den Vorgaben staatlicher Programme richten zu müssen. Das macht die steuerliche FuE-Förderung unbürokratisch und gerade für KMU attraktiv. Die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP angekündigte Einführung einer solchen Maßnahme lässt aber immer noch auf sich warten. Die Mehrheit der OECD- und der EU-Mitgliedstaaten hat längst eine explizite steuerliche FuE-Förderung eingeführt. Dabei setzen die Länder auf Steuergutschriften oder Steuerfreibeträge, deren Bemessung an die Höhe der FuE-Aufwendungen gekoppelt wird. In Europa hat sich die steuerliche FuE-Förderung längst zu einem wichtigen Faktor in der Standortkonkurrenz entwickelt. Ohne die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung besteht die Gefahr, dass Deutschland im Wettbewerb um forschungsintensive Unternehmen ins Hintertreffen gerät. Natürlich sollte nicht übersehen werden, dass steuerliche Maßnahmen auch immer ein gewisses Potenzial für Missbrauch in sich tragen. Wenn Unternehmen anfangen würden, in großem Stil Aktivitäten zu FuE umzudeklarieren, wäre das auf Dauer kontraproduktiv. Dem kann aber sehr wohl durch Ausgestaltung der Maßnahme und Betriebsprüfungen entgegengewirkt werden.

Finanzierung innovativer Unternehmen erleichtern

Die Finanzierung von innovativen Unternehmensgründungen stellt ebenso wie eine mögliche spätere Übernahme solcher Unternehmen durch strategische Käufer einen wichtigen Mechanismus für den Technologietransfer dar. Besonders große Bedeutung kommt dem Markt für privates Wagniskapital zu. Der deutsche Wagniskapitalmarkt ist allerdings im internationalen Vergleich immer noch unterentwickelt. Dies liegt unter anderem an der Unsicherheit bezüglich der Einordnung der Tätigkeit von Wagniskapitalgesellschaften als vermögensverwaltend oder gewerbetreibend. Die Bundesregierung sollte hier klare gesetzliche Regelungen schaffen. Ein weiteres gravierendes Problem stellt die Handhabung von Verlustvorträgen dar. Nach der aktuellen Rechtslage können die in der Gründungsphase des Unternehmens auftretenden Verluste bei Veräußerung nur teilweise mit späteren Gewinnen verrechnet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn weitere Kapitalgeber in das Unternehmen investieren oder die Kapitalgeber ihre Anteile schließlich verkaufen. Die Hoffnung auf eine spätere profitable Übernahme einer Gründung liefert den Kapitalgebern allerdings oft erst die Motivation für die Investition in ein junges Unternehmen. Beschränkungen der Verlustverrechnung sind vom Gesetzgeber eingeführt worden, um Steuereinnahmen zu verstetigen. Der Kollateralschaden für Unternehmensgründungen und KMU wird bei solchen Maßnahmen gern vergessen.

Fachkräftemangel durch Mobilisierung der „stillen Reserve“ bekämpfen

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sollte es Ziel der Politik sein, die umfangreiche „stille Reserve“ im deutschen Arbeitsmarkt zu mobilisieren. Diese umfasst neben älteren Personen und Migranten vor allem Frauen, deren Erwerbsbeteiligung in Deutschland, verglichen mit anderen industrialisierten Ländern, nach wie vor gering ausgeprägt ist. Frauen muss nachdrücklicher vermittelt werden, dass sie auch mit Kindern in der Arbeitswelt willkommen sind und gebraucht werden. Leider verursachen aber steuerliche Regelungen wie das Ehegattensplitting, das beim Steuerabzug vom Lohn den geringer verdienenden Ehepartner schlechter stellt, einen negativen Anreiz, einer Beschäftigung nachzugehen. Gleiches gilt für das geplante Betreuungsgeld. Staatliche Leistungen, die einen Anreiz vornehmlich für Frauen schaffen, dem Arbeitsmarkt fernzubleiben, wirken sich mittel- und langfristig somit schädlich auf den Innovationsstandort Deutschland aus und sollten überdacht werden.

Autorenprofil

Prof. Dietmar Harhoff, Ph. D.
Dietmar Harhoff ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München (www.uni-muenchen.de). Seit 2007 leitet er die von der Bundesregierung berufene Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) (www.e-fi.de). Die EFI leistet wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung und legt dieser einmal jährlich ein Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. www.e-fi.de

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