Wer spricht?

Seit der Einführung des ESUG im März 2012 gewinnt die Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument stetig an Bedeutung. Auch wenn sie – gemessen an der Gesamtzahl von Insolvenzen – bundesweit noch relativ verhalten Anwendung findet, gehen mit ihr verschiedene Neuerungen einher, die in den vergangenen Jahren in aller Breite diskutiert wurden. Eine davon betrifft die Rollenverteilung – und die Kommunikation.

Die Frage, wie Kommunikationsprozesse ablaufen und wer in der Eigenverwaltung maßgeblich nach innen und außen kommuniziert, wurde allerdings bisher kaum thematisiert. Während es in einem Regelinsolvenzverfahren hauptsächlich der vom Amtsgericht bestellte (vorläufige) Insolvenzverwalter ist, der die Sprecherfunktion übernimmt, stellt sich die Situation in der Eigenverwaltung differenzierter dar.

Akteure in der Eigenverwaltung

Die Eigenverwaltung bietet einer Geschäftsführung oder einem Vorstand die Möglichkeit, die zur Restrukturierung und Sanierung eines Unternehmens erforderlichen Maßnahmen gezielt in Eigenregie zu erarbeiten und umzusetzen. Durch die gerichtliche Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung bleibt die Leitung des Unternehmens weiterhin in ihren Händen. In Insolvenzsachen erfahrene Berater unterstützen die Verantwortlichen als Restrukturierungsverantwortliche oder als Chief Restructuring Officer (CRO) im Organ bei der Entwicklung des Restrukturierungs- und Sanierungsplans sowie der Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen. Ein vom Gericht eingesetzter (vorläufiger) Sachwalter wird die Geschäftsführung im Eigenverwaltungsverfahren überwachen und kontrollieren, dass der insolvenzrechtliche Rahmen eingehalten wird und die Gläubigerinteressen gewahrt bleiben.

Diese drei zentralen Figuren – Geschäftsführer, Restrukturierungsberater sowie Sachwalter – werden in den nächsten Monaten maßgebliche Aufgaben im Prozess übernehmen. Aber wer von diesen drei wird der Kommunikator nach außen sein? Wer spricht mit den Mitarbeitern, den Lieferanten, den Kunden, den Banken?

Erfahrungen aus der Praxis

Grundsätzlich ist es von der jeweiligen Situation und davon abhängig, wie jeder der Akteure seine eigene Rolle definiert. In der Praxis sind hierbei ganz verschiedene Konstellationen zu beobachten: Beispielsweise die des starken Geschäftsführenden Gesellschafters, der mit Selbstbewusstsein voranschreitet und sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lässt. Für ihn ist es wichtig, Präsenz zu zeigen und auch für die Zukunft des Unternehmens zu stehen. Ein Geschäftsführer, dem die derzeitige Lage peinlich ist und sich weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückzieht, lässt seine Restrukturierungsfachleute schalten und walten. Er ist dankbar, die Kommunikationsrolle in der schwierigen Situation abgeben zu können. Auch gibt es die Rolle des starken Sachwalters, der sich öffentlich zu den Sanierungschancen des Unternehmens äußert. Wiederum andere Sachwalter halten sich eher zurück und lassen der Geschäftsführung und ihren Beratern das kommunikative Feld – vielleicht ganz bewusst, um die Situation in Ruhe zu bewerten.

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