Nachfolger gesucht … aber bitte (nicht ganz so) plötzlich!

Gar nicht so selten: Viele Mittelstandsunternehmen scheitern wegen unvorbereiteter Nachfolge

In den letzten Jahren zeigt sich der Trend, dass sich die Unternehmensinhaber ganz bewusst für eine externe Nachfolgeregelung entscheiden.
© Jean Kobben - stock.adobe.com

In den letzten Jahren zeigt sich zunehmend der Trend, dass sich die Unternehmensinhaber ganz bewusst für eine externe Nachfolgeregelung entscheiden. Nach aktuellen Umfragen der Kreditanstalt für Wiederaufbau wünscht sich nur noch nahezu jeder zweite mittelständische Unternehmer eine Nachfolge durch die eigenen Nachkommen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zunehmend haben die erwachsenen Kinder konträre berufliche Interessen oder es fehlt ihnen an der notwendigen Qualifikation. 

Früher war es eine Selbstverständlichkeit, dass die Sprösslinge das Familienunternehmen übernahmen. Die Frage, wer der richtige Nachfolger ist, stellte sich gar nicht erst. Unternehmen wurden von Generation zu Generation innerhalb der Familie weitergegeben, um die Werte und Traditionen der Firma im Sinne des Gründers fortzuführen. Doch die traditionelle Nachfolgeregelung wird immer mehr in Frage gestellt – ein Umdenken ist gefordert.

So stellt der altersbedingte Rückzug des Gründers aus dem Unternehmen den Mittelstand vor zahlreiche Herausforderungen. Dabei darf eine der wichtigsten unternehmerischen Entscheidungen nicht aus dem Auge verloren werden: „Heute schon an morgen denken“, lautet nämlich die Devise für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe. Lässt der Unternehmer dies außer Acht, ist das Scheitern nahezu vorprogrammiert.

Erfolg durch vorausschauende Planung

Doch was müssen Unternehmer beim Nachfolgeprozess berücksichtigen? Und wie kann sichergestellt werden, dass das Lebenswerk auch nach dem Rücktritt nachhaltig weitergeführt wird? Gedanken, denen sich laut einem aktuellen DIHK-Report bis Ende 2021 rund 152.000 Unternehmer stellen müssen: sie sind nämlich mittendrin, auf der Suche nach einem passenden Nachfolger. Und zudem gut beraten, sich schnellstmöglich professionelle Unterstützung ins Management Board zu holen. Denn wie das Institut für Mittelstandsforschung Bonn erst kürzlich veröffentlichte, blieben in den vergangenen vier Jahren rund 25.000 Unternehmen auf der Strecke, weil der Betriebsübergang zum Nachfolger oder der Nachfolgerin scheiterte.

Frühzeitige Planung und gute Vorbereitung sind A und O

Solche kritischen Situationen lassen sich vermeiden, wenn durch frühzeitige Planung die unterschiedlichen Dimensionen der Nachfolgelösung rechtzeitig ins Visier genommen werden. Unternehmer sollten drei bis fünf Jahre vor dem geplanten Verkauf mit den entsprechenden Vorbereitungen beginnen. Dabei geht es nicht nur um die Fragen, wann der bisherige geschäftsführende Gesellschafter loslässt und wer anschließend das Ruder übernimmt. Es gilt auch, eine Rolle für den Senior-Unternehmer zu finden, mit der er selbst, aber auch seine Nachfolger zufrieden sind. Neben der Koordinierung der unternehmerischen und gesellschaftsrechtlichen Aspekte muss das Unternehmen außerdem auch organisatorisch vorbereitet werden, damit kein Entscheidungsvakuum entsteht. Bestandteil der Überlegungen sollte deshalb nicht zuletzt sein, wie ein möglicher Verkaufserlös angelegt werden kann. Durch diese vorausschauende Planung können ungewollte Risiken minimiert und die sorgfältige, strukturierte Organisation der Nachfolge gewährleistet werden.

Umdenken: Die Kunst des Loslassens

Der emotionale Umgang mit der eigenen Nachfolge hingegen ist nicht einfach. Unabhängig davon, ob es die eigene Lust am Unternehmertum ist, die Geschäftsführer noch bis ins hohe Alter hinein eine Nachfolge immer weiter in die Zukunft schieben lässt, oder die mangelnde Perspektive, weil der Nachwuchs zu jung oder noch unqualifiziert erscheint − allzu häufig müssen Unternehmen und Unternehmer völlig unvorbereitet in die Suche gehen. Und dann wird es besonders schwierig: Jeder fünfte Unternehmer, der in diesem oder dem kommenden Jahr eine Nachfolge benötigt, geht laut KfW-Mittelstandspanel davon aus, dass er das Unternehmen wohl wird schließen müssen.

Die Gründe hierfür sind unterschiedlich: Oft werden mögliche Käufer von den häufig auf den Senior zugeschnittenen Strukturen im Unternehmen abgeschreckt oder nehmen hohe Bewertungsabschläge vor. Manchmal fehlt auch eine starke zweite Führungsebene, notwendige Investitionen wurden verschleppt (z.B. in die Digitalisierung) oder Modernisierungen im Geschäftsmodell blieben viel zu lange aus. Die wichtigsten Kunden und Lieferanten hängen am geschäftsführenden Gesellschafter und das Zahlenwerk des Unternehmens versteht − außer ihm − auch bis heute niemand. Bei derart strukturierten Unternehmen sind den potenziellen Käufern die Risiken oft deutlich zu groß.

Ein weiteres Problem: Dem Unternehmer selbst fehlt häufig die Einsicht, die nötige objektive Distanz, um fundamentale Schwächen seines häufig jahrzehntelang erfolgreichen Unternehmens zu erkennen. Und selbst wenn er weiß, dass dadurch ein Verkauf massiv erschwert wird, verfügt er häufig nicht über die Möglichkeiten, langjährig eingespielte Verhaltensmuster bei sich selbst und Dritten noch zu ändern.

Nachfolgemodelle werden vielfältiger

Trotzdem müssen solche Unternehmen nicht unter Marktwert verkauft werden: Spezielle Nachfolgekonzepte können Unternehmen gezielt auch in nicht vorbereiteter Nachfolgesituation unterstützen.

In Deutschland werden die Nachfolgemodelle demnach immer vielfältiger, und das sorgt wiederum für ein größeres Spektrum an Möglichkeiten und für mehr Entscheidungsspielraum: Unternehmer können gezielt entscheiden, ob sie sich mittels Komplettverkauf gänzlich aus dem Unternehmen zurückziehen oder beispielsweise im Zuge einer Minderheitsbeteiligung vorerst weiter am Unternehmen beteiligt bleiben. Aber auch ein Verkauf an das bestehende Managementteam und somit an Unternehmensvertraute, die die internen Prozesse kennen und sich mit dem Unternehmen identifizieren, ist eine Möglichkeit, um die nachhaltige Fortführung der Geschäfte im Sinne des Gründers sicherzustellen.

FAZIT

Unternehmensübergaben sind unabhängig von der Art der Nachfolgeregelung oftmals mit großen Herausforderungen verbunden. Wichtige Faktoren – wie das Optimum aus Verkaufserlös, kultureller Übereinstimmung und operativer Unterstützung – müssen bei der Wahl des richtigen Partners berücksichtigt und Lösungen gefunden werden, die einerseits die derzeitige wirtschaftliche Situation des Unternehmens widerspiegeln und andererseits eine nachhaltige Weiterführung des Lebenswerks im Sinne des Gründers sicherstellen.


Fakten:

– Aufgrund mangelnder Nachfolge könnten in den nächsten Jahren rund 450.000 mittelständische Unternehmen den Markt verlassen.

– Rund 152.000 Unternehmer sind bis Ende 2021 auf der Suche nach einem Nachfolger.

– Jeder fünfte Unternehmer, der in Kürze einen Nachfolger benötigt, geht von einer Schließung des Unternehmens aus.

– 25.000 Unternehmen scheiterten in den letzten vier Jahren auf Grund mangelnder Nachfolge.

– Nur noch knapp jeder zweite mittelständische Unternehmer wünscht sich eine Nachfolge durch die eigenen Nachkommen.

Autorenprofil
Christian Futterlieb

Christian Futterlieb ist Managing Partner und Geschäftsführer bei der Frank­furter Beteiligungsgesellschaft VR Equitypartner. In dieser Rolle verantwortet er die Akquisition und Wertsteigerung von Direkt­beteiligungen sowie Mezzanin­finanzierungen. Zudem begleitete er zahlreiche Investments und Zukäufe und betreut die Weiterentwicklung diverser Portfoliounternehmen.

Vorheriger ArtikelUnternehmerTUM eröffnet MakerSpace im Munich Urban Colab
Nächster ArtikelBayBG mit Rekord bei den Neuinvestments