„Durch Krisen ergeben sich immer neue Chancen“

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Die Gesco AG ist ein langfristig orientierter Investor, der sich auf Beteiligungen im produzierenden Mittelstand fokussiert hat. Strategisches Ziel ist es, Unternehmen mit Potenzial zu Marktführern zu machen. 

Unternehmeredition: Gesco hat ein hervorragendes erstes Halbjahr 2022 verzeichnet. Wie passt das zu der ­gesamtwirtschaftlich schwierigen ­Lage?

Daniel Kral: Diese Entwicklung haben wir wesentlich unserer seit 2018 umgesetzten Next-Level-Strategie zu verdanken. Ziel war es, alle Gesellschaften durch Effizienzprogramme so aufzustellen, dass sie auf sich verändernde Marktbedingungen schneller reagieren. Im Zuge der neuen Strategie haben­ wir 2020/2021 auch sieben unserer damaligen 18 Unternehmen verkauft und damit unsere Abhängigkeit vom Automotive-Sektor erheblich verringert. Gleichzeitig sind wir mit unseren ­Unternehmen in Wachstumsbranchen tätig, etwa mit unseren Edelstahlunternehmen, die von der günstigen Situation­ in der Pharma- und Biotechnologie­branche profitieren.

Wo liegt der Investitionsfokus?

Wir haben keinen strategischen Branchenfokus. Wir investieren weiterhin in den produzierenden deutschen Mittelstand. Ziel ist es, künftige Markt­führer aufzubauen. Dabei adressieren wir mit unseren Unternehmen so unter­schiedliche Geschäftsfelder wie Verladetechnik bei Energieträgern über Hochdruckrohre zur Filtration von Flüssigkeiten und Gasen bis hin zu Plastikersatzprodukten. Unser Anspruch an unsere Unternehmen ist es, dass sie sich kontinuierlich weiterentwickeln. Dafür braucht es ein agiles Management und eine Führungsriege, die bereit ist, sich mit neuen Ideen auseinanderzusetzen, und Spaß am Unternehmenserfolg hat. Daher liegt unser Investitionsfokus auf soliden Unternehmen, die sich darauf einlassen wollen, mit unserer Unterstützung auf ein höheres Leistungsniveau gehoben zu werden und damit marktführende Positionen einzunehmen.

Was ist die strategische Grundausrichtung?

Wir erwerben Unternehmen nicht mit dem Ziel, sie zu veräußern. Wir sind heute ein viel aktiverer Investor, als wir es früher waren. Dennoch verfolgen wir nach wie vor eine Langfriststrategie. Viele unserer Unternehmen halten wir als Mehrheitseigentümer oder alleiniger Eigentümer über einen sehr langen Zeitraum. Grundsätzlich haben wir keine Exitstrategie. Nur wenn wir zu der Überzeugung kommen, nicht mehr der richtige Gesellschafter zu sein, würden wir uns von Beteiligungen trennen. Die Langfristigkeit unserer Investments ist für einige Unternehmer das wichtigste Argument, sich für uns zu entscheiden, da sie ihr Unternehmen in gute Hände geben wollen.

Die Unternehmensbewertungen sinken. Ergeben sich Kaufgelegenheiten?

Für uns ergeben sich Chancen, wenn die Bewertungen vor dem Hintergrund der Zinswende zurückkommen – denn als Langfristinvestor sind wir für viele Unternehmer attraktiv, auch, weil wir aus der Holding heraus finanzieren und die Unternehmen nicht finanziell belasten. Zugute kommt uns zudem, dass die Banken bei Finanzierungen vorsichtiger geworden sind. Wir streben in der Gruppe eine nachhaltige EBIT-Marge von 8% bis 10% an. Gerne schauen wir uns Unternehmen an, die dies noch nicht erreichen, aber dazu nach unserer Auffassung in der Lage wären. Bei solchen suboptimal aufgestellten Unternehmen sehen wir eher vertretbare Kaufpreisvorstellungen als bei optimierten, deren Bewertungen häufig sehr ambitioniert sind.

Welche Unternehmensgrößen haben Sie im Blick?

Heute investieren wir eher in größere Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz zwischen 20 Mio. und 100 Mio. EUR. Bei Add-on-Akquisitionen sind wir auch aktiver als früher, da liegt die Untergrenze bei etwa 5 Mio. EUR ­Umsatz. Momentan haben wir zehn ­direkte Beteiligungen. Ende 2025 wollen wir 15 Beteiligungen haben, bestehend aus drei Anker- und zwölf Basisbeteiligungen, und mit ihnen insgesamt circa 1 Mrd. EUR Umsatz machen.


ZUR PERSON

Daniel Kral,

Head of M&A,

Gesco AG

kral@gesco.de

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