Transaktionsberatung im Wandel

Das makroökonomische Umfeld sowie die Rahmenbedingungen auf den Kapitalmärkten haben sich im letzten Jahrzehnt stark verändert. Die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 ff. führte zu einem erheblichen Vertrauensverlust der Kapitalmärkte und einer allgemeinen Kreditknappheit. Trotz der unerwartet schnellen Erholung der Realwirtschaft bleiben Kapitalgeber aufgrund der Eurokrise und der anhaltenden Unsicherheiten auf den Kapitalmärkten deutlich restriktiver und selektiver. Dies hat zur Folge, dass sowohl die Anzahl M&A-Transaktionen als auch das Volumen emittierter Finanzierungen weit unter dem Vorkrisenniveau liegen. Zudem verändern diese Rahmenbedingungen zunehmend die Geschäftsmodelle von Finanzinvestoren/Private-Equity-Investoren („PE“) und damit auch die Anforderungen an Transaktionsberater.

Zwar ist eine umfassende und allgemeine Charakterisierung des Transaktionsmarktes schwierig, dennoch sind einige grundsätzliche Eigenschaften zu erkennen.

Transaktionen und Transaktionsberatung im Zeitalter des PE-Booms bis 2007


Während der Boomphase der PE-Aktivitäten in der Zeit von 2004 bis 2007 herrscht euphorische Stimmung am Markt. Transaktionen unter Beteiligung von Finanzinvestoren sind geprägt durch strukturierte, kompetitive Auktionsprozesse sowie liquide und teilweise risikofreudige Kreditmärkte. Die Fähigkeit, überdurchschnittlich schnell im Transaktionsprozess zu agieren, ist neben einem aggressiven Kaufpreis Kernwettbewerbsfaktor für PE. Das Leveraged Buy-out (LBO)-Geschäftsmodell eines Großteils der PE – basierend auf der Nutzung von Arbitragemöglichkeiten an Kapitalmärkten – ist zu dieser Zeit Standard und führt oft zu hohen Kaufpreisen mit der Konsequenz hoher Verschuldungsgrade in den gekauften Unternehmen. Auch die Transaktionsberatung boomt in dieser Zeit. Große Beraterteams verarbeiten und analysieren unter Hochdruck große Datenmengen. Die Financial Due Diligence-Berichte dienen hauptsächlich der Information finanzierender Banken. Sie sind tendenziell sehr umfangreich, oft deskriptiv gehalten und vergangenheitsorientiert. Die wesentlichen Geschäftstreiber der historischen und erwarteten Entwicklung, insbesondere Planannahmen, werden lediglich allgemein analysiert und bewertet. Einschätzungen zu geplanten operativen Maßnahmen und Verbesserungspotenzialen sind im Rahmen der Financial Due Diligence von untergeordneter Bedeutung.


Der Transaktionsmarkt im Umbruch – neue Anforderungen an Finanzinvestoren


Mit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise haben sich die Wettbewerbspositionen der PE ebenso wie die der strategischen Investoren verändert. Weiterhin haben sich die wertbildenden Faktoren auf dem Transaktionsmarkt verschoben. Viele Unternehmen sind gestärkt aus der Krise hervorgegangen, haben strukturelle Anpassungen vorgenommen und sind auf Expansionskurs. Diese potenziellen strategischen Investoren haben zudem erhebliche Liquiditätspolster angesammelt und sind unabhängiger von externen Bankenfinanzierungen. Finanzinvestoren dagegen sehen sich selektiven und risikoaversen Kreditgebern gegenüber. Viele Portfoliounternehmen der PE kämpfen mit aus heutiger Sicht überteuerten Kaufpreisen und damit einer hohen Finanzierungslast. Im Ergebnis kommt dadurch das klassische PE-Geschäftsmodell an seine Grenzen. Risikoadäquate Renditeanforderungen sind durch „Financial Reengineering“ meist nicht mehr erreichbar. In Zukunft ist davon auszugehen, dass sich PE-Investoren deutlich mehr einem aktiven Portfoliomanagement widmen müssen, um adäquate Renditen zu erzielen. Die Definition und Umsetzung von Expansionsstrategien, Effizienzsteigerungen sowie Buy-and-Build-Strategien entscheidet künftig über den Erfolg von Investitionen.


Abb. 1: Emittierte Senior-Loan-Volumina in Europa. Quelle: Standard & Poor’s

Der moderne Financial Due Diligence-Berater
Der Due-Diligence-Berater hat sich neuen Herausforderungen zu stellen. Potenzielle Investoren involvieren heutzutage Due-Diligence-Berater zu einem späteren Zeitpunkt des Transaktionsprozesses. Zudem sind Transaktionsprozesse öfter unterbrochen. Dies erfordert seitens des Beraters hohe Flexibilität. Er muss in der Lage sein, extrem schnell die wichtigsten, transaktionsrelevanten Themen zu identifizieren und bewerten. Seniorität und Qualität sind entscheidend.

Zahlenverständnis trifft Operational Excellence


Das veränderte Geschäftsmodell der Finanzinvestoren stellt an die Beraterteams erhöhte Anforderungen hinsichtlich ihres wirklichen operativen Verständnisses und Branchen-Know-hows. Nur so ist gewährleistet, dass die Analyse der für die Preisfindung essenziellen Parameter des „Current Tradings“ und des Businessplans qualitativ hochwertig erfolgen. Geplante operative Verbesserungsmaßnahmen sind vom Berater bereits in der Ankaufphase einzuschätzen sowie zusätzliche Optionen zur Wertsteigerung aufzuzeigen. Dadurch schafft er echten Mehrwert für die PE. Im Idealfall wird das Financial Due Diligence-Team unterstützt durch operative Experten, die im Zusammenspiel Potenziale quantifizieren und in einen konkreten Umsetzungsplan zusammenfassen. Den höchsten Wertbeitrag bringt der Due-Diligence-Berater dann, wenn er in der Lage ist, mit seinem Team nicht nur die Potenziale aufzuzeigen, sondern auch mitverantwortlich bei der Umsetzung helfen kann.

Strategische Investoren


Strategische Investoren treten heute am Markt in vielen Fällen als wettbewerbsfähige Alternative zu PE auf. Sie haben zum Teil anders ausgerichtete Informationsbedürfnisse. Hier stehen neben den bilanziellen Auswirkungen der Transaktion auf den eigenen Jahresabschluss potenzielle Synergieeffekte und Integrationsstrategien im Mittelpunkt. Die Financial Due Diligence erfolgt oft in Zusammenarbeit mit den eigenen Experten des Investors und anderen Beratern. Hier ist Transaktionserfahrung gepaart mit exzellentem Industrie-Know-how entscheidend für den Wertbeitrag des Beraters.

Fazit:
Die Transaktionsberatung muss sich den Herausforderungen des veränderten Transaktionsmarktes stellen. Unabdingbare Voraussetzung für einen Transaktionsberater sind und bleiben Vertrauen und Qualität. Er muss heute aber auch in der Lage sein, konkrete Aussagen und Einschätzungen zu operativen Potenzialen und damit zur Generierung von Mehrwert für den Käufer zu geben. Dies gelingt nur, wenn die Financial Due Diligence erweitert wird durch ein tiefes und fundiertes operatives Verständnis des Geschäfts und der Branche der Zielgesellschaft. Die Verbindung der Kernkompetenz „Zahlenwelt“ mit operativem Know-how garantiert genau diesen gewünschten Erfolg. Abgestimmt mit den Bedürfnissen des Kunden kann dies durch „Coaching“ des Financial Due Diligence-Teams im Hintergrund bis hin zu einer integrierten Financial und Operativen Due Diligence geschehen.

Autorenprofil

Jürgen Zapf ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei der A&M GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und verantwortet dort die Transaction Advisory Group (TAG). Alvarez & Marsal ist spezialisiert auf die Restrukturierung von Unternehmen, Sanierungsberatung, Interimsmanagement, Transaktionsberatung sowie auf die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität. Die Transaction Advisory Group (TAG) arbeitet in allen Bereichen des Transaktionszyklus mit Private-Equity- und Hedgefonds sowie Übernahmeinteressenten zusammen und übernimmt u.a. die Due Diligence, die Entwicklung von Übernahmestrategien, Exit-Readiness-Projekte sowie die Merger Integration. www.alvarezandmarsal.de

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