Strategische Freiheitsgrade durch finanzielle Restrukturierung

Chancen jetzt gekonnt nutzen

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Die aktuellen Marktgegebenheiten sind vielseitig und herausfordernd: Material- und Energiepreisentwicklungen, Lieferengpässe oder unterbrochene Lieferketten führen bei vielen Unternehmen zu starkem Druck auf Margen, erhöhten Vorratsbeständen und Außenständen. Der Kapitalbedarf für das laufende Geschäft steigt somit deutlich. Hinzu kommt: Unternehmen müssen sich mit der Zukunftsfähigkeit und der Transformation ihres Geschäftsmodells beschäftigen. Parallel erschweren verschärfte regulatorische Anforderungen hinsichtlich der sogenannten Non-Performing-Loans die Finanzierungsbedingungen. Damit sinkt das Interesse der Banken ein Sanierungsengagement länger zu begleiten.

Die notwendige operative Restrukturierung eines Unternehmens sollte deshalb von einer finanziellen Restrukturierung begleitet werden. Mit der vollen Ausschöpfung der Potentiale beider Restrukturierungsansätze wird die Basis für einen nachhaltigen Turnaround geschaffen. Dies öffnet die Handlungsspielräume des Unternehmens für die strategische Weiterentwicklung.

Fokussierung auf refinanzierungsfähige Verschuldungsrelationen

Finanzielle Restrukturierungsmaßnahmen haben die Wiederherstellung gesunder und refinanzierungsfähiger Verschuldungsrelationen im Fokus. Wesentlich hierbei ist eine solide Eigenkapitalausstattung (Eigenkapitalquote mindestens 30%) sowie ein gesundes und resilientes Verhältnis von Fremdkapital zu EBITDA (Verschuldungsdauer kleiner 3).

Mithilfe finanzieller Restrukturierungsmaßnahmen eröffnen sich finanzielle Spielräume, die unter anderem für hohe Investitionsbedarfe oder temporäre Ergebnisbelastungen im Rahmen der operativen Restrukturierung und strategischen Neuausrichtung benötigt werden. Sie bilden damit die Grundlage für erfolgreiche und nachhaltige Restrukturierungen.

Vielfältiger Instrumentenkasten und vielfältige Finanzierungspartner

Die Stärkung der Passivseite für den Finanzierungsprozess kann durch den Einsatz einer Vielzahl außergerichtlicher Instrumente der finanziellen Restrukturierung wie beispielsweise Debt-to-Equity-Swaps, Mezzaninefinanzierung, Forderungsverzicht, Hebung stiller Reserven und einige mehr erreicht werden. Die Nutzung der Instrumente kann auch in gerichtlichen Verfahren oder im StaRUG helfen, wenn konsensuale Lösungen blockiert sind – sei es aus rationalen oder emotionalen Gründen.

Es ist seit längerem zu beobachten, dass die Anzahl und das Volumen an nicht bankengetriebenen Finanzierungen deutlich steigen. Denn: Sie unterliegen nicht den strengen Auflagen der Bankenaufsichten und bieten somit eine höhere Flexibilität bei den bekannten Restrukturierungsmaßnahmen. Wer also in Zukunft stabile Finanzierungsstrukturen erreichen will, wird voraussichtlich bei anstehenden Refinanzierungen auch neuen Stakeholdern gegenüberstehen.

Fazit: Finanzielle Restrukturierung erhöht die unternehmerische Handlungsfähigkeit

Ist die unternehmerische Handlungsfähigkeit bereits durch die aktuelle Finanzierungsstruktur und fehlende Refinanzierungsfähigkeit beschränkt? Können notwendige operative Restrukturierungsmaßnahmen nicht auf den Weg gebracht werden? Kann die gewünschte strategische Neuausrichtung nicht vollumfänglich umgesetzt werden? Können diese Fragen mit Ja beantwortet werden, besteht akuter Handlungsbedarf und Lösungsansätze sollten diskutiert werden. Denn: Eine fundierte Bewertung und Umsetzung der Instrumente der finanziellen Restrukturierung hilft, die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells abzusichern und ermöglicht den Unternehmen die volle Konzentration auf die Entwicklung des Geschäftes.

Welches Instrument der finanziellen Restrukturierung am besten geeignet ist? Auch wenn es nicht den „einen“ Weg gibt, da die Wahl des Instruments stark mit der individuellen Situation eines Unternehmens verknüpft ist: Die Praxis zeigt, dass ein kombinierter Einsatz verschiedener Instrumente eine erfolgreiche Restrukturierung auf jeden Fall fördern kann.

Der Dreiklang aus Sanierung, M&A und Finanzierung spielt hierbei eine wichtige Rolle. Dieser ist die Basis für eine erfolgreiche finanzielle Restrukturierung und schafft die benötigten strategischen Freiheitsgrade für Unternehmen.

Umfassende Kenntnisse der Anforderungen von Finanzierern und Investoren sind in diesem Zusammenhang Voraussetzung, um Eingriffe in die Finanzierungsstruktur bewerten zu können und letztendlich vor allem eine Konsensfähigkeit zu erreichen. Zudem sollte der vielfältige Instrumentenkasten der finanziellen Restrukturierung fundiert und praxiserprobt beherrscht werden.

Autorenprofil
Matthias Müller
Dr. Wieselhuber & Partner GmbH | Website

Matthias Müller ist Mitglied der Geschäftsleitung der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. Er verantwortet Projekte rund um Sanierung, Restrukturierung, Finanzierung und Insolvenz. Sein fachlicher Schwerpunkt liegt dabei auf der Lösung von komplexen Fragestellungen an der juristisch-betriebswirtschaftlichen Schnittstelle.

Autorenprofil
Maximilian Thoele
Dr. Wieselhuber & Partner GmbH | Website

Maximilian Thoele ist Manager bei Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. Er verantwortet Projekte im Restrukturierungs- und Finanzierungsumfeld. Seine fachlichen Schwerpunkte sind die finanzielle Restrukturierung und das Financial Modelling.

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