„Mittelständler sind gut beraten, sich in der Finanzierung möglichst breit aufzustellen“

 

Von Christian Bacherl, Co-Head Corporates & Markets und Head of Financing Group, Baader Bank AG

Die Baader Bank AG zählt im Handel mit Finanzinstrumenten zu den führenden Investmentbanken in Deutschland. Sie berät und begleitet mittelständische Unternehmen bei Kapitalmaßnahmen, Börsengängen und der Emission von Unternehmensanleihen. Im Interview spricht Christian Bacherl, Co-Head Corporates & Markets, über die strategische Neuausrichtung der Baader Bank, Trends der Mittelstandsfinanzierung sowie die Bedeutung alternativer Finanzierungsinstrumente zum klassischen Bankkredit.

Unternehmeredition: Herr Bacherl, was zeichnet die Baader Bank aus und was unterscheidet sie von anderen Finanzhäusern?
Bacherl: Die Baader Bank verbindet die Kompetenz einer spezialisierten Investmentbank mit den schnellen Entscheidungsstrukturen einer mittelständischen Organisation. Wir haben uns das Thema kapitalmarktbasierte, hausbankenunabhängige Finanzierungslösungen auf die Fahne geschrieben. Unsere Kernzielgruppe ist der klassische Mittelständler mit einem Jahresumsatz zwischen 10 Mio. und 1 Mrd. EUR, der Schwerpunkt liegt im Bereich 100 Mio. bis 300 Mio. EUR. Als inhabergeführte Vollbank begegnen wir dem Unternehmer auf Augenhöhe. Unser Ziel ist es, Kapital- und Anlagesuchende zusammenzubringen. Im vergangenen Jahr haben wir massiv in eine durchgängige Wertschöpfungskette investiert, vom Unternehmen bis zum Investor, in den Bereichen Aktien, Derivate, Eigen- und Fremdkapital, Projektfinanzierung und Beratung. Damit wir die Bausteine der Unternehmensfinanzierung auch erfolgreich in den Kapitalmarkt transferieren können, haben wir die Bereiche Research, Sales und Trading für institutionelle Investoren aufgebaut.

Unternehmeredition: Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der Mittelstandsfinanzierung in Deutschland? Wird es Ihrer Meinung nach auch infolge von Basel III zu einer Kreditklemme kommen?
Bacherl: Der Mittelstand finanziert sich in erster Linie über bankenbasiertes Fremdkapital. Basel III wird dazu führen, dass die Finanzierung über Banken insgesamt komplizierter wird. Wenn die Pflichten zur Eigenkapitalunterlegung und die Refinanzierungskosten es erfordern, dürften sich Darlehen etwas verteuern. Bei besicherten Krediten wird es keine Probleme geben. Schwierigkeiten sehen wir bei unbesicherten Darlehen, etwa zur Finanzierung des Umlaufvermögens oder des Wachstums, sowie bei Krediten mit langen Laufzeiten, insbesondere für Projekte. Hier bieten sich Anleihen und Schuldscheindarlehen als Alternativen an. Wir arbeiten aber auch an anderen Lösungen, die den Kapitalmarkt und den professionellen Anleger miteinbeziehen. Die Chancen dafür stehen gut. Schließlich ist der deutsche Mittelstand für internationale Anleger extrem attraktiv. Wir arbeiten daran, Strukturen zu schaffen, um beide Seiten zusammenzubringen.

Unternehmeredition: Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht für größere Mittelständler, ihren Finanzierungsmix auf eine breitere Basis zu stellen und Alternativen aufgeschlossener gegenüberzustehen?
Bacherl: Unternehmerischer Erfolg wird in Zukunft ganz wesentlich über die Fähigkeit entschieden, sich finanzieren zu können. Deswegen ist der Mittelständler gut beraten, sich aus der Abhängigkeit vom Bankkredit zu befreien und in der Finanzierung möglichst breit aufzustellen. Die Hausbankbeziehung ist wichtig, keine Frage, aber sie wird in Zukunft nur einen Teil der gesamten Finanzierung abdecken können.

Unternehmeredition: Wie ist es derzeit in Deutschland um die Nachfrage nach alternativen Finanzierungsinstrumenten bestellt?
Bacherl: Aktuell laufen die Bereiche Mittelstandsanleihen und Schuldscheindarlehen sehr gut. Auch Kapitalerhöhungen börsennotierter Unternehmen entwickeln sich seit dem vierten Quartal 2011 wieder äußerst positiv. Extrem aktiv ist dieses Jahr der Markt für Wandelanleihen in Europa, allerdings erst bei Volumina jenseits der 100-Mio.-Euro-Marke. Darunter ist es deutlich schwieriger. Mittelständische börsennotierte Unternehmen können dieses Instrument allerdings über Club Deals nutzen.

Unternehmeredition: Ist am boomenden Markt für Mittelstandsanleihen bereits eine Überhitzung erkennbar?
Bacherl: Ich würde es nicht Überhitzung nennen. Am Anleihenmarkt wird die eine oder andere Jugendsünde begangen, die wir auch in anderen Bereichen wie dem Neuen Markt oder bei Standard-Mezzanine-Programmen gesehen haben. Der Markt für Mittelstandsanleihen stützt sich in diesen Anfangsjahren in erster Linie auf Privatanleger, die extrem sensibel reagieren. Man freut sich über einen Kupon von 7, 8% und rechnet nicht damit, dass es zu Rückzahlungsschwierigkeiten kommen kann. Teils wurden Risiken in den Markt gegeben, die nicht ausreichend beschrieben sind. Da kann es an mancher Stelle ein böses Erwachen geben. Das sehen wir durchaus kritisch. Generell ist die Mittelstandsanleihe aber ein Instrument mit Zukunft, das es weiterzuentwickeln gilt, um eine Finanzierung in Ergänzung zum Bankkredit darzustellen.

Unternehmeredition: Stichpunkt Börse: Nach dem letzten IPO von Ultrasonic im Dezember ist es auf dem Primärmarkt ruhig geblieben. Wann rechnen Sie mit den nächsten Börsengängen? Warum sollten Mittelständler den Schritt aufs Parkett wagen?
Bacherl: Generell ist der Gang an die Börse für deutsche Small und Mid Caps nicht leicht. Aufgrund zunehmend volatiler Märkte wurden die Emissionsfenster in den letzten Jahren immer kürzer. 2011 gab es nur ein knappes Quartal, um einen Börsengang erfolgreich durchzuführen. 2012 scheinen sich mit der positiven Entwicklung des Dax die Voraussetzungen dafür zu verbessern. Es gab auch erstmals wieder positive Mittelzuflüsse in Aktienfonds – frisches Geld als wichtige Basis für IPOs. Gleichzeitig steht noch viel Geld zur Verfügung, das investiert werden möchte. Da man bei Börsengängen klassischerweise auf die Vorlage des Jahresabschlusses wartet, dürften sich IPOs im April, Mai, Juni häufen. Es stehen eine Reihe größerer Börsengänge wie Evonik, Talanx oder Osram in der Pipeline. Wenn große Transaktionen gut verlaufen, eröffnen sich auch Chancen für Small und Mid Caps. Grundsätzlich haben börsennotierte Unternehmen bei der Kapitalbeschaffung immer einen leichteren Stand, egal ob es um Kapitalerhöhungen oder um Anleihen, Schuldscheine und Bankkredite geht. Sie profitieren von der Transparenz, die sie bereits am Markt geschaffen haben.

Unternehmeredition: Wie schätzen Sie die weitere Geschäftsentwicklung der Baader Bank ein? Wo werden Ihre Schwerpunkte liegen?
Bacherl: Wir werden unsere 2011 begonnene Neuaufstellung abschließen. Zur Jahresmitte etwa werden wir ein umfassendes Research für den deutschen und österreichischen Markt anbieten und rund 150 börsennotierte Unternehmen aktiv verfolgen. Außerdem werden wir unsere institutionellen Vertriebsaktivitäten in UK, Skandinavien, Benelux und im deutschsprachigen Markt komplettiert haben und die ersten Projektfinanzierungen am Kapitalmarkt platzieren.

Unternehmeredition: Herr Bacherl, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de


Zur Person: Christian Bacherl
Christian Bacherl ist Co-Head Corporates & Markets, sowie Headof Financing Group bei der Baader Bank Aktiengesellschaft. Das inhabergeführte Unternehmen mit Sitz in Unterschleißheim bei München beschäftigt 430 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2011 einen Bilanzgewinn in Höhe von 2,4 Mio. EUR. Im Jahr 2011 begleitete die Bank u.a. die Börsengänge des Maschinenbauers Datron AG, des Formel-1-Rennstalls Williams GP Holdings plc sowie die Kapitalerhöhungen der Grammer AG und der VIB Vermögen AG sowie die Begebung einer Unternehmensanleihe für die Alpine Holding GmbH. www.baaderbank.de

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