„In unserem Fokus stehen Wachstumsinvestitionen“

Beteiligungsgesellschaften wie die Deutsche Private Equity können dem Unternehmen zu neuem Wachstum und zu völlig neuen Perspektiven verhelfen.
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Der schnelle Verkauf muss nicht die einzige Option bei einer externen Unternehmensnachfolge sein. Beteiligungsgesellschaften können dem Unternehmen zu neuem Wachstum und zu völlig neuen Perspektiven verhelfen. Wir sprachen mit Volker Hichert, Partner und Gründer der DPE Deutsche Private Equity. INTERVIEW EVA RATHGEBER

Unternehmeredition: Welche Rolle spielen mittelständische Nachfolgeregelungen im Portfolio der DPE? Geht es dabei um Übernahmen?
Volker Hichert:
 Reine Übernahmen gehören zwar zu unserem Portfolio, stehen aber nicht im Zentrum unserer Überlegungen. Wir konzentrieren uns auf das Thema Wachstumsinvestitionen. Im Mittelpunkt stehen Investitionsprojekte in Firmen. Ein typisches Projekt sieht so aus, dass wir mit dem beteiligten beziehungsweise zu beteiligenden Managementteam oder mit dem mittelständischen Unternehmer eine Diskussion führen, wie man das Unternehmen hinsichtlich Umsatzgröße und Ergebnis verdoppeln oder vervierfachen kann. Es geht darum, zu definieren, wie die Firma eine ganz neue Marktstellung bekommen kann.

Unternehmeredition: Übernehmen Sie dabei eine Mehrheits- oder eine Minderheitsbeteiligung?
Hichert: Das ist zunächst nicht entscheidend. Die zentrale Frage lautet: Gibt es ein spannendes unternehmerisches Projekt, das man gemeinsam definieren kann? Und wenn wir das hinbekommen, kann es in der Folge zu einem mehrheitlichen Unternehmenseigentumswechsel kommen; es kann aber auch sein, dass wir uns minderheitlich beteiligen. Es kann sein, dass der Altunternehmer vollständig aus dem Unternehmen ausscheidet – dann wäre es eine echte Nachfolgeregelung. Es kann aber auch sein, dass wir mit der nachfolgenden Generation die Vorgängergeneration mehrheitlich auskaufen, dann wäre es eine Art gemischte Nachfolgeregelung. Und es kann sein, dass wir schlicht nur Geld bereitstellen, damit eine bestehende Eigentümerschaft unter unserer Minderheitsbeteiligung das Unternehmen weiterentwickelt.

Unternehmeredition: Ist auf unternehmerischer Seite die Art der Transaktion nicht schon vorab festgelegt?
Hichert: Nicht immer. Ich kann Ihnen aus dem Stegreif Fälle nennen, bei denen die fünfte Generation das Unternehmen eigentlich veräußern wollte, dann aber doch mehr Gefallen daran fand, es gemeinsam mit uns zu entwickeln. Ein besonders schönes Beispiel ist das auf Gebäudetechnik spezialisierte Unternehmen Eberlein, das heute unter dem Namen Elevion firmiert. Es erzielte damals rund 40 Mio. bis 50 Mio. EUR Umsatz und der Inhaber Lars Eberlein wollte es verkaufen, weil er nach langjährigem Engagement neuen Interessen nachgehen wollte. In der Diskussion mit uns stellte Herr Eberlein fest, dass er doch interessiert war, das Unternehmen noch mal richtig groß aufzuziehen. Wir sind sodann zu einer siebenjährigen gemeinsamen Reise aufgebrochen, während der die Firma über 30 Mitbewerber übernommen hat und gleichzeitig organisch gewachsen ist, sodass wir den Umsatz auf circa 330 Mio. EUR versiebenfacht und das Unternehmen schließlich als Führungsgesellschaft Gebäudetechnik an einen großen Energieversorger verkauft haben. Natürlich läuft nicht jedes Investitionsprojekt so erfolgreich. Aber es zeigt, dass die Diskussion nicht immer vorab festgefügt ist.

Unternehmeredition: Wie häufig kommt es vor, dass Sie ein Unternehmen an den Altunternehmer zurückverkaufen?
Hichert: Aus unserer Sicht ist es ein durchaus sinnvolles Ansinnen, dass die Familie oder der Unternehmer sein Unternehmen wieder in die eigene Hand bekommen möchte. Wenn das gewünscht wird, bieten wir diese Option an. Wir diskutieren auch Vertragsstrukturen, die dem Altunternehmer oder der Familie den Vorzug beim späteren Verkauf einräumen. Gelegentlich gibt es diesen Bedarf, aber in der Praxis wird das eher selten umgesetzt. Ein Grund dafür ist, dass die Wertsteigerungen der Unternehmen oft so voluminös sind, dass der Unternehmer oder die Familie es hinterher nicht stemmen kann oder will.

Unternehmeredition: Dann läuft es am Ende doch meistens auf einen Unternehmensverkauf hinaus.
Hichert: Wenn jemand sein Unternehmen möglichst schnell an den Meistbietenden verkaufen möchte, dann ist der Verkauf an einen Mitbewerber das beste Instrument, weil ein Mitbewerber Synergien schöpfen kann. Er kann beispielsweise die Fertigung zusammenlegen oder Produkte in seinen Vertrieb übernehmen. Damit hat er höhere Synergien, als sie ein Finanzinvestor zu Beginn haben kann, und ist somit auch in der Lage, einen höheren Preis zahlen. Das Unternehmen bleibt dann aber meist nicht selbstständig, sondern wird eingegliedert.
Wenn einem etwas am Unternehmen liegt, sollte man trotzdem immer zuerst darüber nachdenken, in welche Größe und Form man das Unternehmen bringen kann, bevor man es verkauft. Zumal es nicht so ist, dass am Ende zwangsläufig der Verkauf an einen Mitbewerber stehen muss. Wir haben Unternehmen an die Börse gebracht, sowohl in Deutschland als auch in den USA. Wir haben Unternehmen an größere Kollegenfirmen veräußert, die wieder genau die gleichen Wachstumspläne mit den Unternehmen hatten. Und es gab Fälle, in denen die Familie das Unternehmen zurückkaufen konnte.

Unternehmeredition: Dann handelt es sich im Grunde um eine Vertagung der unternehmerischen Verkaufsentscheidung?
Hichert: Die entscheidende Frage ist doch: Welche Chance hat das Unternehmen? Wird man geführt oder kann man selber führen? Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Wir sind gerade mit einem Ingenieurdienstleister aus Baden-Württemberg im Gespräch. Jeder kann diese Firma heute gut verkaufen, weil sie fähige Ingenieure hat, über ein eigenes Produkt verfügt und in einem boomenden Wirtschaftsbereich tätig ist. Der Eigentümer wünscht sich jedoch viel lieber ein Projekt, bei dem er mit seiner Firma andere Firmen kaufen und selber erst mal groß werden kann, um das ganze Potenzial der Ingenieure einmal voll auszureizen. Und wenn man dann anschließend in eine mittelgroße Gruppe hineinverkauft wird, dann gelingt es einem vielleicht, die Führungsgesellschaft in einer solchen Gruppe zu werden und nicht das eingegliederte kleine Unternehmen.

Unternehmeredition: Mit welchen Methoden schrauben Sie das Wachstum in die Höhe?
Hichert: Das lässt sich am besten an einem Beispiel demonstrieren. Wir haben vor langer Zeit die Firma SLM Solutions in Lübeck mehrheitlich erworben und mit Eigenkapital ausgestattet. Die Firma hat im Kernbereich damals 11 Mio. EUR Umsatz gemacht, war also sehr klein, besaß aber eine Durchbruchstechnologie im Bereich 3D-Metall-Drucken. Diese Firma befand sich in einer gemieteten Produktionsumgebung, die nicht wesentlich größer war als eine Garage. In der damaligen Aufstellung konnte die Firma erkennbar nicht wachsen. Wir haben dann mehrere Kapitalerhöhungen durchgeführt, sie an die Börse gebracht und dafür gesorgt, dass das Unternehmen eine völlig neue Firmenzentrale gebaut hat – mit 24.000 Quadratmetern Produktions-, Montage- und Lagerflächen, einem völlig neuen Fertigungsfluss, einem ganz neuen Produktionssystem und einer nagelneuen EDV-Umgebung. Diese Firma entwickelte sich also von einer Garage mit 40 Mitarbeitern zu einem Unternehmen modernsten Zuschnitts mit 400 Mitarbeitern und Umsätzen in Höhe von über 80 Mio. EUR. Dieses Wachstum hätte der Unternehmer niemals aus eigenen Mitteln stemmen können, das ging nur mit externem Eigenkapital. Zusätzlich bedarf es der gesamten Bandbreite der Unternehmensführung, die wir mit dem Unternehmer diskutiert und umgesetzt haben. Dazu zählen neue Führungssysteme, neue Führungsebenen, neue Controllingsysteme, eine völlig neue Fertigungssteuerung und ein neues Produktionssystem.

Unternehmeredition: Welche Rolle spielen unternehmerische Instrumente wie Digitalisierung, operative Exzellenz, Pricing und ESG?
Hichert: Alle diese Themen spielen für die Unternehmensentwicklung eine sehr wichtige Rolle. Es ist entscheidend, eine gemeinsame Identität eines Unternehmens zu schaffen, und dazu gehören beispielsweise auch eine einheitliche IT-Umgebung und ein einheitliches Abbilden von Prozessen über Digitalisierung. Da die meisten mittelständischen Unternehmen interne Management- und Analysekapazitäten für solche Projekte nicht vorhalten, haben wir bei DPE schon sehr früh beschlossen, dass wir solche Kapazitäten intern bei uns aufbauen und den Unternehmen kostenlos zur Verfügung stellen. Wir haben ein drei Kopf starkes Digitalisierungsteam, das den Unternehmen beratend zur Seite steht; darüber hinaus verfügen wir über Leute, die früher in Fabriken operative Exzellenzprojekte durchgeführt haben. Außerdem haben wir einen Pricing-Experten, und ESG machen wir auch noch nebenbei mit, weil wir ja unter der Anforderung unserer Kunden stehen, uns professionell mit ESG zu beschäftigen und dieses Wissen an die Kunden weiterzureichen.

Unternehmeredition: Wir danken Ihnen für diese interessanten Einblicke.


Zur Person / Zum Unternehmen

Volker Hichert ist geschäftsführender Gesellschafter und Mitbegründer der DPE Deutsche Private Equity GmbH. Die DPE setzt in ihrem Portfolio auf mittelständische Unternehmen mit starker Marktpositionierung und großem Wachstumspotenzial. Der Fokus liegt auf Firmen aus der DACH-Region mit einem Unternehmenswert zwischen 20 Mio. und 200 Mio. EUR. Seit 2007 hat sich die DPE nach eigenen Angaben an 30 Unternehmen beteiligt und über 70 Folgeinvestitionen realisiert. Im Schnitt steigerten die Unternehmen aus dem DPE-Portfolio ihren Umsatz jährlich um 20% bis 25%. Der neueste eingeworbene Fonds der DPE verfügt über ein Volumen von 1 Mrd. EUR. Die aktuelle Investorenbasis besteht aus Lebensversicherungen, Stiftungen, Fund of Funds, Family Offices und Pensionsfonds.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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