“Die Finanzierungssituation des Mittelstands hat sich stark verbessert”

Unternehmeredition: Frau Matthäus-Maier, werden Sie andere Akzente setzen als Ihr Vorgänger? Welche Ziele sind Ihnen persönlich am wichtigsten?
Matthäus-Maier: Die KfW wird wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft daran arbeiten, ihre Förderaufgaben bestmöglich zu erfüllen. Dazu zählen z. B. die Mittelstandsförderung, aber auch die Förderung von Wohnungsbau, Umwelt und Energieeinsparung, Infrastruktur und Bildung sowie die Förderung der Entwicklungs- und Transformationsländer. Wir werden weiter an der Optimierung des klassischen Förderinstrumentariums arbeiten, aber auch auf kapitalmarktorientierte, innovative Instrumente wie die Verbriefung setzen.
Inhaltlich haben wir uns für dieses Jahr zwei Schwerpunkte vorgenommen, die mir auch persönlich sehr wichtig sind. Eines dieser Themen ist der Klimaschutz. Hier besteht akut Handlungsbedarf. Wir werden uns verstärkt für die Förderung von CO2-Reduktion, Energieeffizienz, Energieeinsparung und erneuerbaren Energien einsetzen. Zweites Thema ist eine Ausweitung unseres Engagements für den kleinen Mittelstand.

Unternehmeredition: Wie beurteilen Sie aktuell die Finanzierungssituation des deutschen Mittelstandes, wie wird sie sich Ihrer Meinung nach dieses Jahr verändern?
Matthäus-Maier: Die Finanzierungssituation des Mittelstands hat sich nach einigen schwierigen Jahren erfreulicherweise stark verbessert. Die Zahl der Betriebe, deren Kreditwunsch von der Bank abgelehnt wurde, ist deutlich gesunken. Letztes Jahr klagten zudem nur noch 33% der Unternehmen über eine Verschlechterung des Finanzierungsklimas – das sind fast 10 Prozentpunkte weniger als 2005. Für dieses Jahr erwarte ich eine Fortsetzung dieses Trends, nicht zuletzt, weil eine anhaltend gute konjunkturelle Lage weiterhin für eine bessere Geschäftsentwicklung der Unternehmen sorgen dürfte und das die Finanzierungschancen positiv beeinflusst.

Unternehmeredition: Wie entwickelt sich die Nachfrage des Mittelstandes nach alternativen Finanzierungsinstrumenten gegenüber dem klassischen Bankkredit?
Matthäus-Maier: Wir wissen aus unseren Unternehmensbefragungen, dass viele Mittelständler sich der Bedeutung der Eigenkapitalquote durchaus bewusst sind und sich auch damit beschäftigen, wie sie sie verbessern können. Etwa 40% der Unternehmen haben laut unserer letztjährigen Untersuchung in den zwölf Monaten zuvor ihr Eigenkapital aufgestockt, 45% planten eine Erhöhung. Das Mittel der ersten Wahl zum Eigenkapitalaufbau ist dabei übrigens die Innenfinanzierung. Eine Erhöhung der Eigenkapitalquote ist sinnvoll, denn sie ist zum einen ein Indikator für die Stabilität und Krisensicherheit eines Betriebs, zum anderen ist sie auch ein wichtiger Einflussfaktor für die Bonitätseinschätzung bei der Bank – also für die Ratingnote. Das Eigenkapital wirkt sich somit direkt auf die Kreditkonditionen aus. Kredite, auch das belegen unsere Befragungen, sind nach wie vor die bedeutendste Finanzierungsquelle für den Mittelstand. Alle anderen Finanzierungsformen zusammen erreichten in den vergangenen Jahren einen weitaus geringeren Anteil, der um ca. 10% liegt. Hier sehe ich durchaus Potential für weiteren Bedeutungszuwachs. Der Kredit wird jedoch das wichtigste Finanzierungsinstrument für kleine und mittlere Unternehmen bleiben.

Unternehmeredition: Von den in den vergangenen Jahren verbesserten Finanzierungsbedingungen hat bisher in erster Linie der gehobene Mittelstand profitiert. Was tun Sie, um den kleinen Mittelstand zu unterstützen?
Matthäus-Maier: Leider konnten nicht alle Mittelständler im gleichen Ausmaß von der verbesserten Finanzierungslage profitieren. Für kleine Betriebe hat sich die Situation zwar ebenfalls verbessert, aber für sie bestehen nach wie vor noch deutlich größere Schwierigkeiten. Ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 1 Mio. Euro muss statistisch gesehen fünf Mal häufiger ein “Nein” von seinem Kreditberater hören als ein Unternehmen mit über 50 Mio. Euro Umsatz. Gründer und junge Unternehmen haben ebenfalls häufig Finanzierungsprobleme, denn das Geschäft mit diesen Kundengruppen ist beratungs- und bearbeitungsintensiv sowie risikoreich. Hier ist die KfW als Förderbank gefordert. Wir wollen uns noch stärker als bisher um diese Kundengruppen kümmern. Deshalb haben wir die Initiative “Kleiner Mittelstand” gestartet. Sie beinhaltet ein Maßnahmenbündel aus verstärkter Risikoübernahme durch die KfW, Senkung der Bearbeitungskosten in der Förderkreditvergabe, Zinsverbilligung, Eigenkapitalförderung und Beratung. Die verschiedenen Maßnahmen werden dazu beitragen, kleinen und jungen Unternehmen sowie Existenzgründern den Zugang zu Finanzierungen zu erleichtern

Unternehmeredition: Wie wird sich die Kredit- und Fördermittelvergabe der KfW Mittelstandsbank voraussichtlich dieses Jahr entwickeln?
Matthäus-Maier: Im vergangenen Jahr haben wir 12,6 Mrd. Euro an Krediten, mezzaninen Finanzierungen und Beteiligungen an kleine und mittlere Unternehmen ausgereicht. Für das Jahr 2007 rechne ich mit einem leichten Plus. Das weiterhin freundliche konjunkturelle Umfeld und die nach wie vor gute Investitionsbereitschaft der Unternehmen dürften sich positiv auf die Nachfrage nach unseren Förderkrediten auswirken. Die Kreditfinanzierung war und ist auch bei uns dem Volumen nach der bedeutsamste Bereich und wird es auch bleiben. 2006 haben wir hierfür 10 Mrd. Euro bereitgestellt.

Unternehmeredition: Welche wichtigen Neuigkeiten sind dieses Jahr sonst noch aus dem Bereich der KfW Mittelstandsbank zu erwarten?
Matthäus-Maier: In diesem Jahr werden wir im Rahmen unserer Initiative “Kleiner Mittelstand” an einigen Neuerungen arbeiten. Zum Beispiel wollen wir ab dem Frühsommer Banken in unserem Basisprodukt, dem KfW-Unternehmerkredit, anbieten, 50% der Haftung zu übernehmen. Zudem planen wir die Einführung eines standardisierten Kreditprogramms – das KfW-Unternehmergeld -, das sich durch für Banken niedrige Bearbeitungskosten auszeichnet. Und wir werden unsere Förderprogramme für Existenzgründer mit kleinem Kreditbedarf, Mikrodarlehen und Startgeld, neu aufstellen und das Ausfallrisiko komplett übernehmen. Dieses neue Gründerprodukt soll nach unserer derzeitigen Planung Anfang 2008 an den Markt gehen.

Unternehmeredition: Frau Matthäus-Maier, danke für das Gespräch.

Das Interview führte Markus Hofelich.


Zur Person: Ingrid Matthäus-Maier
Seit Oktober 2006 ist Ingrid Matthäus-Maier (presse@kfw.de) Vorstandssprecherin der KfW-Bankengruppe und die erste Frau an der Spitze einer deutschen Großbank. Die ehemalige Spitzenpolitikerin wechselte 1999 vom Bundestag in den Vorstand der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Zuvor war die frühere Verwaltungsrichterin zehn Jahre lang stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion. www.kfw.de

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