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Wirtschaftsprognosen: Ukraine-Krieg verändert die Aussichten

Wirtschaftsprognosen trüben sich ein.

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Die Entspannung der Coronapandemielage sorgt unmittelbar vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine noch für einen kräftigen Anstieg des KfW-ifo-Geschäftsklimas im deutschen Mittelstand: Es klettert im Februar um 6,7 Zähler auf 5,6 Saldenpunkte. Mit dieser erst einmal erfreulichen Nachricht beginnen wir die Übersicht über aktuelle Wirtschaftsprognosen.

Nach Aussage der Experten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) steht hinter dieser positiven Entwicklung, dass die Omikronwelle im Februar ihren vermutlichen Scheitelpunkt überschritten habe. Die Politik hat das Ende nahezu aller wirtschaftlich relevanten Coronaeinschränkungen spätestens für die zweite Märzhälfte in Aussicht gestellt. Das führt dazu, dass beide Klimakomponenten deutlich im Plus rangieren: Die Urteile zur aktuellen Geschäftslage steigen um auf 8,2 Saldenpunkte, ein Dreimonatshoch. Und die Geschäftserwartungen legen mit einem Plus von 7,8 Zählern noch stärker zu. Die schwindenden Pandemiesorgen lassen nach Einschätzung der KfW die Unternehmen mit neuer Zuversicht auf den Frühling blicken. Die Stimmung in der Wirtschaft sei kurz vor dem Ausbruch des Ukrainekonflikts dank der pandemischen Entspannung über fast alle Branchen und Unternehmensklassen hinweg sehr deutlich angestiegen.

Auch IHS Markit sieht Wachstum

Ein deutlicher Anstieg der Neuaufträge führte nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts IHS Markit im Februar zu solidem Wachstum in der deutschen Industrie. Dies hätte die jüngsten Umfrageergebnisse gezeigt – aber auch diese wurden vor dem Ausbruch der Ukrainekrise erhoben. Die Produktionsrate sei kräftig geblieben, aber sie gab aufgrund der gehäuften Anzahl covidbedingter Personalausfälle etwas nach. Zudem hätte sich die Situation bei der Rohstoff- und Materialversorgung weiter entspannt. Die Lieferzeiten hätten sich nur geringfügig verlängert. Der IHS Markit-Einkaufsmanagerindex notierte im Februar bei 58,4 Punkten und damit abermals deutlich über der Wachstumsschwelle von 50. Phil Smith, Associate Director bei IHS Markit kommentiert den Einkaufsmanagerindex: “Die Nachfrage nach Gütern und Produkten ´Made in Germany´ war auch im Februar hoch. So stiegen die Umsatzzahlen im In -und Ausland deutlich an, was den deutschen Herstellern kräftige Auftragszuwächse bescherte. Die Produktion wurde zwar erneut ausgeweitet, aber Personalausfälle im Zusammenhang mit der Omikronwelle schränkten vielerorts die Fertigung ein. Dadurch wuchs der Druck auf die ohnehin knappen Kapazitäten, was wiederum die Auftragsbestände stark ansteigen ließ.“

Aussicht in die Zukunft schwierig

Ein sich länger hinziehender offener Krieg hätte nach Einschätzung der KfW nicht nur enorme humanitäre Folgen wie zahlreiche Tote, Verletzte und neue Fluchtbewegungen. Er würde auch die Energiepreise und folglich die Inflation noch weiter nach oben treiben und die Versorgungssicherheit der EU mit Energie infrage stellen. Deutschland decke 14% seines Energieverbrauchs allein mit russischem Gas und wäre deshalb sicherlich stark betroffen. Neben einer Belastung der Wirtschaftsleistung durch den Kaufkraftverlust würde auch die energieintensive Produktion beeinträchtigt. Letztendlich ist der Effekt auf die deutsche Konjunktur bislang kaum verlässlich abschätzbar und hängt unter anderem davon ab, wie lange der Krieg dauert und wie weit sich die Eskalationsspirale noch dreht.

Verbraucherstimmung trübt sich ein

Die Verbraucherstimmung trübt sich im März weiter ein. Das HDE-Konsumbarometer sinkt nach einer aktuellen Mitteilung den vierten Monat in Folge. Dementsprechend bleibt nach Ansicht der Experten des Handelsverband Deutschland (HDE) ein Aufschwung beim privaten Konsum in den kommenden drei Monaten voraussichtlich aus. Mit Blick auf die wegen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine dynamische Situation kann sich jedoch die weitere Entwicklung des Stimmungsbildes schnell verändern – vermutlich aber weiter zum Negativen. Nach Ansicht des HDE seien selbst bei nachlassendem Infektionsgeschehen und bei Aufhebung pandemiebedingter Einschränkungen im Handel nur mäßige Impulse bei der Planung von Anschaffungen durch Verbraucher in Deutschland zu erwarten. Auch die Konjunkturerwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher hätten sich verschlechtert. Das HDE-Konsumbarometer erscheint monatlich und basiert auf einer Umfrage unter 1.600 Personen.

Kurzarbeit leicht gesunken

Die Zahl der Kurzarbeiter in Deutschland ist nach Aussage des Münchener ifo-Instituts leicht gesunken. Im Februar waren demnach 877.000 Menschen in Kurzarbeit – rund 40.000 weniger als im Vormonat. „In den unterschiedlichen Branchen gab es gegenläufige Entwicklungen“, sagt ifo-Experte Stefan Sauer. Die ifo-Umfrage wurde unmittelbar vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine abgeschlossen. Im Gastgewerbe sank die Zahl der Kurzarbeiter, während sie  im Einzelhandel stark anstieg. Ein Absinken gab es in der Industrie und auch in der Autoindustrie. Vor Corona hatte die Zahl der Kurzarbeiter im Februar 2020 bei 134.000 gelegen, im März war sie sie auf 2,6 Millionen gesprungen und im April 2020 hatte sie den Rekordwert von sechs Millionen erreicht.

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