Website-Icon Unternehmeredition.de

„Wir wollen der Lotse sein, der beim Steuern tatkräftig unterstützt“

Viele Unternehmen kennen die Erfolgsfaktoren einer Krisenbewältigung nicht. Manchmal hören sie sich trivial an, werden dennoch nicht umgesetzt. Im Interview erklärt Dr. Michael Pesch von der Alvarez & Marsal Deutschland GmbH, worauf Firmen achten müssen, damit der Turnaround gelingt.

Unternehmeredition: Herr Dr. Pesch, wann muss ich denn als Unternehmer mit Ihrem Besuch rechnen?

Dr. Pesch:
Das ist recht unterschiedlich. Vor allem dann, wenn Sie in schwierigen Situationen sind, beginnt unser Mandat. Wir bekommen Anrufe vom Vorstand, den finanzierenden Banken, von Private-Equity-Häusern oder den Unternehmern selbst.

Unternehmeredition: Löst eine Krisenstimmung in der Wirtschaft bei Ihnen eine Partystimmung aus?

Pesch:
So vereinfacht kann man das nicht sagen. In einer Krise trifft es kleine Unternehmen am schnellsten. Bei denen tritt eine Unternehmensberatung wie A&M meist nicht auf den Plan. Unser Geschäftsmodell ist in erster Linie auf größere Unternehmen ausgerichtet.

Unternehmeredition: Wie groß muss denn ein Unternehmen sein?

Pesch: Ab 100 Mio. EUR Umsatz aufwärts. Wir schließen allerdings auch nicht aus, dass wir ab und an mal kleinere Firmen betreuen oder diesen Hilfestellungen geben.

Unternehmeredition: Wie ist denn die momentane wirtschaftliche Situation einzuschätzen?

Pesch: Wir merken, dass die deutschen Unternehmen nach wie vor sehr stark vom Ausland abhängen. Die hohen Exportquoten kommen vor allem aus dem europäischen Ausland. Die Krisensituation in vielen europäischen Ländern hat einen schlechten Einfluss. Gerade bei den Erneuerbaren Energien und hier vor allem in der Solarwirtschaft ist die Zurückhaltung groß, etwa bei der Finanzierung von Solarparks in Südeuropa. Planbare Rahmenbedingungen sind dort teilweise nicht gegeben. Deswegen ist auch die Kreditvergabe eher restriktiv.

Unternehmeredition: Was muss ein Unternehmen mitbringen, damit es sanierungsfähig ist?

Pesch: Das Wichtigste ist ein tragfähiges Geschäftskonzept. Die Finanziers müssen vom Erfolg dieses Konzepts überzeugt werden. Vor allem bei größeren Unternehmen, die in eine Liquiditätskrise rutschen, kann der Restrukturierungsprozess aufgrund vieler unterschiedlicher Stakeholder und Finanzierungsinstrumente sehr komplex ausfallen. Greift ein Rädchen nicht mehr in das andere, wird es schwierig.

Unternehmeredition: Gibt es hierbei einen Unterschied zwischen inhaber- und managergeführten Unternehmen?

Pesch: Nach meiner Erfahrung sind die Familienunternehmen mit dem Eingestehen einer Krise häufiger in Verzug als etwa börsennotierte Gesellschaften, die aufgrund ihrer regelmäßigen Berichtsverpflichtungen transparenter agieren müssen. Zu früh mit einer aufkommenden Krisensituation an die Öffentlichkeit zu gehen, kann allerdings auch schädlich sein. Die wichtigsten Stakeholder sollten allerdings immer rechtzeitig ins Vertrauen gezogen werden.

Unternehmeredition: Was nicht immer einfach …

Pesch: … aber wichtig ist. Es ist das Kernthema. Als Bank oder Investor fürchtet man um sein Geld. Anders als verabredet besteht die Möglichkeit, dass es die Parteien nicht mehr zurückbekommen. Dieses Vertrauen gilt es durch verschiedene Maßnahmen wieder zu gewinnen.

Unternehmeredition: Welche sind das?

Pesch: Zunächst müssen Ziele für den Restrukturierungserfolg definiert werden. Diese müssen glaubwürdig und dennoch anspruchsvoll und umsetzbar sein. Häufig geht die operative und die finanzielle Restrukturierung Hand in Hand. Ziele müssen zudem strikt eingehalten werden. Dazu gehören primär Gewinn- und Liquiditätsziele.

Unternehmeredition: Gibt es noch weitere Knackpunkte, um aus der Krise zu kommen?

Pesch: Man sollte wissen, welches Risiko die einzelnen Stakeholder eingehen. Wie wichtig ist es ihnen etwa, dass das Unternehmen weitergeführt wird? Das Unternehmen muss seine Verhandlungsposition ausloten.

Unternehmeredition: Die unterschiedlichen Kapitalgeber an einen Tisch zu bringen und bei Laune zu halten, ist sicherlich nicht ganz trivial.

Pesch: In der Tat. Bevor ein Stakeholder weiteres Geld gibt, muss das Unternehmen ihm beweisen, dass es aus eigener Kraft alle Anstrengungen unternimmt, die Finanzierungslücke zu verringern. Das heißt: Kosteneffizienzreserven heben, nicht betriebsnotwendige Anlageteile zur Disposition stellen, am Working Capital arbeiten. Darüber hinaus ist das Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen. Nur wenn überzeugend dargelegt werden kann, dass das Unternehmen die notwendige Stärke besitzt, die Krisenursachen zu überwinden, kann eine nachhaltige Finanzierung unter Einbeziehung aller Beteiligten gelingen.

Unternehmeredition: Welche weiteren Erfolgsfaktoren gibt es, damit eine Sanierung gelingt?

Pesch: Konsequenz ist ganz wichtig. Es gibt am Anfang eines Restrukturierungsprozesses umfassende Optimierungsoffensiven, in die viele Mitarbeiter eingebunden sind. Interessieren die Themen die Führungsriege nicht mehr, stehen diese folgerichtig auch bei den Mitarbeitern nicht mehr ganz oben auf der Agenda. Verliert man die Basis, wird es extrem schwierig. Zudem ist Transparenz entscheidend. Die wichtigen Spieler müssen Einblick in das haben, was sich in der Gesellschaft abspielt. Häufig ist dies nicht hinreichend gegeben. Vorhaben sollten in klare Zahlen gefasst werden. Nur so kann verlorengegangenes Vertrauen wiedergewonnen werden.

Unternehmeredition: Berater wie Sie kosten ein angeschlagenes Unternehmen viel Geld. Warum lohnt es sich, dieses auszugeben?

Pesch: Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, mindestens das Dreifache unseres Honorars an Liquiditäts- oder Ergebnisverbesserung herauszuholen. Wir wollen der Lotse sein, der auf das Schiff kommt und beim Steuern tatkräftig unterstützt.


Zur Person:
Dr. Michael Pesch ist Senior Director bei Alvarez & Marsal. Die 1983 gegründete Unternehmensberatung gehört zu den führenden Anbietern in der Sanierungsberatung, des Interims-Managements, der Transaktionsberatung sowie von Programmen zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität. www.alvarezandmarsal.de

Die mobile Version verlassen