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„Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“

Als die Deko-Handelskette Butlers im Januar 2017 einen Insolvenzantrag stellte, reagierte die Branche überrascht. Im Interview erklären Firmengründer Wilhelm Josten und sein Co-Geschäftsführer Jörg Funke, weshalb Butlers wider Erwarten in die Krise stürzte und was sie daraus gelernt haben.

Unternehmeredition: Herr Josten, Herr Funke – vor etwa einem Dreivierteljahr haben Sie das Insolvenzverfahren abgeschlossen. Wie geht es Butlers heute?

 Josten: Wir fühlen uns wie ein wiedergenesener Patient. Die Stimmung im Team ist gut und die Akzeptanz am Markt groß. Das merke ich nicht nur in unseren Filialen, sondern auch daran, dass potenzielle Partner aus der ganzen Welt auf uns zukommen, um mit der Marke Butlers Geschäfte aufzubauen. Im ersten Quartal haben wir das beste Ergebnis der vergangenen zehn Jahren erzielt. Auch wenn wir den steinigen Weg der Insolvenz gerne vermieden hätten, sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.

Leere Innenstädte, Online-Konkurrenz, falsches Konzept: Es wurde viel gerätselt, was Butlers in die Knie zwang. Was war für Sie der Hauptgrund?

Funke: Es gab einige Auslöser, die zeitgleich auftauchten und letztlich in die Insolvenz mündeten: Zum einen ist der Dollar erstarkt, was die Einkaufspreise deutlich erhöhte. Dann haben wir natürlich, wie viele andere Händler auch, mit sinkenden Frequenzen in den Innenstädten zu tun. Doch der Hauptgrund lag bei uns: Wir haben eine verfehlte Sortimentspolitik eingeschlagen und damit die Dinge verschlimmbessert.

Inwiefern?

Funke: Zum Beispiel haben wir zusätzlich Möbel ins Sortiment genommen, was die Komplexität unserer Logistik deutlich erhöht hat. Ein Möbelstück füllt mindestens zwei Europaletten, während alleine auf eine Palette unzählige Teller und Tassen passen. Als Accessoire-Händler hat uns das zu hohe Kosten eingebracht und unter anderem in die Krise geführt.

Wann war Ihnen klar, dass die Insolvenz nicht mehr abzuwenden ist?

Funke: Wir verzeichneten bereits seit November 2016 wieder steigende Umsätze, weil wir den falschen Kurs erkannt hatten und entsprechend gegensteuerten. Deshalb waren wir eigentlich sehr optimistisch. Im Januar 2017, kurz vor der Insolvenz, war dann klar, dass eine gemeinsame Lösung mit den Fremdkapitalgebern künftig nicht gelingen würde. Das hat uns zu diesem Zeitpunkt überrascht.

Josten: Die Insolvenz haben wir nicht angemeldet, weil wir keine Ideen hatten, wie wir aus der Krise kommen, sondern weil die Finanzierung nicht mehr stand.

Als die Deko-Handelskette Butlers im Januar 2017 einen Insolvenzantrag stellte, reagierte die Branche überrascht. Im Interview erklären Firmengründer Wilhelm Josten und sein Co-Geschäftsführer Jörg Funke, weshalb Butlers wider Erwarten in die Krise stürzte und was sie daraus gelernt haben.

Auch während der Insolvenz blieben Sie als bisherige Geschäftsführung bei Butlers an Bord. Wie war das möglich?

Josten: Wie das bei einer Insolvenz gang und gäbe ist, war der Insolvenzverwalter hauptverantwortlich und hatte die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis inne. Doch wir blieben als Geschäftsführer im Amt und haben ihn dabei unterstützt, die Geschäfte operativ voranzubringen. Denn es ging von Anfang an nicht darum, das Unternehmen zu zerschlagen, sondern es als Ganzes zu erhalten. Deswegen haben wir uns für die Konstellation einer Regelinsolvenz im Planverfahren entschieden. Wir konnten klar aufzeigen, dass viele Fehler schon im Vorfeld abgestellt waren und dass wir in der Lage sein würden, den Insolvenzverwalter bei der Sanierung des Unternehmens stark zu unterstützen.

Sie mussten insgesamt 27 Filialen schließen und mehr als 200 Mitarbeiter entlassen. Wie geht es diesen Menschen heute?

Funke: Wir wissen, dass unsere ehemaligen Mitarbeiter in der überwiegenden Mehrzahl wieder gut untergekommen sind. Dass im Einzelhandel immer wieder Filialen schließen und andere neu eröffnen, ist an sich nichts Ungewöhnliches. Eine Insolvenz natürlich schon. Daher war es uns wichtig, intern gut zu kommunizieren und Besonderheiten wie das Insolvenzgeld zu erklären. Die Insolvenzverwaltung hat uns zusätzlich dabei geholfen, Sorgen bei den Mitarbeitern zu nehmen.

 Was hat die Insolvenzverwaltung konkret gemacht?

Funke: Wir hatten den Fall, dass bei einem Mitarbeiter der Baukredit nicht genehmigt wurde. Also hat der Insolvenzverwalter bestätigt, dass der Mitarbeiter auch über den Eröffnungszeitraum hinaus seinen Job behalten wird und das Einkommen zumindest für diesen Zeitraum gesichert ist. In Fällen wie diesen hat der Insolvenzverwalter auch mal persönlich bei den Betroffenen angerufen, wenn es Probleme gab. Das hat Vertrauen geschaffen.

Zu Ihren Gläubigern gehörten auch Privatanleger, an die Sie vor fünf Jahren Genussrechte ausgegeben hatten. Diese haben ihr eingesetztes Geld im Zuge des Insolvenzverfahrens komplett verloren. Wie wollen Sie bei diesen Menschen wieder Vertrauen gewinnen?

Josten: Das liegt uns schwer im Magen, da gibt es nichts zu beschönigen. Neben der Tatsache, dass wir Mitarbeiter entlassen mussten, ist es das schwierigste Kapitel. Wir hatten am Ende leider keine andere Wahl, weil wir den Insolvenzplan sonst wahrscheinlich nicht hätten umsetzen können. Wir hoffen, bei diesen Menschen irgendwann wieder Vertrauen aufbauen zu können. Noch mal Genussrechte auszugeben, darüber denken wir überhaupt nicht nach.

Als die Deko-Handelskette Butlers im Januar 2017 einen Insolvenzantrag stellte, reagierte die Branche überrascht. Im Interview erklären Firmengründer Wilhelm Josten und sein Co-Geschäftsführer Jörg Funke, weshalb Butlers wider Erwarten in die Krise stürzte und was sie daraus gelernt haben.

Herr Josten, wie haben Sie es als Gründer und Inhaber empfunden, sich auf Ratschläge eines Insolvenzverwalters einlassen zu müssen?

Josten: Ich habe das nicht als behindernd empfunden, weil wir alle dasselbe Ziel hatten, das Unternehmen zu retten. Da die Teams gut miteinander konnten und von keiner Seite Misstrauen geschürt wurde, war die Arbeit immer sehr konstruktiv. Es war für uns ja auch eine Hilfestellung, in diesen besonderen Zeiten auf die Fähigkeiten anderer Spezialisten wie zum Beispiel guter juristischer Berater bauen zu können.

Welche neuen Impulse von außen brachte Ihnen das Insolvenzverfahren?

Josten: Es wurde uns etwas bestätigt, was wir schon vorher im Gefühl hatten: Der Erfolg einer Sanierung liegt auch immer in der Fokussierung.

Einrichtung in der Filiale: Den gedeckten Tisch sieht Butlers als seine Kernkompetenz.

Also weg von den Möbeln.

Josten: Die Fehlentwicklung bestand vor allem darin, dass wir unsere Kernkompetenz zunehmend vernachlässigt und auch im Einkauf falsche Entscheidungen gefällt haben. Dort haben wir gute Sortimente nicht weiterentwickelt und stattdessen Wert auf ganz andere Dinge gelegt: Zum Beispiel haben wir entschieden, im großen Stil Handtücher oder Bettwäsche anzubieten. Die Folge war, dass der Kunde nicht mehr erkannt hat, wofür Butlers steht.

Worauf fokussiert sich Butlers heute?

Josten: Auf unsere Kernkompetenzen Küche und Esszimmer und auf den gedeckten Tisch. Mit unseren Produkten wollen wir dort mittendrin sein, wo sich die Menschen daran erfreuen, dass sie zusammen sind. Dazu gehören das Gedeck, die Deko oder auch Gastgeschenke.

Handelsexperten kritisierten im Zuge der Insolvenz, Butlers sei mit seinem Konzept im Living-Bereich stuck in the middle zwischen Billig- und Premiumanbietern. Wie wollen Sie dem entgegentreten?

Josten: Ich sehe das nicht so. Wir sind im Gegensatz zu den Discountern eine Marke, aber positionieren uns jünger und preiswerter als etablierte Porzellanhersteller. Weil die Wertschöpfung bei uns aus einer Hand kommt, können wir den Kunden ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

Sie sind auf Online-Marktplätzen vertreten und haben in Rewe-Filialen eigene Regalmeter mit Butlers-Produkten. Ist Kooperation der Weg, den Handelsketten einschlagen müssen, um zu überleben?

Josten: Wir sind in den 2000er-Jahren als Einzelhändler und Filialist gestartet, aber haben uns zu einer Marke entwickelt. Und wir glauben, dass diese Marke auch in der Lage ist, außerhalb des eigenen Vertriebsnetzes stattzufinden. Die Plattformen schätzen die Positionierung unserer Marke und wollen mit uns wachsen und Geld verdienen. Wir bauen gerade an einer Shop-in-Shop-Lösung, die 60 bis 70 Quadratmeter umfassen und Butlers in die Kaufhäuser bringen soll. Und wir sprechen mit Rewe und anderen Lebensmittelhändlern über weitere Platzierungen in deren Vertriebsstruktur.

Als die Deko-Handelskette Butlers im Januar 2017 einen Insolvenzantrag stellte, reagierte die Branche überrascht. Im Interview erklären Firmengründer Wilhelm Josten und sein Co-Geschäftsführer Jörg Funke, weshalb Butlers wider Erwarten in die Krise stürzte und was sie daraus gelernt haben.

Was bedeutet das für Ihre Filialen?

Josten: Unsere Filialen und das eigene Online-Geschäft bleiben unser Fundament. Davon ausgehend möchten wir zusätzliches Wachstum über Dritte generieren. Unser Ziel ist es, dass der Anteil der eigenen Filialen am Umsatz prozentual sinkt, aber absolut trotzdem steigt.

Aber es kaufen immer weniger Menschen in den Innenstädten ein.

Josten: Wir sehen in der Krise, die der stationäre Einzelhandel erlebt, durchaus auch eine Chance: Auf diese Weise können wir antizyklisch den ein oder anderen guten neuen Standort gewinnen. Wir gehen dabei aber sehr vorsichtig vor und setzen zum Beispiel auf zeitlich befristete Mietverhältnisse. Da wir noch das Mobiliar der geschlossenen Filialen haben, können wir mit relativ geringem Aufwand Pop-up-Stores eröffnen, wenn uns die Eigentümer beim Mietzins entgegenkommen. Allein in den vergangenen drei Monaten haben wir in drei guten Lagen – in Berlin, in Erlangen und in Oldenburg – Filialen für ein, zwei Jahre eröffnet. Die Geschäfte dort laufen gut.

Auf welche Märkte im Ausland schielen Sie?

Josten: Das sind einerseits die Nachbarländer, beispielsweise Polen, Belgien oder die Niederlande. Ich glaube aber auch, dass unsere Marke in China sehr großen Erfolg hätte. Dort könnten wir uns vorstellen, zunächst nur online vertreten zu sein.

Sie hatten vor der Insolvenz bereits Filialen in England und Spanien, die schließen mussten oder die inzwischen von Franchisenehmern betrieben werden. Wie wollen Sie diesmal ins Ausland expandieren?

Josten: Über Franchisenehmer. Denn in dem Moment, in dem Sie alles selbst machen, steigt die Komplexität so sehr, dass die Fokussierung wieder in Gefahr ist. Man denke nur an Mietverträge in einer fremden Sprache oder daran, vor Ort jeweils eine eigene Buchhaltung aufbauen zu müssen. Wir kümmern uns selbst um die DACH-Region, alles andere machen wir mit Partnern.


Zu den Personen

Wilhelm Josten und Jörg Funke sind die Geschäftsführer von Butlers. Im Jahr 1999 gründete Josten aus einem traditionsreichen Familienunternehmen heraus Butlers als Handelskette mit Produkten vor allem für die Küche und das Esszimmer.

Zum Unternehmen

Im Januar vergangenen Jahres musste Butlers einen Insolvenzantrag stellen. Zum Abschluss der Insolvenz haben sich der NRW Bank Spezialfonds und die STS Ventures GmbH mit Eigenkapital in Höhe von 10 Mio. Euro an Butlers beteiligt. Seitdem vertritt Wilhelm Josten als größter Einzelgesellschafter sämtliche Altgesellschafter. Im Jahr 2017 setzte Butlers mit 120 Filialen im In- und Ausland rund 75 Mio. Euro um. Derzeit beschäftigt das Unternehmen 800 Mitarbeiter.

www.butlers.com

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