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„Wir rechnen mit einer Vervielfachung“

Mit Emmas Enkel verbindet Geschäftsführer Sebastian Diehl den alten Tante-Emma-Laden mit dem zukunftsträchtigen Onlinehandel. Wie der kleine Händler alte Strukturen aufbricht, wo er neue Läden eröffnet und weswegen Metro sich am Unternehmen beteiligt hat.

Herr Diehl, laut einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung soll sich der Anteil des Onlinehandels für Lebensmittel, inklusive Drogerieprodukte, bis zum Jahr 2025 verdoppeln. Ist das eine Einschätzung, die Sie teilen?

Ich halte sie eher für konservativ. Für Lebensmittel rechnen wir mit einer Vervielfachung. Letztlich entscheidet die Qualität des Angebots, was daraus wird. Klar ist zumindest, dass es in Deutschland am Angebot mangelt.

Deutschland gilt als schwieriger Markt für den Online-Lebensmittelhandel, warum ist das so?

Das liegt vor allem an der hohen Dichte der Discounter. Die Kunden merken allerdings momentan, dass billig alleine nicht glücklich macht. Bei Lebensmitteln entsteht in breiter Masse ein neues Bewusstsein.

Dann werden es die Discounter künftig schwerer haben?

Vorab bestellen und Ware liefern lassen: Für Sebastian Diehl der Tante-Emma-Laden des 21. Jahrhunderts. (© Diehl & Brüser Handelskonzepte GmbH)

Wahrscheinlich wird es diese immer geben. Doch werden sich eben auch andere Handelsformen entwickeln. Mit Emmas Enkel haben wir durchaus die Chance, alte Strukturen aufzubrechen. Aldi hat Antworten gegeben aus einer etwas früheren Zeit. Wir leben jetzt in einer anderen und es würde uns sehr verwundern, wenn sich keine neuen Konzepte etablieren würden.

Doch selbst der Edeka-Chef Markus Mosa hat gesagt, dass er nur in Randbereichen des Lebensmittelhandels Chancen für den Onlinehandel sehe. Wieso sieht er die Entwicklung so kritisch?

Ich weiß nicht, was ihn bewegt, so etwas zu sagen. Viele andere sehen das jedenfalls anders. Der Konkurrent Rewe etwa hat viele neue Leute für den Onlinehandel eingestellt und baut einen Multi-Channel-Kanal auf. Neue Systeme in einem so großen Konzern zu implementieren, ist jedoch nicht ganz einfach.

Ist das Ihre Chance als Mini-Einzelhändler, der auf Onlinevertrieb setzt?

Wir verbinden mit Emmas Enkel das Offline- mit dem Onlinegeschäft und setzen darauf unsere IT-Infrastruktur auf. In einem kleinen Unternehmen geht das natürlich einfacher.Mit Emmas Enkel verbindet Geschäftsführer Sebastian Diehl den alten Tante-Emma-Laden mit dem zukunftsträchtigen Onlinehandel. Wie der kleine Händler alte Strukturen aufbricht, wo er neue Läden eröffnet und weswegen Metro sich am Unternehmen beteiligt hat.

Allerdings haben Sie das Problem der Logistik.

Absolut. Insbesondere bei der Anlieferung des Standardsortimente. Und es gab auch ein paar Leute, denen das ebenso aufgefallen ist, schon vor diesem Gespräch (lacht).

Also haben Sie erwogen, einen Konzern mit ins Boot zu holen.

Richtig. Seit Ende des Jahres arbeiten wir mit der Metro und deren Tochter Real zusammen.

Wie kam es zu dem Deal?

Die Mischung macht’s: Zum Konzept von Emmas Enkel gehören Online- und stationärer Handel. (© Diehl & Brüser Handelskonzepte GmbH)

Es gibt im Handel nicht so viele Marktteilnehmer. Kommt ein neuer, der dann auch noch sämtliche Regeln bricht, wird man sehr schnell wahrgenommen. Es gab verschiedene Gespräche und schnell war klar, dass Metro als strategischer Investor zu uns passt. Dies hatte vor allem logistische Gründe, aber auch die Finanzstärke eines DAX-Konzerns war für uns attraktiv. Offen gab die Metro zu, dass Innovation in diesem Bereich nicht gerade ihre größte Stärke ist und neue Konzepte, frei von Konzernzwängen entwickelt, dem Unternehmen gut tun.

Hat darüber der Metro-Vorstand beschlossen?

Der Vorstand war die ganze Zeit im Thema, hat aber die Verhandlungen natürlich nicht selbst geführt.

Dennoch muss es doch mühselig sein, als kleines, flinkes Unternehmen quälend langsame Abstimmungsschleifen im Konzern zu drehen. Oder gibt es eine eigene Abteilung, mit der Sie zusammenarbeiten?

Es gibt in der Tat eine eigene Abteilung, die uns auch etwas abschirmt und die Fragen intern klärt. Zu Real haben wir ein enges Verhältnis. Es ist aber auch klar, dass sich Prozesse manchmal etwas verzögern. Damit muss man rechnen, wenn man mit einem Konzern zusammenarbeitet.

Die Metro hält jetzt 15 Prozent an Emmas Enkel, was ist Ihre weitere Strategie?

Der Fokus liegt darauf, das Konzept auszurollen und weiterzuentwickeln. Und das nicht nur online, sondern auch mit stationären Läden. Ähnlich wie bei „Rewe to go“ wollen wir das Convenience-Angebot erhöhen. Auch hier ist Deutschland noch Entwicklungsland. Wer einmal in London war und bei Pret-a-Manger eingekauft hat, weiß das zu schätzen.

Mit Emmas Enkel verbindet Geschäftsführer Sebastian Diehl den alten Tante-Emma-Laden mit dem zukunftsträchtigen Onlinehandel. Wie der kleine Händler alte Strukturen aufbricht, wo er neue Läden eröffnet und weswegen Metro sich am Unternehmen beteiligt hat.

Will Metro weiter aufstocken?

Jetzt sind es erstmal 15 Prozent und nun sehen wir zu, dass wir mit dieser neuen Konstellation einen möglichst hohen Marktanteil gewinnen. Noch stehen wir am Anfang.

Momentan haben Sie zwei stationäre Läden: einen in Düsseldorf, einen in Essen. Dazu kommen ein Franchisenehmer in Berlin und der Onlinehandel. Woher bekommen Sie die Ware?

60 bis 70 Prozent der Produkte kommen aus den Zentrallager von Real. Das sind Waren, die auch in jedem anderen Supermarkt erhältlich sind. Angereichert wird das Sortiment mit regionalen und innovativen Produkten. Hätten wir nur Standardprodukte, gäbe es keinen Grund, weswegen der Kunde bei uns und nicht bei Rewe bestellen sollte.

Was heißt das für die Zukunft?

Dass wir expandieren wollen und unsere Shops auch für andere regionale Partner weiterentwickeln wollen. Sobald wir die Baugenehmigungen haben, werden wir drei neue Läden in Köln, Dortmund und Berlin eröffnen. Das wird hoffentlich noch im Herbst dieses Jahres der Fall sein.

Was wird denn in den Läden verändert?

Wir werden den Convenience-Food Anteil ausbauen, etwa einen Mittagstisch einführen. Wir werden den Online-Anteil etwas stärken und publik machen, dass wir jetzt in noch mehr Städten vor Ort sind. Insgesamt wird es jedoch mehr Evolution als Revolution.

Wie ist das Umsatzverhältnis zwischen Ladengeschäft und Internet prozentual?

In Düsseldorf machen wir 70 Prozent mit dem Onlinegeschäft und 30 Prozent mit dem Ladengeschäft. In Essen ist das Verhältnis 40 zu 60.

Was macht Sie so sicher, dass Sie im Haifischbecken Lebensmitteleinzelhandel gegen die Großen bestehen können?

Wir schlagen uns jetzt schon einige Zeit ganz beachtlich. Es gibt im Online-Umfeld eine realistische Chance zu bestehen. Das zeigen auch unsere Zahlen, die ich besser kenne als jeder andere. Ich bin bis in die Haarspitzen davon überzeugt, dass wir das richtige Konzept haben. Allerdings gehört auch eine gesunde Portion Realismus dazu und die Bereitschaft, laufend am Konzept zu arbeiten.


Zur Person

Zusammen mit seinem Partner Benjamin Brüser gründete Sebastian Diehl vor mehr als vier Jahren Emmas Enkel. Der Sauerländer absolvierte ein duales Studium zum Betriebswirt beim Papierhersteller Wepa. Ende vergangenen Jahres beteiligte sich die Metro AG am Unternehmen. Deren Tochter Real liefert das Standardsortiment für Emmas Enkel. Noch in diesem Jahr sollen drei neue Geschäfte eröffnet werden. Ziel ist es, mit klassischen Tante Emma Läden, aber vor allem mit modernem E-Commerce Handel erfolgreich zu sein. www.emmas-enkel.de

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