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„Wir haben sämtliche Prozesse auf den Kopf gestellt“

Im Interview mit der Unternehmeredition spricht Max Sturm, CFO von Senator Entertainment, über die Kapitalmaßnahmen im Rahmen der Restrukturierung, den Zukauf der französischen Wild Bunch S.A. und die aktuellen Aussichten am Markt. 

Unternehmeredition: Herr Sturm, im Jahr 2013 brachen die Umsatzerlöse bei Senator Entertainment massiv ein. Was waren die Gründe?

Sturm: Dafür gibt es eine ganz simple Erklärung: Durch den enormen Erfolg des Kinofilms „Ziemlich beste Freunde“ schossen die Umsätze im Jahr 2012 in die Höhe. Ohne einen solchen Blockbuster lagen die Erlöse 2013 deutlich darunter.

Im letzten Jahr haben Sie sowohl eine finanzielle als auch eine strategische Restrukturierung durchgeführt. Ziemlich viel auf einen Schlag. Kann das gut gehen?

Selbstverständlich war die Organisation anspruchsvoll, zumal Senator in den letzten Jahren nicht unbedingt als großer Markt-Player aufgetreten ist. Dennoch haben wir bislang alles planmäßig und mit großem Erfolg umgesetzt.

Erläutern Sie doch kurz, welche Maßnahmen Sie getroffen haben, um das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu lenken.

Mandela Filmpremiere in Berlin: Das Geschäft mit den Filmrechten ist hart.

Zunächst haben wir die Liquidität und die Kapitalstruktur stabilisiert. Nach einem Kapitalschnitt im Verhältnis 4:1 und der Genehmigung der BaFin, unsere Aktionäre von Pflichtübernahmeangeboten zu befreien, folgte eine Barkapitalerhöhung von rund 16 Mio. Euro und schließlich ein Debt-Equity-Swap in Höhe von etwa 10 Mio. Euro. Hinzu kam der Erwerb der französischen und europaweit aktiven Wild Bunch S.A., die uns eine internationale Marktposition verschafft hat.

In der Vergangenheit gab es bereits einige Restrukturierungsmaßnahmen. Was ändert sich diesmal?

Senator war in den letzten Jahren operativ nicht immer erfolgreich und ist teilweise in wirtschaftliche Schieflagen geraten. Im Zuge der Restrukturierungsmaßnahmen haben wir dafür gesorgt, dass dies künftig nicht mehr passieren wird. Zugleich soll eine nachhaltige Unternehmensgesundung gewährleistet werden. Neben den reinen Kapitalmaßnahmen haben wir deshalb sämtliche Prozesse auf den Kopf gestellt, etwa durch die Anpassung von Risikomanagementprozessen.

Welche Ziele verfolgen Sie mit der Fusion der französischen Verleihfirma Wild Bunch?

Heutzutage müssen Produktionsfirmen mit deutlich mehr Kunden kommunizieren als früher, etwa aufgrund der Fülle von TV-Sendern. Hinzu kommt, dass die Video-on-Demand (VoD)-Angebote, wie Amazon Prime, zunehmen. Diese Kunden sind große Player am Markt, wodurch es für nationale „kleine Lichter“ schwieriger ist, mit diesen Unternehmen auf Augenhöhe zu verhandeln. Als international aufgestelltes Unternehmen erhoffen wir uns somit mehr Erfolge auf der Vertriebsseite. Wir merken jetzt schon, dass wir von Produzenten international stärker wahrgenommen werden.Im Interview mit der Unternehmeredition spricht Max Sturm, CFO von Senator Entertainment, über die Kapitalmaßnahmen im Rahmen der Restrukturierung, den Zukauf der französischen Wild Bunch S.A. und die aktuellen Aussichten am Markt. 

Sie vermarkten Ihre Eigenproduktionen und erworbenen Rechte sowie Lizenzen in den Entertainmentbereichen Kino, Home Entertainment und TV. Welche Teilmärkte stellen die größte Herausforderung dar?

Ein Sorgenkind haben wir derzeit nicht. Wenn ein Film erfolgreich im Kino ist, lässt er sich später auch gut auf DVD oder im TV vermarkten. Die Kunst besteht eher darin, das richtige Produkt zu akquirieren und zu produzieren.

Die aktuellen Geschäftszahlen zeigen, dass die Umsatzerlöse 2014 um knapp 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen sind. Wie erklären Sie sich das?

Viele unternehmerische Entscheidungen kommen erst nach einem längeren Zeitraum zum Tragen. Das Jahr 2014 sowie das erste Halbjahr des laufenden Geschäftsjahrs sind daher noch von Akquisitions- und Produktionsentscheidungen der Vergangenheit geprägt. Diese „Altlasten“ müssen wir derzeit noch schultern.

Im laufenden Jahr soll es zusätzliche Finanzierungen geben. Wie sehen diese aus?

Unsere Strategie sieht ganz klar vor, weiter zu wachsen, vor allem organisch, aber auch weitere Zukäufe sind möglich. Deshalb sind wir für Opportunitäten, die sich am Markt ergeben können, aufgeschlossen. Dazu benötigen wir weiteres Kapital. Ob wir diese Mittel über Eigen- oder Fremdkapital aufnehmen, evaluieren wir gerade noch.

Immer wieder waren es Einzelerfolge, die das Ergebnis von Senator herausgerissen haben. Konstanz gab es selten. Ist das Geschäftsmodell tragfähig?

Seit der Übernahme von Wild Bunch ja, denn was solche branchenstarken Unternehmen auszeichnet ist, dass sie einen Mindestanteil von 60 bis 70 Prozent an profitablen Produkten im Gesamtportfolio aufweisen. Vor der Restrukturierungsmaßnahme war das bei Senator nicht der Fall.

Kinos stecken in der Krise, Video on Demand ist angesagt – Chance oder Risiko für Senator?

Wir sehen es als Chance. Wild Bunch bringt gute Erfahrungen im VoD-Bereich mit, da es eines der ersten Unternehmen mit einem solchem Angebot in Frankreich war. National und international hält sich die Kinobranche außerdem relativ stabil. Unser Fokus liegt auf zukunftsfähigen Wachstumsmärkten im Kinobereich, wie etwa China.Im Interview mit der Unternehmeredition spricht Max Sturm, CFO von Senator Entertainment, über die Kapitalmaßnahmen im Rahmen der Restrukturierung, den Zukauf der französischen Wild Bunch S.A. und die aktuellen Aussichten am Markt. 

Amazon, Netflix & Co produzieren mittlerweile eigene Serien. Der Druck wird immer größer. Wie wollen Sie diesem standhalten?

Dazu haben wir u.a. eine TV-Development und Produktionsunit gegründet, die qualitativ hochwertige und internationale Produkte entwickeln soll, insbesondere im Serienbereich. Insofern freuen wir uns, dass es neue Player am Markt gibt, und hoffen, einige unserer Produkte künftig platzieren zu können, die z.B. über ein Amazon-Label laufen.

Was erwarten Sie für 2015?

Wir betrachten das Jahr 2015 eher als ein Übergangsjahr, das noch durch Altlasten geprägt ist, und erwarten einen Umsatz von mindestens 150 Mio. Euro. Außerdem rechnen wir mit einem positiven Ergebnis.

Wie schwer haben es deutsche Unternehmen in der Branche, die nach wie vor vom US-Markt angeführt wird?

Deutschland hat es nach wie vor schwer, obwohl es national immer wieder sehr große Erfolge gab, wie zuletzt z.B. „Honig im Kopf“ von und mit Til Schweiger. Insgesamt kann man jedoch festhalten, dass es für deutsche Produzenten auf dem internationalen Markt schwierig ist und dass große internationale Erfolge seit geraumer Zeit nicht realisiert wurden.

Mit dem Kassenschlager „Ziemlich beste Freunde“ erzielte Senator 2011 seine bisher höchsten Einnahmen. Sind demnächst ähnliche Erfolge abzusehen?

So etwas ist natürlich schwer absehbar. Wir hoffen, dass wir vergleichbare Filme im Portfolio haben werden, und gehen davon aus, auch künftig große Erfolge feiern zu können. So eröffnete einer unserer Filme, „Standing Tall“, gerade die Filmfestspiele in Cannes, „Wolf Totem“, ebenfalls bei uns im Vertrieb, hat kürzlich in China die Marke von 100 Mio. US-Dollar im Boxoffice geknackt.

Herr Sturm, vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person

Max Sturm ist seit 2013 Finanzvorstand der Senator Entertainment AG. Mit den eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen möchte er das stark angeschlagene Unternehmen auf Erfolgskurs lenken. Durch die Fusion mit der französischen Wild Bunch S.A. im Januar hat sich Senator bereits eine internationale Marktposition verschafft. www.senator.de

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