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„Eine Anleihe begibt man nicht so nebenbei“

Die im Februar aufgelegte Anleihe des Automobil-Zulieferers Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH erwies sich nach einer langen Durststrecke für Mittelstandsanleihen als Eisbrecher. Dr. Hubertus Bartsch, Geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, spricht über den Erfolg der Anleihe und die Zukunftsaussichten seines Unternehmens.       

Unternehmeredition: Herr Dr. Bartsch, Anleihen mittelständischer Unternehmen genossen in der Vergangenheit am Kapitalmarkt nicht den besten Ruf. Weshalb haben Sie sich dennoch entschlossen, eine Anleihe aufzulegen?

Dr. Bartsch: Weil wir die Mittelstandsanleihe als ein gutes Mittel zur Finanzierung unseres Wachstums halten und weil die Automotivbranche weiter stabile Zuwachsraten bieten wird.

Was wollen Sie mit dem eingeworbenen Kapital machen?

Wir wollen damit unser Unternehmenswachstum weiter vorantreiben. 2011 haben wir uns entschlossen, nach China zu expandieren, wo wir in Tianjin auf Basis bereits bestehender, langfristiger Aufträge ein neues Zahnradwerk errichten werden. Für dieses Projekt wollen wir etwa 60 Prozent des Emissionserlöses verwenden. Weitere 27 Prozent  sind für Prozessinnovationen und -diversifikationen, für die regionale Expansion sowie deren Finanzierung vorgesehen. Die restlichen 13 Prozent dienen der Umstrukturierung der Passivseite unserer Bilanz.

Die Anleihe war bereits am ersten Tag ausverkauft. Wer waren die Zeichner?

Zeichner waren Mittelstandsfonds, Family Offices, Vermögensverwalter und über einen Teil der Börse auch Kleinanleger.

Sie sind in der Öffentlichkeit nahezu unbekannt, haben aber dennoch eine über 100-jährige Tradition. Was kennzeichnet Ihr Geschäftsmodell?

Wir sind ein Produzent von Motor- und Getriebeteilen, Getriebebaugruppen und Komplettbetrieben für den nationalen und internationalen Markt in den drei Produktbereichen Getriebe, Einzelteile und Baugruppen sowie Synchronisierungen. Getriebe- und Antriebstechnik gehört heute noch zu den Kernkompetenzen eines jeden Automobilherstellers. Deshalb waren wir bis 2005 vor allem auf Kleinserien fokussiert. Dann entschlossen wir uns, in die Großproduktion einzusteigen. Begonnen haben wir dann mit der Produktion von Synchronisierungen für sogenannte Doppelkupplungsgetriebe, wo wir uns in den letzten Jahren zum weltweiten Hauptlieferanten entwickelt haben. Heute agieren wir bei 90 Prozent  unserer Aufträge als Alleinlieferant. Mit unserem neuen Geschäftsmodell unterstützen wir als Partner die OEMs beim schrittweisen Outsourcing ihrer bisherigen Kernkompetenzen.Wird das ausreichen, um den Anlegern den versprochenen Kupon von 7,5 Prozent auszahlen zu können?

Wir gehen davon aus, die positive Umsatz- und Ertragsentwicklung fortsetzen zu können. Zudem haben wir durch unsere Entscheidung, in China ein eigenes Werk zu errichten, einen Standortvorteil. Von dort werden wir auch verstärkt weitere Automobilzulieferer im asiatischen Raum akquirieren. Allein in China wird bis 2020 ein deutlicher Anteil des Produktionsvolumens um rund 65% auf 30,6 Mio. Fahrzeuge erwartet. Die Kapazität unseres Werks in China ist jetzt schon auf 1, 5 bis 2 Mio. Stück ausgelegt, also in etwa noch einmal so viel wie wir jetzt in unseren Werken in Leipzig und der Slowakei produzieren.

Welche Sicherheiten kann die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig den Zeichnern der Anleihe noch bieten?

Wir haben eine zusätzliche Besicherung eingebaut, wie sie in herkömmlichen Unternehmensanleihen nicht üblich ist. Die Anleiheforderungen wurden über eine Verpfändung von Anteilen an Tochtergesellschaften abgesichert. Diese Anteile werden über einen Treuhänder verwaltet.

Unterschrift mit China: Dort hat ZWL ein eigenes Werk errichtet.

Nun ist die Emission einer Anleihe gerade für einen Mittelständler mit viel zusätzlicher Arbeit verbunden, ohne dass dadurch das Tagesgeschäft vernachlässig werden sollte. Wo fanden Sie die entsprechende Unterstützung?

Das ist richtig. Eine erfolgreiche Anleihe legt man nicht so nebenbei auf. Es sind die Unternehmenszahlen offenzulegen, es ist ein Anleiheprospekt zu erstellen und Roadshows vor den Investoren zu absolvieren. Wir konnten hier auf das Wissen unseres langjährigen Partners bdp Bormann, Demant & Partner zurückgreifen, der zum einen Erfahrungen mit der Emission von Mittelstandsanleihen hat und andererseits über gute Kenntnisse auf dem chinesischen Markt beim Aufbau von Produktionsstätten verfügte. So konnten wir bei der Wahl unseres Standortes Tinjian und dessen Sonderwirtschaftszone TEAE vom Wettbewerb der chinesischen Provinzen untereinander profitieren und bekamen für unser Werk auch Sonderkonditionen in Form von Subventionen.

Mit der Emission Ihrer Anleihe kam wieder Belebung in den Anleihemarkt. Was raten Sie mittelständischen Unternehmen, die sich mit dem Gedanken tragen, ebenfalls eine Anleihe aufzunehmen?

Ich würde es auf jeden Fall machen, auch wenn es natürlich völlige Transparenz für das Unternehmen bedeutet. Viele Investoren – ob privat oder institutionell – suchen nach Anlagemöglichkeiten in gute mittelständische Unternehmen, die möglichst inhabergeführt sind. Insofern ist das Geld da, es fehlt nur an Mut, diesen Schritt zu gehen.

Herr Dr. Bartsch, vielen Dank für das Gespräch.

 

Zur Person

Dr. Hubertus Bartsch ist seit 1999 geschäftsführender Gesellschafter der Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig, die er seinerzeit mit zwei Kollegen aus der Insolvenz heraus erwarb. Bartsch ist seit 1990 in der Automobilindustrie tätig und verantwortet im Unternehmen unter anderem die Bereiche Finanzen, Rechnungswesen und Controlling. Die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig erwirtschaftete 2013 mit 580 Beschäftigten in Deutschland und der Slowakei einen Umsatz von 65 Mio. EUR. www.nzwl.de

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