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„Win-win aus einer neutralen Position“

Familienunternehmen interessieren sich immer stärker für Beteiligungen an ihresgleichen. Stefan Klemm vom Entrepreneurs Club beobachtet diesen Trend seit einiger Zeit. Im Interview erklärt er, wonach sogenannte Family Offices suchen und welche Vorteile sie gegenüber Wettbewerbern für sich beanspruchen.

Herr Klemm, Family Offices – ob Single oder Multi – sind gerade stark im Kommen. Welche Auswirkungen beobachten Sie aus Ihrer Warte als Servicepartner für Familienunternehmen?

Wir beobachten eine Verschiebung beziehungsweise einen neuen Trend. Vor zehn Jahren waren Buyout-Fonds, teils mit ungesunden Leverage-Lösungen, der große Investitionstrend. Doch dieser Ansatz hat irgendwann nicht mehr so gut funktioniert – immer mehr Fonds kamen auf den Markt. Große Familienunternehmen haben gleichzeitig entschieden, statt der klassischen Vermögensanlage mehr auf Direktinvestments zu setzen.

Welchen Fokus verfolgen denn die Family Offices bei ihren Beteiligungen?

Ein Investitionsobjekt muss schon eine gewisse Größe haben, nicht zuletzt sollte eine tragfähige Managementebene vorhanden sein. Auch wenn viele Unternehmer gerade einen Nachfolger suchen, ist nicht jedes davon interessant. Spannend als Stand alone-Investments sind insbesondere produkt-zentrierte Unternehmen mit breiter Kundenbasis – weniger der reine Lohnfertiger. Aber auch der kann für einen Zukauf für das operative Geschäft Sinn machen.

Fokussieren sich Family Offices ausschließlich auf klassische Mittelständler?

In den vergangenen zwei, drei Jahren ist das Thema Venture Capital immer wichtiger geworden. Family Offices schauen sich also die Start-up-Szene genauer an und beteiligen sich an der Frühphasenfinanzierung. Die Familienunternehmen öffnen sich und suchen bewusst den Austausch, um die Digitalisierung sowie Disruptionen besser zu verstehen. Teilweise sind es die Nachfolger aus der eigenen Familie, die die Start-ups gründen.

Warum ist für den Suchenden ein Family Office gegenüber anderen Beteiligungsgesellschaften interessant?

Der klassische Fall ist eigentlich das Erstgeneration-Unternehmen. Dieser Unternehmer findet oft weder einen Nachfolger in der Familie noch einen Kandidaten für einen MBO (Management-Buyout, Anmerkung der Redaktion). Da liegt ein Verkauf an ein Familienunternehmen nahe. Denn diese stehen für ein Werte-Set, das sich von managementgeführten Corporates unterscheidet, die eher kapitalmarktgetrieben an den Shareholder Value denken.

Familienunternehmen interessieren sich immer stärker für Beteiligungen an ihresgleichen. Stefan Klemm vom Entrepreneurs Club beobachtet diesen Trend seit einiger Zeit. Im Interview erklärt er, wonach sogenannte Family Offices suchen und welche Vorteile sie gegenüber Wettbewerbern für sich beanspruchen.

In einem Fallbeispiel zitieren Sie Richard Oetker nach dem Kauf von Coppenrath & Wiese im Jahr 2015 mit dem Satz: „Wir sprechen die gleiche Sprache.“ Welche Sprache ist das?

Dabei geht es um einende Werte. Ein Familienunternehmen kauft nicht exit-getrieben, sondern eigentlich für die Ewigkeit. Bei der Auswahl steht nicht die Optimierung der Struktur des Deals so sehr im Vordergrund, sondern es spielen mehr als bei Private Equity emotionale Gründe eine Rolle. Auch das operative Geschäft ist langfristig orientiert und mit einer hohen Eigenkapitalquote unterlegt, um schwierige Zeiten auszuhalten. Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Wertschätzung für die Mitarbeiter.

Die Family Offices sind zu einem neuen Player auf dem Markt geworden und machen den klassischen Boutiquen damit Konkurrenz. Was bedeutet das für den Wettbewerb um interessante Unternehmen?

Es führt zu einer Angebotsverknappung, weil attraktive Targets nun schwerer zu finden sind. Auf der anderen Seite entsteht für die Verkäufer eine neue Option, sich nicht der vielfach zitierten Heuschrecke, sondern einem Familienunternehmen anzuschließen. Aber auch die Family Offices müssen sich durchsetzen – etwa gegen Player aus dem asiatischen Ausland, die ihren möglichen Beteiligungen teils sehr attraktive internationale Wachstumsperspektiven bieten können.

Mit Ihrem Entrepreneurs Club wollen Sie den dynamischen Markt etwas ordnen, indem sie Verkäufer und Family Offices zusammenbringen. Was ist Ihr Ansatz?

Unser Ansatz steht unter dem Claim Von Unternehmern für Unternehmer. Die Kernbotschaft ist, dass Familienunternehmen nach Beteiligungen suchen. Dies soll auch bei kleineren Betrieben mit 20 oder 50 Mio. Euro Umsatz ankommen. Statt die Targets unaufgefordert anzusprechen, was vielfach nicht gewünscht ist, sollen diese von sich aus auf uns zukommen – also Pull statt Push. Wir wiederum kennen den Fokus der Family Offices und können vertraulich zwischen Verkäufer und Käufer vermitteln. Unser Interesse zielt auf Win-win aus einer neutralen Position heraus. Wir sind keine Bank und wollen auch nicht selbst mit investieren. Die Prüfung und Strukturierung des eigentlichen Deals machen dann die entsprechenden Berater des Vertrauens von Käufer und Verkäufer.


Zur Person

Stefan Klemm ist Inhaber des Entrepreneurs Clubs, der seit 2005 ein Netzwerk von 300 wichtigen deutschen Familienunternehmen aufgebaut hat. Der Club versteht sich als Unternehmerclub und Dienstleister für Familienunternehmen in strategischen Feldern wie der Suche von Fach- und Führungskräften, der Unternehmensnachfolge und im Employer Branding. Mit dem neuen Geschäftsfeld „EC Match Making“ möchte Stefan Klemm einen Service schaffen, sich zum Beispiel im Rahmen einer Nachfolgelösung an große Familienunternehmen zu wenden und über eine mögliche Veräußerung zu sprechen.

www.entrepreneursclub.eu

 

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