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Welche Rolle spielt der Nachwuchs?

Streitigkeiten oder fehlende Ambitionen machen es Inhabern schwer, die ohnehin komplexe Übergabe innerhalb der Familie umzusetzen. Drei Experten äußern sich zu Alternativen für die klassische Nachfolge.

Innerfamiliäre Konflikte torpedieren oft die gewünschte Übergabe. Ist das Phänomen Familienunternehmen ein Stück weit entzaubert?


” Die Zahl der innerfamiliären Konflikte nimmt stetig zu.”

Dr. Willy von Becker


Dr. Willy von Becker, – Dr. Willy von Becker & Partner

Ja, definitiv. Denn die Zahl der innerfamiliären Konflikte, die Auslöser für erfolgslose Übergaben sind, nimmt stetig zu. In meiner beruflichen Praxis kommen konfliktangereicherte Familienkonstellationen oft vor. Die verhängnisvollsten Auswirkungen sind dann wahrzunehmen, wenn die Übergabe formell bereits vollzogen ist und dann ein Streit über die Art und Weise der Unternehmensführung zwischen Alt- und Junggesellschafter in der betrieblichen Praxis ausgefochten wird. Ein mir gut bekanntes größeres mittelständisches Unternehmen ist durch einen solchen Streit in eine akute Unternehmenskrise geschlittert.

Dr. Lutz Becker, – Vorstandsmitglied Oaklins Germany

Sicher nicht! Persönliche Spannungen kommen in allen und nicht nur den besten Familien vor. Allerdings spielt in vermögenden Unternehmerfamilien zusätzlich der Faktor Geld eine Rolle, die atmosphärische Spannungen erzeugen kann. Inhabergeführte beziehungsweise Familienunternehmen sind weiter Teil des Erfolgsrezepts der deutschen Volkswirtschaft. Es gilt deshalb, diese Spannungen und Konflikte zwischen den Familienmitgliedern klug und professionell zu moderieren – im Zweifel durch Familienexterne. Insbesondere das äußerst sensitive Thema einer familieninternen Nachfolgeregelung braucht Fingerspitzengefühl.

Dr. Klaus Weigel, – Geschäftsführender Gesellschafter Board Xperts GmbH

Nein. Einzelfälle, die dann viel Raum in der Presse einnehmen, sollten nicht verallgemeinert werden. Wahr ist aber auch, dass nicht jede Nachfolge auch in der operativen Führung eines Unternehmens stattfindet. Die Interessen der nachfolgenden Generation sind inzwischen häufiger als früher auf die Rolle eines Gesellschafters mit einem familienfremden Management ausgerichtet. Trotzdem verkörpern diese Unternehmen die Werte und Interessen einer Familie.

Streitigkeiten oder fehlende Ambitionen machen es Inhabern schwer, die ohnehin komplexe Übergabe innerhalb der Familie umzusetzen. Drei Experten äußern sich zu Alternativen für die klassische Nachfolge.

Wenn wegen eines Streits verkauft wird – wo ist das Unternehmen dann bei einem neuen Eigentümer am besten aufgehoben?

Dr. Willy von Becker

Eine funktionierende familieninterne Unternehmensnachfolge ist trotz aller Herausforderungen einem Unternehmensverkauf immer noch vorzuziehen. Sind die Meinungsverschiedenheiten allerdings zu groß, ist der Unternehmensverkauf ein probates Mittel. Allerdings ist es sehr schwierig, einen Algorithmus für die Typisierung eines idealen Eigentümers zu finden. Hier empfehle ich dringend, fallspezifisch externen Rat mit entsprechender Expertise einzuholen.


“Wegen eines Streits zu verkaufen ist sicher nachteilig.”

Dr. Lutz Becker


Dr. Lutz Becker

Wegen eines Streits zu verkaufen ist sicher nachteilig für den Verkaufsprozess. Besser sollte – wenn möglich – der Streit zunächst beigelegt und potenziellen neuen Eigentümern nicht kommuniziert werden. Das belastet sonst das mögliche Verkaufsergebnis. Sollte der Streit einen irreparablen Schaden in der Geschäftsleitung eines Unternehmens hinterlassen, kommen insbesondere neue Eigentümer infrage, die ein solches Leitungsdefizit schnell beseitigen können.

Dr. Klaus Weigel

Das kann man nicht so einfach beantworten. Das kommt sehr auf die jeweiligen Begleitumstände an. Wenn ein größtmöglicher Verkaufserlös erzielt werden soll, ist in der Regel der Verkauf an einen strategischen Erwerber am wahrscheinlichsten. Dies hat allerdings zur Folge, dass die Identität als Familienunternehmen sehr rasch verloren geht, bis hin zur Änderung der Firma und unter Umständen auch einem Abbau und / oder Verlagerung von Arbeitsplätzen. Dagegen bietet der Verkauf an ein übernahmewilliges und -fähiges Managementteam, gegebenenfalls zusammen mit einem Finanzinvestor, die Chance, dass die Identität der Firma noch länger erhalten bleibt.

Streitigkeiten oder fehlende Ambitionen machen es Inhabern schwer, die ohnehin komplexe Übergabe innerhalb der Familie umzusetzen. Drei Experten äußern sich zu Alternativen für die klassische Nachfolge.

Die Rolle der Familienmitglieder wird flexibler gehandhabt als früher. Wie hat sich das Modell bewährt, den Junior statt ins operative Geschäft ins Aufsichtsgremium zu schicken?

Dr. Willy von Becker

Aus meiner beruflichen Praxis habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass sich derartige Model-le nicht durchgesetzt haben. Ein aktiv und erfolgreich agierender Aufsichtsrat muss sich im operativen Geschäft bewährt haben. Nur dann ist er in der Lage, seine Kontrollfunktion rich-tig auszuüben. Dem Junior empfehle in diesem Fall, sich durch einen berufserfahrenen Ma-nager im Aufsichtsrat vertreten zu lassen.

Dr. Lutz Becker

Grundsätzlich ist eine möglichst sachliche und ehrliche Beurteilung der Qualifikation von Familienmitgliedern für alle Positionen sinnvoll – egal ob für die operative Geschäftsleitung oder das Aufsichtsgremium. Denn auch in Aufsichtsgremien kann Schaden am Unternehmen angerichtet werden. Bei mangelndem Interesse oder mangelnder Eignung sollte konsequent ein professioneller Interessenvertreter von außen eingekauft werden.


“Im Aufsichtsgremium sollte externer Sachverstand vorhanden sein.”

Dr. Klaus Weigel


Dr. Klaus Weigel

Dieses Modell kann dann zum Tragen kommen, wenn die nachrückende Generation das Unternehmen operativ nicht führen möchte oder kann. Allerdings müssen diese Personen auf alle Fälle über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, um ihre Gesellschafterrolle im Aufsichtsgremium auch professionell auszuüben. Dazu werden heute schon zahl-reiche Fortbildungsveranstaltungen angeboten, die auf diese Rolle vorbereiten. Zusätzlich sollte im Aufsichtsgremium externer, unabhängiger Sachverstand vorhanden sein.

 

 

 

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