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Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es?

Für den deutschen Mittelstand gibt es aktuell keine Kreditklemme. Gesunde Unternehmen, die eine Finanzierung benötigen, bekommen diese auch. Eher mangelt es in Deutschland an einer Kreditnachfrage. 

Nach Berechnungen der KfW ist die Summe der Bankkredite 2013 um fast 5% zurückgegangen. Hinzukommt, dass auch die Kreditinstitute ihre Bilanzstruktur seit 2008 deutlich verändert haben. Die Banken verkürzen ihre Bilanzen, weil sie ihre Kredite vermehrt mit Eigenkapital unterlegen müssen. Die Bilanzsumme aller deutschen Banken hat sich von 2010 bis 2013 um mehr als 20% verringert.

Andererseits haben aber auch die Unternehmen des deutschen Mittelstands in den letzten Jahren ihre Eigenkapitalquoten deutlich verbessert. Betriebe, die investieren wollen, stellen das inzwischen häufig aus eigenen Mitteln dar. Trotzdem wirkt der Schock aus der Finanzkrise weiter nach, als sich Banken teilweise schlagartig aus der Finanzierung des Mittelstands zurückgezogen haben. Vor allem größere Mittelstandsunternehmen denken intensiv darüber nach, ob und wie sie den organisierten Kapitalmarkt für ihre Mittelaufnahme nutzen können. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren nach Einschätzung aller Marktexperten fortsetzen. Finanzierungsformen wie Schuldscheindarlehen, Anleihen und Verbriefungen werden auch in Deutschland eine größere Rolle spielen.

Finanzexpertise im Aufsichtsgremium

Familienunternehmen müssen sich daher strategisch und operativ mit ihrer Finanzierungsstruktur auseinandersetzen. So erscheint es ratsam, in den eigenen Beirat einen unabhängigen Finanzexperten aufzunehmen, der mit seiner profunden Kenntnis alternativer Finanzierungsinstrumente neue Handlungsspielräume eröffnen kann, die bislang mangels Know-how nicht in Betracht gezogen wurden. Der Finanzexperte im Beirat kann den Unternehmer bzw. die Geschäftsführung anspornen, sich mit neuen Finanzierungsvarianten aktiv auseinanderzusetzen und ggf. die erforderlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Er ist in der Lage, die Vorteile und Nachteile aufzeigen, um Entscheidungsprozesse voranzubringen. Und er kann den Kontakt zu Anbietern neuartiger Finanzierungsinstrumente aufgrund seiner Marktkenntnisse herstellen. Darüber hinaus ist er eine Vertrauensperson, die möglichen Finanzierungspartnern als Garant für einen professionellen Ablauf des Finanzierungsprozesses dient. Sein Renommee ermöglicht damit den Unternehmen bei entsprechenden Voraussetzungen den Zugang zu attraktiven neuen Finanzierungsformen.Ein Finanzfachmann im Beirat ist der natürliche Sparringspartner des CFO, aber auch ein wichtiger Kontakt zum Wirtschaftsprüfer. Er sollte daher zum einen etwas von Rechnungslegung und Risikomanagement verstehen. Darüber hinaus helfen Kenntnisse von unterschiedlichen Finanzierungsinstrumenten und das Wissen darüber, wo sie zu bekommen sind. In kapitalmarktorientierten Unternehmen, die nach dem Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) einen Finanzexperten im Aufsichtsrat haben müssen, ist auch die Erfahrung in professioneller Finanzkommunikation wichtig. Je nachdem, wo die spezifischen Herausforderungen eines Unternehmens liegen, eignen sich somit entweder ein erfahrener Wirtschaftsprüfer oder ein (ex) CFO als Finanzexperte im Beirat, möglichst aus einem von der Größe, Struktur und Ausrichtung vergleichbaren Unternehmen.

Kapitalmarktorientierte Gesellschaften, die aufgrund ihrer Rechtsform nicht zwingend über einen Aufsichtsrat verfügen, müssen gemäß § 324 HGB i.V.m. § 264 d HGB einen Prüfungsausschuss einrichten, von dem mindestens ein Mitglied ein Finanzexperte gemäß § 100 Abs. 5 AktG sein muss.

Aufsichtsratsbesetzung als Teil der Investor Relations

Die personelle Zusammensetzung eines Aufsichtsrats sollten kapitalmarktorientierte Unternehmen auch als ein Instrument der Investor Relations betrachten. Für viele institutionelle Investoren ist die qualifizierte Besetzung des Aufsichtsgremiums ein wichtiges Kriterium bei ihren Portfolioentscheidungen. Sie achten in zunehmendem Maße auch darauf, dass ein Aufsichtsgremium mit Persönlichkeiten besetzt ist, die aufgrund ihres eigenen beruflichen Werdegangs über das notwendige Know-how für diese Kontroll- und Überwachungsaufgabe verfügen. Dies sollten Unternehmen nicht gering einschätzen und in der externen Kommunikation auch die qualitative Zusammensetzung ihres Aufsichtsgremiums stärker herausstellen. Ein u.a. mit einem Finanzexperten qualifiziert besetzter Beirat sollte gerade auch von Familienunternehmen als Chance und Know-how-Potenzial angesehen werden. Mit Fachleuten zu wesentlichen Funktionsbereichen richtig zusammengesetzt, ist der Beirat ein strategisches Instrument zur Zukunftssicherung des Unternehmens. Damit dient er auch dazu, unternehmerisches Vermögen zu erhalten und zu mehren. Auch Familienunternehmen sollten sich daher mit fachlich qualifizierten Beiräten umgeben. Umso mehr, als ein gut besetzter Beirat eine fast unschlagbar günstige Kosten-Nutzen-Relation aufweist.


Zur Person
Dr. Klaus Weigel (klaus.weigel@board-finance.de) ist seit 2006 Geschäftsführender Gesellschafter der WP Board & Finance GmbH, Bad Homburg v.d. Höhe. Er war zuvor 25 Jahre für verschiedene Banken im Corporate-Finance- und Private-Equity-Geschäft in leitender Funktion und als Mitglied in Beiräten und Aufsichtsräten tätig. Die WP Board & Finance GmbH ist spezialisiert auf die Vermittlung qualifizierter Aufsichtsräte und Beiräte. Dr. Weigel ist ferner Mitgründer und Vorstandsmitglied des Verbands Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V. (ArMiD).

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