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Weichen rechtzeitig stellen

Ein Unternehmen zu gründen und zu führen, ist in der Regel mit großem persönlichem Einsatz verbunden. Doch irgendwann kommt für jeden Inhaber die Zeit, sich mit der eigenen Nachfolge zu beschäftigen. Ansonsten gefährdet man sein Lebenswerk.

Die demografische Entwicklung macht auch vor den Inhabern von Familienunternehmen nicht halt: Unseren Schätzungen zufolge stehen bis 2018 jährlich rund 27.000 Unternehmen zur Übergabe an, weil ihre Eigentümer entweder aufgrund von Alter, Krankheit oder Tod ausscheiden. Davon werden rund zwei Millionen Mitarbeiter betroffen sein. Die Mehrzahl dieser Unternehmen wird die Übergabe aller Voraussicht nach gut bewältigen. Einzelnen Inhabern gelingt dies jedoch nicht – obwohl viele öffentliche Institutionen wie etwa die Industrie- und Handelskammern regelmäßig die Unternehmer für das Thema „Nachfolge“ sensibilisieren.

Loslassen fällt schwer

Ein wesentlicher Grund für die schwierige oder erfolglose Suche nach einem Nachfolger ist, dass sich manche Inhaber nicht rechtzeitig mit der Frage des eigenen Ausstiegs beschäftigen. Oft haben sie die Gründung ihres Unternehmens mit viel Einsatz initiiert und mit Herzblut vorangebracht. Es fällt ihnen daher schwer, ihr Lebenswerk loszulassen, selbst wenn sie spüren, dass ihre Tatkraft und Energie aufgrund ihres Alters nachlässt. Dahinter steckt bei einzelnen aber auch die Angst vor der eigenen Zukunft – insbesondere, wenn sie sich keine alternative Beschäftigung aufgebaut haben.

Viele Inhaber sehen sich zudem in der sozialen Verantwortung – nicht nur gegenüber ihrer Familie, sondern auch gegenüber ihren Mitarbeitern: Der Fortbestand ihres Unternehmens ist schließlich nicht nur für die finanzielle Absicherung der Eigentümerfamilie von Bedeutung, sondern auch für die Sicherung der bestehenden Arbeitsplätze. Unter Umständen hängt sogar die wirtschaftliche Entwicklung einer ganzen Region davon ab.

Am liebsten ein Nachfolger aus der Familie

Um ihr Lebenswerk zu sichern, hoffen viele Inhaber, dass ihre eigenen Kinder bzw. andere Familienmitglieder das Unternehmen übernehmen. Nur zu gern verschließt dabei so mancher die Augen vor der Wirklichkeit: Unter Umständen zeichnet es sich nämlich schon länger ab, dass die unmittelbaren Angehörigen nicht zu einem Einstieg neigen oder die nötigen Fähigkeiten nicht mitbringen. Immer mehr Söhne und Töchter sind außerdem nicht bereit, ebenso wie ihre Eltern ihr Leben für das Unternehmen aufzuopfern. Gleichwohl stellt die familieninterne Übergabe immer noch die häufigste Nachfolgeform (54 Prozent) dar, wie eine unserer Analysen gezeigt hat. Mit deutlichem Abstand folgen die unternehmensexterne Übergabe (29 Prozent) oder der Verkauf an einen Mitarbeiter (17 Prozent).

Das Lebenswerk wahren heißt aktiv handeln

Möchte der Inhaber sein Lebenswerk gewahrt sehen, muss er sich aktiv um die Übergabe kümmern: So empfiehlt es sich, diese bereits lange vor dem eigentlichen Rückzug zu planen und anzugehen. Schließlich stellt ihre Vorbereitung den Unternehmer vor Aufgaben, die nicht zum Alltagsgeschäft gehören. Viele Unternehmer können oder möchten sich zudem keine Berater leisten, die auf die Nachfolge spezialisiert sind. Gerade Verhandlungen mit externen Kaufinteressenten laufen aber deutlich profitabler für den Inhaber, wenn er das Unternehmen noch mit voller Tatkraft führt. Dagegen wird die eigene Verhandlungsposition umso schwächer, je näher der geplante Zeitpunkt der Übergabe heranrückt und je problematischer sich die Nachfolgersuche gestaltet.

Unter Umständen ist es dann auch nicht mehr möglich, (unternehmensintern) einen qualifizierten Kandidaten als Nachfolger aufzubauen. Problem verschärfend kommt hinzu, dass die bereits spürbare Verknappung von Fach- und Führungskräften sich auch auf die Anzahl potenzieller Nachfolger auswirkt. Vor allem in weniger attraktiven Regionen bzw. in Branchen, die bereits unter Nachwuchsmangel leiden, ist mit Problemen zu rechnen. Hier empfiehlt es sich, auch bisher wenig berücksichtigte Personengruppen wie Frauen oder Migranten als potenzielle Nachfolger in Betracht zu ziehen.

Die ökonomischen Voraussetzungen müssen stimmen

Eine erfolgreiche Übergabe hängt aber auch maßgeblich davon ab, dass ein realistischer Unternehmenswert ermittelt wird und man sich von falschen Illusionen über den Kaufpreis und die Übergabechancen verabschiedet. Häufig genug scheitern Nachfolgelösungen – insbesondere bei Kleinstunternehmen und Handwerksbetrieben – an den fehlenden ökonomischen Grundvoraussetzungen. Ein Übernehmer lässt sich jedoch nur dann gewinnen, wenn das Unternehmen auch gute Zukunftsaussichten besitzt und den Renditeerwartungen des Interessenten entspricht. Prinzipiell gilt: Unterlassen die Inhaber längere Zeit Investitionen, sinkt der Ertragswert des Unternehmens – und somit dessen Attraktivität. Tatsächlich weisen übergebene Unternehmen häufig ein Jahr vor der Übergabe im Durchschnitt eine um 28,8 Prozentpunkte niedrigere Investitionswahrscheinlichkeit auf als andere Unternehmen. Eines ist daher sicher: Die Übergabechancen sinken, wenn in das Unternehmen in Erwartung des eigenen Rückzugs peu à peu weniger investiert wird.

Konsequenter Rückzug nach der Übergabe

Wer sich schließlich zur Übergabe entschieden hat, sollte diesen Schritt auch konsequent vollziehen – und sich vollkommen zurückziehen. Tatsächlich stellt dieser Schritt für viele Übergeber eine hohe Hürde dar – ein weiterer Grund, an dem einige Nachfolgen scheitern. Dabei bietet jede Übergabe große Chancen für die Weiterentwicklung des Unternehmens – vorausgesetzt, der Alt-Inhaber vertraut den Fähigkeiten und Kompetenzen seines Nachfolgers. Unsere Untersuchungen zeigen, dass – unabhängig von der Größe des übernommenen Unternehmens – ein Großteil von ihnen nicht nur notwendige Investitionen realisiert, sondern auch neue Ideen, Produkte oder Verfahren einbringt. Diese Maßnahmen wirken sich in der Regel positiv auf die Rentabilität aus – was wiederum nachhaltig den Fortbestand des Unternehmens sichert.

Fazit

Die Zahl der zur Übergabe anstehenden Unternehmen wird weiterhin steigen, da die Alterung der Erwerbsbevölkerung auch vor den Selbstständigen nicht halt macht. Da zugleich das Übernahmepotenzial kontinuierlich sinkt, muss sich jeder Unternehmer frühzeitig mit der Frage beschäftigen, in welcher Weise das eigene Unternehmen nach dem eigenen Ausscheiden weiterbestehen soll.


Zur Person

Dr. Rosemarie Kay ist stellvertretende Geschäftsführerin des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn. Sie forscht seit Jahren über das Thema „Unternehmensnachfolge“. www.ifm-bonn.org

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