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Wachstum 2015

Kurze Zeit sah es nicht gut aus für die SHS AG aus München: Abschreibungen auf eine strauchelnde spanische Tochtergesellschaft trieben die Gruppe 2008 in die roten Zahlen, auch weite Teile des operativen Geschäfts waren nicht profitabel. CEO Stefan Gilmozzi startete einen straffen Aufräumkurs. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Bereits das Geschäftsjahr 2011 war eines der erfolgreichsten der Firmengeschichte. 

Die Software entscheidet: Während manche Kunden bei ihrem Online-Einkauf per Rechnung bezahlen dürfen, dürfen das andere nur per Vorabkasse. Dahinter steckt oft Technologie der SHS Viveon AG aus München. Der Konzern bietet Software zum Management von riesigen Datenmengen. Kunden sind etwa BMW Financial Services, Vodafone und die Comdirect Bank, die damit die Bonität ihrer Kunden überprüfen. Oder der Shell Konzern, der mit Hilfe der Münchner sein Credit Management betreibt.

Die Erfolgsgeschichte des Konzerns begann 2006, als die SHS Informationssysteme AG und die Viveon AG fusionierten. Geschäftsfeld der Viveon AG war die Beratung im Bereich Risiko- und Werteevaluation von Kundenbeziehungen, die SHS AG hatte schon immer Software in diesem Bereich entwickelt. Doch bereits zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses waren die Gewichte ungleich geteilt. Der Geschäftsbereich der Viveon AG, verantwortet von Mitgründer Stefan Gilmozzi, war als einziger profitabel; die Tochtergesellschaften der SHS, die spanische SHS Polar sowie der Softwareentwickler Guardean GmbH, erwirtschafteten zwar stabile Umsätze, schrieben unterm Strich aber niedrige einstellige Millionenverluste. Außerdem belasteten Abschreibungen auf Darlehensforderungen gegenüber der SHS Polar das Jahresergebnis beträchtlich. Im Abschluss 2008 stellte der Wirtschaftsprüfer deshalb nur noch ein eingeschränktes Testat aus. Spätestens da war klar: Es musste etwas geschehen.

Restrukturierung „One Company“
Zum Oktober 2009 wurde Stefan Gilmozzi zum alleinigen Vorstand ernannt, einige Restrukturierungsschritte konnte er aber schon im Juni einleiten. Bereits 2008 war eine Kapitalherabsetzung im Verhältnis 1:40 notwendig gewesen – die hohen Abschreibungen auf die SHS Polar hatten das Eigenkapital von 11,1 Mio. auf 375.000 EUR wegschmelzen lassen, der Aktienkurs lag zeitweise bei 7 Cent. Für die daran anschließende Rekapitalisierung der Gesellschaft konnte Gilmozzi wichtige Großinvestoren gewinnen. Die SHS Polar wurde für 5.000 EUR abgestoßen, aufgrund einer Insolvenz der Käuferfirma kam jedoch nicht einmal dieser Betrag rein. Als nächstes machte sich Gilmozzi an die komplizierte Holding-Struktur: Die verbleibenden zwei Tochtergesellschaften SHS Viveon AG und Guardean GmbH hatten beide jeweils eigene Finanzbuchhaltungen und Büroverwaltungen, außerdem wickelten sie ihre Personal- und Marketingabteilungen eigenständig ab. Eine teure und ineffiziente Doppelstruktur. Unter dem Motto „One Company“ zentralisierte Gilmozzi alles in der in München ansässigen SHS Viveon AG, die fortan als Mutterkonzern fungierte. Außerdem kündigte er alle Verträge, die keine direkte Wertschöpfung brachten: also keine Agentur für Investor Relations mehr, kein Designated Sponsoring, der Besuch von Messen fiel ebenfalls flach. Aus Kostengründen entschied sich das Unternehmen ie Firma gar dazu, vom Prime Standard der Frankfurter Börse in den Freiverkehr der Regionalbörse München zu wechseln.

Rigider Sparkurs

Über den rigiden Sparkurs hinaus führte Gilmozzi auch die Bereiche Consulting und Softwareentwicklung näher zusammen und verschlankte Prozesse und Strukturen. Besonders schmerzhaft waren die Restrukturierungsmaßnahmen bei der Guardean GmbH: 14 Mitarbeiter mussten entlassen werden, auch sonst brachen für die Software-Entwickler neue Zeiten an. Kundenstamm und Auftragslage waren stabil, Verluste ergaben sich jedoch aus vorzeitig zugesprochenem Budget, das dann doch keine Returns erzielte. Fortan musste die Guardean mit so viel liquiden Mitteln auskommen, wie sie auch an sicheren Einnahmen nachweisen konnte. Jeder zusätzliche Verkauf konnte künftig sofort als Gewinn verbucht werden.

Die Geschäftszahlen von 2009 gaben dem Sparkurs von Gilmozzi Recht: Das Betriebsergebnis von -3 Mio. EUR 2008 konnte bei 0,4 Mio. EUR stabilisiert werden, ohne die Abschreibung auf das Darlehen der SHS Polar wäre ein positiver Jahresüberschuss rausgesprungen.

Vorzeitige Rückführung der Schuldverschreibung
Der wirkliche Turnaround gelang 2010, als der Konzern eine Verdreifachung des Betriebsergebnisses auf 1,35 Mio. EUR vermeldete. Mit 917.000 EUR erzielte das Unternehmen erstmals seit 2009 wieder ein positives Jahresergebnis. Nach 10% Eigenkapitalquote 2009 lag die Eigenkapitalquote sie nun bei 44%. Auf einen Kniff während der Restrukturierung ist Gilmozzi besonders stolz: Da die SHS Polar kontinuierlich Geld vom Mutterkonzern gebraucht hatte, hatte dieser 2006 eine Wandelschuldverschreibung von nominal 4 Mio. EUR aufgenommen. Die drückten in Zeiten der Krise natürlich besonders stark. Aus eigener Kraft konnte die SHS Viveon den Betrag unmöglich stemmen, die Banken gaben auch noch kein Geld – Gilmozzi musste kreativ werden. Durch ein Gesellschafterdarlehen über 1 Mio. EUR und eine Kapitalerhöhung von 1,5 Mio. EUR nahm er einen Großteil ein. Durch die Einführung von Factoring, die weiter anhaltenden Sparmaßnahmen sowie den minimalen operativen Ertrag gelang es ihm schließlich, die mit Zinslast insgesamt 5,2 Mio. EUR vorzeitig bis zum 30.9.2010 zurückzuzahlen. Stichtag wäre eigentlich der 30.12. gewesen.

Zielkennzahlen voll erreicht
2011 und 2012 waren die bislang erfolgreichsten Geschäftsjahre des Konzerns, mit einem Umsatzwachstum von 8 % bzw. 20%. Für das Geschäftsjahr 2011 wurde erstmals eine Dividende in Höhe von 0,20 EUR je Aktie ausgeschüttet, für 2012 haben Vorstand und Aufsichtsrat 0,25 EUR vorgeschlagen. Damit liegt der Konzern im Rahmen der „Vision 2015“, einer Wachstumsstrategie, die sich Gilmozzi nach dem gelungenen Turnaround ausgedacht hatte und die einen Zielumsatz von 48 Mio. EUR für das Jahr 2015 vorsieht. Bereits 2011 dachte Gilmozzi wieder ans Investieren. Um eine eigene Akquisitionswährung zu haben, startete er ein Aktienrückkaufprogramm, das 2012 verlängert wurde. Erstes Target war ein Entwickler-Team am Standort Düsseldorf, das seitdem unter dem Namen SHS Viveon GmbH den Geschäftsbereich IT-Solutions & Innovations vorantreibt. Außerdem möchte sich die SHS Viveon über Beteiligungen weiterhin breiter aufstellen, erst dieses Jahr erwarb sie 25% an dem Inkasso-Unternehmen Accuravis.

Faktor Internationalisierung
Als wichtigsten Wachstumspfeiler möchte Gilmozzi den Vertrieb weiter ausbauen. Der war im Zuge der Krise logischerweise auch heruntergefahren worden. Über Großkunden wie BMW und Shell ist die Software bereits in Europa, Japan, Australien und Russland vertreten. Doch große Expansionen einzelner Kunden kann Gilmozzis Team nicht immer alleine stemmen. Wie bei Software-Anbietern üblich, startete er auch für die SHS Viveon ein Partnerprogramm, mit dem Produkte und Dienstleistungen im Ausland empfohlen oder direkt weiterverkauft werden. Auch vor Ort konnte Gilmozzi insgesamt sechs neue Kollegen für den Vertrieb hinzugewinnen, drei davon kamen vom Wettbewerber Experian. Aufgrund der erhöhten Personalkosten fiel das Ergebnis im ersten Quartal 2013 negativ aus, das Wachstum betrug 7%. Der Vertrieb ist jedoch Dreh- und Angelpunkt für das weitere Fortkommen der Technologie der SHS Viveon. „Daher unterstützt der momentane Kurs unsere Strategie“, ist Gilmozzi überzeugt.

Verena Wenzelis
wenzelis@unternehmeredition.de

Kurzprofil: SHS Viveon AG
Gründungsjahr: 2006 (durch Fusion der Viveon AG und SHS Informationssysteme AG)
Branche: IT-Dienstleistung (Customer Management)
Unternehmenssitz: München
Mitarbeiterzahl: 270
Umsatz 2012: 27,75 Mio. EUR
Internet: www.shs-viveon.com

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