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Von der Ferienanlage bis zur Uhrenmanufaktur

Auch wenn die Aufnahme von Eigenkapital verlockend erscheint, schrecken viele Mittelständler vor Private-Equity-Gesellschaften zurück. Zu groß erscheint das Risiko und die Gefahr des Kontrollverlustes. Eine Lösung können mittelständische Beteiligungsgesellschaften sein. Sie gehen fast ausschließlich Minderheitsbeteiligungen ein und stellen langfristige Finanzierungen für Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen bereit.

Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) hat die Bedeutung kleinerer und mittlerer Unternehmen in Deutschland kürzlich einmal mehr auf den Punkt gebracht. „Der Beteiligungsmarkt ist vor allem ein Mittelstandsmarkt“, sagte Matthias Kues anlässlich der Präsentation der BVK-Jahresstatistik 2013. Eine besondere Rolle spielen dabei die öffentlich refinanzierten Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen), die 2013 in ihren Bundesländern wieder 484 Unternehmen und damit deutlich mehr als im Vorjahr finanziert haben. Die nachfolgenden Fallbeispiele zeigen, wie die MBGen den Mittelstand von der Nachfolgeregelung bis zur Finanzierung von Innovation und Wachstum unterstützen.

Regenbogen AG: Ferienanlagen der Premium-Klasse

Regenbogen AG: Mit Ferienanlagen an die Börse

Mit ihrem breiten Angebot hat sich die 1991 von Rüdiger Voßhall und Gerhard Rosorius als GmbH gegründete Regenbogen AG in Kiel zu Deutschlands Marktführer für gehobenes Camping entwickelt. Ob im Zelt, Wohnwagen oder in einem Ferienhaus: Mehr als 700 Tsd. Übernachtungen jährlich registriert das Unternehmen in seinen zwölf Ferienanlagen. Ihrem Ruf als Trendsetter wird Regenbogen mit Angeboten für Kinderanimation, Fit und Fun oder Musical-Shows ebenso gerecht wie mit Wellness-Anlagen, Privatbadezimmern für Camping-Gäste und einer eigenen gehobenen Gastronomie. Das mehrheitlich im Familienbesitz befindliche Unternehmen notiert seit 2002 an der Frankfurter Börse. Ein wichtiger Finanzierungspartner ist auch die MBG Schleswig-Holstein, die bereits 2004 eine stille Beteiligung über 250 Tsd. EUR für Investitionen in eine Premium-Anlage bereitgestellt hat. Eine zweite Finanzierung i.H.v. 350 Tsd. EUR fließt nun in die Einführung eines neuen zentralen elektronischen Buchungssystems. „Wir können damit noch schneller auf Anfragen reagieren, Auslastungslücken füllen und den Vertrieb weiter optimieren“, sagt der kaufmännische Leiter Patrick Voßhall. Die stille Beteiligung sei auch deshalb ein wichtiger Finanzierungsbaustein, weil die Gewährung von Bankkrediten für Softwareinvestitionen wegen des Aspekts der Sicherheiten oft mit Schwierigkeiten verbunden ist. „Mit der MBG haben wir aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit und ihres Verständnisses für unser Geschäft den richtigen Ansprechpartner gefunden“, sagt Voßhall.Gebr. Ewald GmbH: Mit Haarkosmetik international erfolgreich

Gebr. Ewald GmbH: Partner der Friseure

Auf mehr als 70 Jahre Tradition kann das Familienunternehmen Gebr. Ewald im thüringischen Nahetal-Waldau zurückblicken, bei dem heute die vierte Generation zusammen mit den Eltern die Geschäfte führt. Zu Zeiten der DDR war der zwischenzeitlich verstaatlichte Betrieb mit Flüssigkeiten für Dauerwellen überaus erfolgreich. Nach der Reprivatisierung ging die Erfolgsgeschichte weiter. Unter dem Markennamen „C:ehko“, der sich aus den beiden Kürzeln für „Coiffeur“ und „Ewald Haar Kosmetik’“ zusammensetzt, hat seit der Jahrtausendwende auch der internationale Erfolg schlagartig zugenommen. Die enge Zusammenarbeit mit der wichtigen Zielgruppe der Friseure pflegt das Unternehmen durch Lieferzuverlässigkeit, Service und viele persönliche Kontakte. „Friseure schätzen überall auf der Welt familienähnliche Partnerschaften“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Annegret Ewald. Von Portugal, Österreich und der Schweiz bis hin in die Ukraine, nach Russland und ins Baltikum exportiert die Gebr. Ewald GmbH heute in über 20 Länder. Ein wichtiger Partner für die Kapitalausstattung ist dabei die MBG Thüringen. Sie stellte vor drei Jahren eine stille Beteiligung zur Finanzierung des Exportwachstums bereit. „Banken geben lieber Kredite für gegenständliche Werte. Da ist es gut für uns, dass die MBG auch die Entwicklung von Vertriebsstrukturen inklusive Personalkosten sowie von Vermarktungskonzepten finanziert“, sagt Geschäftsführerin Ewald. Die stille Beteiligung dient darüber hinaus der Kapitalunterlegung von Rohstoff- und Fertigwarenbeständen, deren Volumen mit den steigenden Exporten zunimmt.Vilm Yachts GmbH: Vorfinanzierung außergewöhnlicher Schiffe

Bei Hobbyseglern hat der kleine Hafen Lauterbach auf der Insel Rügen nicht nur wegen der schönen Natur einen hervorragenden Ruf. Hier, wo schon seit 1948 Schiffe gebaut werden, entstehen auch außergewöhnlich individuelle und solide Familienyachten. Für internationales Aufsehen sorgte Firmengründer Wolfgang Lenz erstmals 1967, als er seine Yachten des Typs „Vilm“ auf einer Ausstellung in London präsentierte. Die Vilm wurde danach regelrecht zu einem Exportschlager der DDR. Die Nachfrage hielt auch an, als das Unternehmen 1990 privatisiert wurde. Denn in Lauterbach entstehen bis heute in Handarbeit maßgeschneiderte Qualitätsyachten, die bei bestem Komfort einfach zu segeln sind. „Wir sind kein Massenhersteller, sondern eher eine Manufaktur“, sagt

Vilm Yachts GmbH: Unter Seglern bekannt

Matthias Lenz, der den Betrieb des Vaters übernommen hat. Auf individuelle Gestaltung achtet der Firmenchef auch bei der betrieblichen Finanzierung. Ein wichtiger Baustein sind dabei die seit 2007 von der Bürgschaftsbank Mecklenburg-Vorpommern bereitgestellten Ausfallbürgschaften. Das erleichtert dem Unternehmen die Vorfinanzierung der Aufträge. Wenn neue Projekte anlaufen, nutzt die Vilm Yachts GmbH zudem stille Beteiligungen der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (MBMV). Matthias Lenz weiß diese Form der Finanzierung trotz der etwas über einem Bankkredit liegenden Verzinsung zu schätzen. „Die stille Beteiligung macht uns unabhängiger von den Banken, die – anders als die MBMV – Neuentwicklungen nicht gerne finanzieren“, sagt Lenz.Johann Erhard Meyer GmbH & Co. KG: Holzhändler achtet auf Liquidität

Ob bei deutschen Importeuren, europäischen Sägewerken oder bei der Industrie: Das Import- und Handelshaus Johann Erhard Meyer GmbH & Co. KG in Bremen kauft Hölzer in großen Mengen direkt von den heimischen und weltweiten Märkten ein, so dass es seinen Kunden eine große Auswahl bei gleich bleibender Qualität garantieren kann. Die Abnehmer des 1848 gegründeten Unternehmens sind im traditionellen Kerngeschäft Tischlereien und Zimmereibetriebe, die im regionalen Umkreis von rund 80 Kilometern ihren Sitz haben. In etwa gleichem Geschäftsumfang beliefert der Handelsbetrieb darüber hinaus bundesweit die Verpackungs- und Palettenindustrie. Vom Schnittholz bis zu Holzwerkstoffen und Bauelementen kommen von der Johann Erhard Meyer die gewünschten Mengen zu marktgerechten Preisen. Das stellt hohe Anforderungen an die Kalkulation und Finanzplanung. „Wir müssen sowohl im Einkauf als auch mit Blick auf die Zahlungskonditionen die besten Preise erzielen“, sagt Thomas Melchers, der das Unternehmen im Zuge einer Nachfolgeregelung vor zwei Jahrzehnten übernommen hat. Große Bedeutung kommt daher auch der Liquiditätsplanung zu. Denn sie ermöglicht im Einkauf die Ausnutzung von Skontomöglichkeiten. Um dem Unternehmen einen möglichst großen Spielraum zu geben, haben BAB – die Förderbank für Bremen und Bremerhaven und die Bremer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft (BUG) ein Darlehen sowie eine stille Beteiligung zur Verfügung gestellt. „Dank dieser Liquiditätsspritze sind wir jetzt jederzeit voll skontofähig“, sagt Melchers.

emkon.systemtechnik: Verpackungsspezialist auf Wachstumskurs

emkon.systemtechnik: Allrounder für Verpackungsmaschinen

Sie heißen Beutel- und Gebindepacker oder Kartonaufrichter: Die Maschinen der emkon.Systemtechnik Projektmanagement GmbH sind auf ihrem Gebiet wahre Alleskönner und sorgen für effizientes Füllen ebenso wie für passgenaues Verpacken von Produkten fast aller Art. Zum Einsatz kommen die Allrounder unter den Verpackungsmaschinen bei namhaften Unternehmen aus der Tabak-, Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie. Die Spezialisten aus Kirchlinteln im Landkreis Verden entwerfen und produzieren ihre schlüsselfertigen Maschinen dabei ganz nach den Anforderungen ihrer Kunden. Aktuell beschäftigt das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen am Stammsitz sowie am Zweitstandort Budapest 125 Mitarbeiter – Tendenz weiter steigend. „emkon. wächst rasant und hat heute doppelt so viele Mitarbeiter wie vor vier Jahren. Diese Geschäftsentwicklung hat uns schnell überzeugt“, so Detlef Siewert, Geschäftsführer der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Niedersachsen. Eine stille Beteiligung der MBG ermöglichte dem Verpackungsspezialisten, der 2013 einen Umsatz von 17 Mio. EUR erzielte, wichtige Investitionen in die Infrastruktur. Der Umsatz konnte dadurch deutlich gesteigert und 30 neue Stellen geschaffen werden. Auch für die kommenden Jahre stehen die Zeichen auf Wachstum. „Neue Produkte auf neuen Märkten – das ist unser Ziel. Dafür gilt es, die Fertigungskapazitäten auszubauen und Service sowie Vertriebstätigkeit international zu stärken“, sagt Geschäftsführer Andreas Dittrich. Nomos Glashütte: Uhren der Sonderklasse

Nomos Glashütte: Edle Uhren aus Sachsen

Modelle wie Tangente und Orion gelten in der Welt der feinen mechanischen Zeitmesser längst als Klassiker. Die erstmals 1992 von Nomos Glashütte auf den Markt gebrachten Uhren sind ebenso stark nachgefragt wie die Folgemodelle. Mittlerweile umfasst die Nomos-Kollektion elf Modellreihen mit rund 70 Versionen in einer Preisspanne zwischen 1 Tsd. und 4 Tsd. EUR. Hinzu kommt eine kleine, teurere Kollektion in Gold, und auch da gilt: Qualität, Unabhängigkeit und klares Design werden bei Nomos großgeschrieben. Als verlässlicher Finanzierungspartner steht dem Unternehmen seit rund einem Jahrzehnt die MBG Sachsen zur Seite. „Das Management und die Produkte mit ihrer eigenständigen Gestaltung haben uns immer wieder überzeugt. Nomos Glashütte ist damit ein gutes Beispiel für unsere langfristige und nachhaltige Geschäftsstrategie“, sagt Nils-Christian Giese, Abteilungsdirektor der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Sachsen. Neben einer kleinen Direktbeteiligung hat die MBG im Laufe der Jahre insgesamt drei stille Beteiligungen zur Verfügung gestellt. Die jüngste galt der Finanzierung einer Erweiterungsinvestition im Technologiebereich. Da ist der Glashütter Manufaktur mit der Konstruktion und Fertigung eines eigenen Assortiments – des Nomos-Swing-Systems – ein von der ganzen Branche beneideter Schritt gelungen. Denn die Baugruppe, Taktgeber einer jeden Uhr, konnte bislang nur vom Quasi-Monopolisten Swatch Group gefertigt werden. Das Nomos-Management schätzt nicht nur die finanzielle Beteiligung des Partners, sondern auch den neutralen Blickwinkel. „Die MBG liefert uns immer wichtige Impulse“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Uwe Ahrendt. Nomos Glashütte konnte seine Umsätze in den vergangenen drei Jahren verdoppeln – und möchte dies nun wiederholen.

 

Einen Überblick der einzelnen Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften mit Profil finden Sie hier.

 

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