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Vom CFO zum CEO?

Auf den obersten Finanzverantwortlichen wartet eine Vielzahl neuer Herausforderungen: Digitalisierung, Big Data, Blockchain, Cyberkriminalität. Für viele Stakeholder wird er damit zum zentralen Ansprechpartner. Der Finanzvorstand mausert sich neben dem CEO zur wichtigsten Figur im Unternehmen.

Finanzchef zu sein war in der Vergangenheit sicherlich einfacher. Früher standen die Funktionen Controlling und Rechnungswesen im Vordergrund. Der Finanzvorstand galt als Herr der Zahlen. Heute ist der Chief Financial Officer (CFO) oft Sparringspartner des Vorstandsvorsitzenden und stark in strategische und operative Fragen eingebunden. Doch der Wandel macht nicht halt. Die Fragen lauten: Was muss ein CFO in Zukunft leisten, wohin entwickelt sich sein Ressort?

Aus einer Vielzahl von Gesprächen mit amtierenden CFOs lassen sich folgende Thesen ableiten:

Digitalisierung und Big Data

Die Digitalisierung hat längst nicht nur die Geschäftsmodelle und Vertriebsstrukturen erfasst, sondern auch die Finanzabteilungen. Bei der überwiegenden Mehrzahl der CFOs hat die Digitalisierung den Alltag bereits verändert. Die zweite Botschaft: Die Digitalisierung wird die Architektur der CFO-Funktion künftig nochmals wandeln. Neue Technologien haben erst begonnen, die Arbeitswelt des Finanzwesens zu erweitern, teils sogar zu revolutionieren. Dabei verschafft die fortschreitende Automatisierung des Reportings den Finanzchefs Freiräume, um sich auf strategische Fragen zu fokussieren. Durch die Digitalisierung der Finanzprozesse erhält das Management zudem eine schnellere und klarere Transparenz über zentrale Kennziffern. Aus diesen Zusammenhängen heraus ist die IT inzwischen oft beim Finanzvorstand angesiedelt. Damit besteht der strategisch wichtige Zugriff auf die unter dem Begriff „Big Data“ zusammengefassten Möglichkeiten, große Datenmengen gezielt zu analysieren. Diese Chance muss der CFO zu nutzen lernen. Intern gelingt es CFOs mithilfe der Digitalisierung auch, ihre Finanzsicht noch stärker in die anderen betrieblichen Daten- und Prozessflüsse zu integrieren.

Als weitere CFO-Zukunftsthemen zeichnen sich ab: Artificial Intelligence, Block Chain Technology und Robotics für Abschlüsse.

Mehr Zeit für Investor Relations

Bei der Besetzung von CFO-Positionen zeigt sich, dass Kenntnisse im IR-Bereich wichtiger werden. Ein Trend: CFOs werden künftig für die IR-Arbeit mehr ihres Zeitbudgets aufbringen müssen. Dabei müssen sie intensiver als bisher die „Story“ des Unternehmens draußen erläutern – auch in Familienunternehmen, nur dass hier die Adressaten nicht Aktionäre und Analysten sind, sondern Stakeholder wie Medien, Aufsichtsgremien, passive Gesellschafter, Kunden und Lieferanten. Transparenz ist das Gebot der Zukunft. Zur weiteren Professionalisierung des CFO gehört die richtige Dosierung der Informationen, die sorgsam, nachhaltig und relevant kommuniziert werden müssen. Weniger, dafür aber gezielte Informationen sind der opportune Weg.

 

Risikomanagement ist eine neuere Aufgabe des CFO, die nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 stärker in den Fokus gerückt ist. Das Gros der Finanzvorstände überschätzt die Qualität ihrer Risikosysteme. Auf Cyberkriminalität beispielsweise sind die Unternehmen nur ansatzweise vorbereitet. Es wird zur Aufgabe des CFO, die Risikomanagementsysteme zu verbessern und ausreichend Rückstellungen zu bilden.

Auf den obersten Finanzverantwortlichen wartet eine Vielzahl neuer Herausforderungen: Digitalisierung, Big Data, Blockchain, Cyberkriminalität. Für viele Stakeholder wird er damit zum zentralen Ansprechpartner. Der Finanzvorstand mausert sich neben dem CEO zur zentralen Figur im Unternehmen.

Der CFO 2025

Welche wesentlichen Charakteristika wird die CFO-Funktion im Jahr 2025 prägen? Es ist zu erwarten, dass der Finanzvorstand in noch stärkerem Maße als heute die Funktion des Business-Partners des Vorstandsvorsitzenden ausfüllen wird. Eine Konsequenz wird in vielen Fällen die „Verschmelzung“ der Funktionen zum „CFEO“ sein.

Einher geht damit die Zunahme der operativen Einbindung bei Kernfragen zu Geschäftsfeldern und Kunden. Der CFO wird also eine zunehmend größere Nähe zum operativen Geschäft besitzen. Damit ist seine Agilität gefordert, sich an rasch ändernde Marktbedingungen anzupassen. Es öffnet sich damit eine neue, größere Perspektive. Ein in strategische und unternehmerische Prozesse eingebundener Finanzvorstand gewinnt somit auch das Profil eines Chief Operating Officer. Gerade seine profunde (Zahlen-)Kenntnis des Unternehmens hilft ihm, diese neue Aufgabe auszufüllen. CFOs verstehen die wirtschaftlichen und finanziellen Wirkungszusammenhänge – das ist eine gute Basis für eine stärkere Einbindung in die Organisation. Der CFO wird zum „Performancemanager“, der Optimierungspotenziale erkennt und umsetzt.

Die Kenntnisse der Eigenkapital- und Fremdkapitalmärkte sind ein weiterer Aspekt, den CFOs künftig noch ausbauen. Dies gilt zwar schon heute als Kernwissen, aber durch die Außenwirkung des CFOs an den Finanzmärkten wird diese Komponente nachdrücklich erforderlich. In diese Rubrik gehört auch die Fähigkeit, Portfoliomanagement und M&A-Deals professionell zu handhaben; Skills,­ die wichtiger werden dürften.

Neues Selbstverständnis der Finanzchefs

In vielen führenden deutschen Konzernen rückten in den vergangenen Jahren Finanzvorstände an die Spitze des Unternehmens – ein Besetzungsmechanismus, der sich früher so nicht beobachten ließ. Der Finanzvorstand war bis vor wenigen Jahren nicht der natürliche Kandidat für die CEO-Nachfolge. Nur in Ausnahmen, etwa in Restrukturierungssituationen, griffen Investoren und Aufsichtsrat bevorzugt auf den CFO zurück.

Heute ist das anders. Der Trend vom CFO zum CEO stärkt auch zusehends das Selbstverständnis der Finanzchefs. Viele glauben, dass CFOs die besten Voraussetzungen besitzen, um eines Tages eine CEO-Aufgabe zu übernehmen. Diese Ambition ist durchaus prägend für eine neue Gruppe von Finanzvorständen. Sie sieht dieses Ressort nicht als finale Station, sondern als Zwischenschritt zur Übernahme des Vorstandsvorsitzes, Geschäftsführers oder CEOs. Die komplexen Herausforderungen führen eben auch zu einer neuen, größeren Verantwortung für das Unternehmen. Wer sich dem gewachsen sieht, ist also der erste Kandidat, die Leitung des Unternehmens zu übernehmen.


Zur Person

Peter Behncke ist Partner von Heidrick & Struggles im Frankfurter Büro und Mitglied der weltweiten Industrie- und CFO-Practice Group. Heidrick & Struggles ist eine weltweit tätige Personalberatung mit den Schwerpunkten Executive Search und Leadership Consulting. Behncke hat kürzlich die Studie „Der Finanzvorstand der Zukunft“ veröffentlicht, für die er mehr als zwei Dutzend Finanzvorstände interviewt hat.

www.heidrick.com

 

 

 

 

 

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