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Volle Kraft voraus

Gesucht und gefunden: Zwei Manager übernahmen das Kunststoffwerk Bossel vom langjährigen Inhaber. Mit einer klaren Strategie und solider Finanzierung wollen sie das Unternehmen in die Zukunft führen. 

Alexander Wagner und Stephan Lauer haben in ihrer beruflichen Karriere schon viele Firmen kennengelernt. Beide haben in Beratungsunternehmen, in Beteiligungsgesellschaften und als Geschäftsführer gearbeitet. Als sie sich vor sechs Jahren kennenlernten, wurde ihnen schnell klar: Es war an der Zeit, selber als Unternehmer für eine eigene Firma Verantwortung zu übernehmen. Und weil sie immer in Teams gearbeitet hatten, wollten sie auch das neue Ziel gemeinsam angehen. Knapp 70 Firmen aus den unterschiedlichsten Branchen, die zum Verkauf standen, haben sie sich angesehen. Schließlich fiel ihre Wahl auf das Kunststoffwerk Bossel, ein 135-Mann-Betrieb aus dem westfälischen Sprockhövel, das Verpackungsfolien herstellt und bedruckt – vor allem für die Lebensmittelindustrie. „Im August 2016 sind wir mit Herrn Knäpper ins Gespräch gekommen. Wir haben schnell erkannt, dass in seinem Unternehmen alles stimmte. Alle unsere Kriterien sahen wir erfüllt“, sagt Wagner, der in der Geschäftsführung für die Produktion und Verwaltung zuständig ist. Sein Kollege Lauer kümmert sich vorrangig um den Vertrieb.

Schrittweise Einführung

Kurz vor Weihnachten wurden die Verträge unterzeichnet. Am 11. Januar 2017 sind sie in Sprockhövel gestartet. Ein wichtiges Kriterium war ihnen ein geordneter Übergang der Geschäfte. Auch das ist gelungen. Knäpper führte Lauer und Wagner Schritt für Schritt in das Unternehmen ein und steht ihnen noch für einige Zeit mit Rat und Tat zur Seite. „Als typischer Familienunternehmen hat der Alteigentümer großes Interesse daran, dass Bossel erfolgreich weitergeführt wird“, so Wagner.
Von einem Kleinstbetrieb in den 1960er-Jahren hat sich das Kunststoffwerk zu einem technisch und wirtschaftlich solide aufgestellten Mittelständler gewandelt. Das Produktspektrum umfasst heute Folien und Beutel aus Polypropylen und Polyethylen, die im Flexo-Verfahren bedruckt werden. Luftdichte und luftdurchlässige Verpackungen insbesondere für Brot und Hygieneprodukte, aber auch für Blumen-, Gemüse- und Kräuterverpackungen.

Solide Mischfinanzierung

Bei der Finanzierung gingen die neuen Eigentümer konservativ vor. Um den Kaufpreis zu stemmen – über die Höhe wurde Stillschweigen vereinbart – wurde mehr als 50 Prozent Eigenkapital eingebracht. Den Rest stellte die Hausbank als Kredit zur Verfügung. „Der Anteil an Eigenkapital ist deswegen so hoch, weil uns diese Finanzierungsstruktur ermöglicht, weiter in den Standort zu investieren. Außerdem wollen wir auch anorganisch durch Zukäufe wachsen“, sagt Wagner. Deshalb sollte die Finanzierung von Anfang an die unternehmerische Freiheit sicherstellen, um bei guten Gelegenheiten zugreifen zu können. „Wir wollten nicht in eine Situation kommen, wo wir operativ und strategisch sinnvolle Entscheidungen verschieben müssen, weil es an der Finanzierung hakt. Entsprechend großzügige Mittel sind schon in der Kauffinanzierung vorgehalten“, so der neue Geschäftsführer.

Gesucht und gefunden: Zwei Manager übernahmen das Kunststoffwerk Bossel vom langjährigen Inhaber. Mit einer klaren Strategie und solider Finanzierung wollen sie das Unternehmen in die Zukunft führen. 

Unterstützung für das Eigenkapital bekamen Lauer und Wagner von der NRW.Bank und der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft (BayBG), die jeweils eine stille Beteiligung eingingen. „Beide sind Finanzierungspartner, die ebenfalls einen langfristigen Horizont haben und die mit den Besonderheiten der mittelständischen Unternehmensnachfolge sehr vertraut sind“, begründet Wagner die Entscheidung. Außerdem würden beide gute Plattformen bieten, auf denen man sich auch mit anderen Unternehmern austauschen könne.

Gute Gelegenheit

Die BayBG ihrerseits sah in einer stillen Beteiligung mit ungesichertem, nachrangigem Kapital eine gute Gelegenheit, eine erfolgreiche Unternehmensnachfolgeregelung zu begleiten. „Das Kunststoffwerk Bossel ist im Konsumentenmarkt unterwegs. Der ist vergleichsweise risikoarm und konjunkturunabhängig“, begründet BayBG-Projektmanager Christian Krause das Engagement seines Hauses. Außerdem habe Bossel durchweg Kunden mit einer sehr guten Bonität. Das sieht auch sein Kollege Christoph Böcker von der NRW.Bank so. „Das Unternehmen hat eine sehr gute Historie, die uns gezeigt hat, dass das Geschäftsmodell tragfähig und skalierbar ist“, sagt er. Außerdem hätten die beiden Käufer überzeugt, weil sie bereits einiges an Managementerfahrung mitbringen.


„Wir glauben, den Umsatz mittelfristig verdoppeln zu können“

Interview mit Alexander Wagner, Geschäftsführender Gesellschafter im Kunststoffwerk Bossel (KWB)

Unternehmeredition: Wie sehen Sie die wirtschaftliche Perspektive Ihres Unternehmens?
Wagner:
Der frühere Eigentümer hat immer darauf geachtet, großzügig Infrastruktur vorzuhalten, damit mögliches Wachstum nicht gehemmt wird. Wir glauben, dass wir hier am Standort Sprockhövel den Umsatz mittelfristig verdoppeln können. Dazu wird allerdings noch die eine oder andere Anlageninvestition notwendig sein.

Wird es auch Wachstum durch Zukäufe geben?
Wir haben den Eindruck, dass der Markt durch viele kleine, mittelständisch geprägte Unternehmen gekennzeichnet ist. Dort wird es immer wieder die ein oder andere Nachfolgesituation geben. Wir glauben, dass wir hier schnell, effizient und partnerschaftlich Lösungen finden. Das betrifft sowohl das Inland als auch das Ausland.

Wie ist Bossel aktuell aufgestellt?
Anders als viele Wettbewerber haben wir einen sehr modernen Maschinenpark und eine eigene Infrastruktur. Hier wurde in der Vergangenheit richtig investiert, und daher ist das Unternehmen auch so gesund. Wir sind in der Lage, mit dem modernen Maschinenpark wettbewerbsfähig zu produzieren.

Sie und Ihr Kompagnon haben schon in vielen Firmen gearbeitet. Ist Ihr Engagement bei Bossel eines auf Zeit?
Ein Verkauf ist nicht geplant. Wir wollen hier als Unternehmer arbeiten und das Unternehmen langfristig und nachhaltig weiterentwickeln. Wir sehen unser Engagement als absolut langfristige Betätigung.

Kurzprofil Kunststoffwerk Bossel Gerd Knäpper GmbH & Co KG

Gründungsjahr 1960
Branche Folienverarbeitung
Unternehmenssitz Sprockhövel
Umsatz 2015
knapp 25 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl 135

www.kwb-folien.de

 

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