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Viel Geld für wenige Gelegenheiten

Erst wurden sie öffentlich jahrelang kaum bemerkt, dann auf einmal als Heuschrecken verschrien – inzwischen haben sich Private-Equity-Investoren in Deutschland einen kleinen, aber wachsenden Platz in der Unternehmensfinanzierung erarbeitet. Auch dank eines veränderten Geschäftsmodells. 

Die Zahlen sprechen für sich: 2014 stiegen die Investitionen im Private-Equity-Markt gegenüber dem Vorjahr um 40 Prozent auf 7,06 Mrd. Euro – so viel wie zuletzt vor der Finanzkrise. Die Anzahl finanzierter Unternehmen blieb mit etwa 1.300 stabil, was den Schluss zulässt, dass pro Transaktion deutlich mehr Kapital eingesetzt worden ist. „Dieser Trend hält weiterhin an“, sagt Jürgen von Wendorff, Vorstand beim Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), zu diesen jüngsten Marktdaten seines Verbandes. Der Trend zu investieren setzt sich 2015 fort. Nach Berechnungen der Beratungsfirma EY kauften Finanzinvestoren im ersten Halbjahr Unternehmen oder Beteiligungen im Wert von  8,6 Mrd. Euro. Das sind 105 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2014.

Verstärkt ausländische Investoren

An Kapital besteht kein Mangel. Die Private-Equity-Gesellschaften konnten zuletzt erhebliche Summen einsammeln, weil Anleger angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen auf Asset-basierte Anlagen wie Immobilien, Grundstücke und eben auch Private-Equity-Anteile ausweichen. Immer häufiger sind auch ausländische Adressen mit von der Partie. Deutschland gilt als sicherer Hafen für Beteiligungskapital und die Zinsen für Darlehen zur Finanzierung von Übernahmen sind extrem niedrig. „Es gibt gerade bei einigen amerikanischen Adressen Nachholbedarf, weil sie Deutschland bislang untergewichtet hatten. Jetzt wollen alle nach Deutschland“, sagt von Wendorff. 2014 kamen bereits rund zwei Drittel aller Investitionen von ausländischen Beteiligungsgesellschaften.

Deutschland ist attraktiv, weil sich die Wirtschaft sehr robust zeigt und die Firmen gute Gewinne machen. Bei einer Umfrage der Beratungsgesellschaft PwC unter 200 europäischen Private-Equity-Gesellschaften kam heraus, dass 63 Prozent der deutschen Fondsgesellschaften sehr zufrieden mit der Entwicklung ihrer Portfolio-Gesellschaften im vorigen Jahr sind. Insgesamt lag der Zufriedenheitswert lediglich bei 47 Prozent.

Bei der Suche nach geeigneten Firmenübernahmen in Deutschland spüren die Private-Equity-Gesellschaften zunehmend auch die Konkurrenz durch Unternehmen, die auf der Suche nach strategischen Investments sind. „Die Strategen auf der Corporate-Seite haben nach der Finanzkrise jetzt wieder relativ gesunde Bilanzen, und sie haben relativ viele Mittel für Akquisitionen zur Verfügung“, sagt Steven Roberts, der das Private-Equity-Geschäft bei PwC Deutschland leitet.Erst wurden sie öffentlich jahrelang kaum bemerkt, dann auf einmal als Heuschrecken verschrien – inzwischen haben sich Private-Equity-Investoren in Deutschland einen kleinen, aber wachsenden Platz in der Unternehmensfinanzierung erarbeitet. Auch dank eines veränderten Geschäftsmodells. 

Es könnte ein Boom werden am Private-Equity-Markt Deutschland, wäre da nicht ein Problem: Es kommen zu wenige Zielunternehmen auf den Markt. Und von denen sind nicht wenige Wiederverkäufe durch andere Private-Equity-Firmen. „Es gibt so viel Kapital wie nie zuvor. Finanzierungen sind so billig wie nie zuvor. Es ist ein perfekter Verkäufermarkt“, sagt Roberts. Entsprechend sind die Preise, die für Übernahmen gezahlt werden, sehr hoch. Dennoch ist die Zurückhaltung groß beim Mittelstand, dem klassischen Ziel von Private Equity in Deutschland.

Private-Equity-Firmen haben derzeit vor allem den Industrie- und Chemiesektor im Blick. In den ersten drei Monaten 2015 machten nach Ermittlungen von Mergermarket hier sieben Transaktionen im Wert von 769 Mio. Euro knapp 90 Prozent aller Buyouts aus. Interesse besteht aber auch an Kommunikationstechnologien, Konsumgütern und Life Sciences.

Der Kunde ist König

Viele Private-Equity-Unternehmen haben inzwischen ihr klassisches Geschäftsmodell modifiziert, um attraktiv für einen mittelständischen Verkäufer zu werden. „Die PE-Branche muss sich an die Anforderungen des Mittelstandes anlehnen und nicht dem Mittelstand diktieren, wie das Private-Equity-Geschäft geht“, sagt von Wendorff vom BVK. Umgedacht haben viele Finanzinvestoren vor allem in drei Punkten. Erstens: Sie engagieren sich über einen längeren Zeitraum. 2004 lag die Halteperiode im Schnitt bei drei Jahren. Inzwischen hat sie sich fast verdoppelt. Zweitens: Sie bieten neben ihrem Finanzierungs-Know-how auch Industrieexpertise an. Nicht selten haben sie einen Ex-CEO im Team, der Erfahrung damit hat, wie man ein Unternehmen kauft. Drittens: Sie begnügen sich auch mal mit Minderheitsbeteiligungen.

All diese Maßnahmen sollen dazu führen, dass der Unternehmer Vertrauen gewinnt. Das ist gerade bei Nachfolgeregelungen wichtig, denn niemand will sein Lebenswerk in Gefahr sehen. Das veränderte Geschäftsmodell ist aber auch eine Folge des veränderten Marktes. Denn die hohen Kaufpreise führen dazu, dass sich ein Private-Equity-Unternehmen genau überlegen muss, wie es denn zusätzlichen Wert generiert, damit es beim Exit einen akzeptablen Ertrag erzielt. „Ziel ist es heute, Wert durch Verbesserung des Unternehmens zu generieren und nicht durch Kostenreduktion“, sagt PwC-Experte Roberts.

In der Regel finanziert eine Private-Equity-Gesellschaft Übernahmen, indem sie die nötigen Mittel in zuvor aufgelegten Fonds abruft. Inzwischen kommt es aber auch vor, dass sich die privaten Geldgeber, beispielsweise große amerikanische Pensionsfonds, zusätzlich direkt an den Zielunternehmen beteiligen. Es gibt auch eine dritte Variante. Danach treten die Pensionsfonds direkt als Finanzinvestor auf und damit in Konkurrenz zu Private-Equity-Unternehmen.Erst wurden sie öffentlich jahrelang kaum bemerkt, dann auf einmal als Heuschrecken verschrien – inzwischen haben sich Private-Equity-Investoren in Deutschland einen kleinen, aber wachsenden Platz in der Unternehmensfinanzierung erarbeitet. Auch dank eines veränderten Geschäftsmodells. 

Das No-Exit-Versprechen

Im Unterschied zu vielen Private-Equity-Gesellschaften, die den deutschen Mittelstand erst seit ein paar Jahren als Investitionsadresse ausgemacht haben, ist eine Reihe deutscher Beteiligungsgesellschaften hier bereits seit Jahrzehnten im Spiel. Die in Bergisch-Gladbach ansässige Indus AG hat sich im Laufe der letzten 30 Jahre sukzessive ein Portfolio von aktuell 43 Unternehmen aufgebaut. Indus kauft allerdings nur Mehrheitsbeteiligungen, und das mit eigenem Kapital. Zielunternehmen werden nach eigener Darstellung aber nicht knapp. Vorstandschef Jürgen Abromeit versicherte den Aktionären des im SDAX vertretenen Unternehmens im Juni, man könne sich die Unternehmen aussuchen und brauche nicht auf Gelegenheiten zu warten.

Einer der wichtigsten Gründe für diesen Erfolg ist, dass Indus keinen Exit aus seinen Beteiligungen plant. „Wir wollen die Unternehmen nicht verkaufen. Ein Unternehmer, der eine Nachfolgeregelung für seine Firma sucht, weiß das. Das ist seit jeher eines der Hauptargumente, an uns zu verkaufen“, sagt IR-Chefin Regina Wolter. Rund 50 Mio. Euro will Indus in diesem Jahr investieren. Mit einem Teil dieses Geldes erwarb Indus zuletzt die Firma Raguse, einen Hersteller von Medizinprodukten. Damit wird einer der Brancheschwerpunkte im Portfolio gestärkt. Weitere sind verschiedene Sparten des Maschinen- und Anlagenbaus.

In einer anderen Liga spielt die Deutsche Beteiligungs AG, sowohl vom Volumen der Transaktionen her als auch angesichts der in 50 Jahren aufgebauten Erfahrung. Aber auch sie zielt auf die industriellen Perlen des deutschen Mittelstands. Zuletzt kaufte sie eine Gießereigruppe und einen Spezialmaschinenbauer zu. Insgesamt hat sie im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres Investitionsentscheidungen über 250 Mio. Euro ausgelöst.

Auf längere Sicht betrachtet sind die Aussichten für Private Equity nicht nur in Deutschland, sondern weltweit gut. „Das anhaltende Niedrigzinsumfeld lässt die Nachfrage nach Geldanlagen abseits etablierter Anlageklassen wie Aktien und Anleihen steigen“, sagt Markus Hammer, Leiter des Bereichs Asset Management bei PwC. Die Unternehmensberatung hat in einer Studie ermittelt, dass sich das von Alternativen Asset Managern verwaltete Kapital von 2013 bis 2020 von 7,9 Bio. US-Dollar auf 15,3 Bio. US-Dollar fast verdoppeln wird. Für Private Equity, neben Immobilien die größte Gruppe unter den Alternativen, sagt PwC einen Anstieg von 3,9 Bio. US-Dollar 2013 auf einen Wert zwischen 6,5 und 7,4 Bio. US-Dollar voraus.

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