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„Vetternwirtschaft darf keinen Platz haben“

Seit Jahren ist Fuchs Petrolub im Markt und an der Börse mit Schmierstoffen erfolgreich. Im Interview erklärt CEO Stefan Fuchs, warum sich der Gang an den Kapitalmarkt gelohnt hat, wie sein Vater das Erbschaftsteuergesetz genutzt hat und warum er seine Aktienanteile vererben will. 

Unternehmeredition: Herr Fuchs, Familienunternehmen und Kapitalmarkt leben nicht gerade in einer Symbiose. Warum nicht?

Fuchs: Viele Unternehmer haben Angst vor den zwingend einzuhaltenden Corporate-Governance-Regeln (Anm. d. Red.: Ordnungsrahmen). Vor allem Offenheit, Transparenz und der Schutz der Aktionäre stehen hier im Vordergrund. Vetternwirtschaft darf keinen Platz haben. Wir nehmen das Gute von beiden Seiten: Das familiäre Umfeld, das einen gewissen Grad an Sicherheit gibt, und die klaren Regeln des Kapitalmarkts, die uns fordern.

Mitte der 80er-Jahre brachte Ihr Vater Fuchs Petrolub an die Börse. Ein großer Schritt für ein Familienunternehmen. Warum ging er diesen?

Mein Großvater starb, als mein Vater 20 Jahre alt war. Er übernahm die Firma und hatte eine klare Strategie. Er wollte auch weiterhin ein Spezialanbieter bleiben, und das weltweit. Über Kooperationen mit Distributoren und die Ausgabe von Kommanditanteilen fand er den Weg ins Ausland. Das Risiko der Internationalisierung und großer Firmenübernahmen sollte die Familie allerdings nicht alleine tragen. Deswegen wagte er den Schritt an die Börse.

Eine Notierung an der Börse heißt aber auch, dass man zwangsläufig kommunikativer wird, Quartalsberichte erstellen und sich mit Analysten auseinandersetzen muss.

Das stimmt. Allerdings bereiten wir unsere Zahlen sowieso monatlich auf. Ein Mehraufwand sind die Quartalszahlen deswegen nicht. Ich verstehe allerdings Familienunternehmen, die ihren Gewinn nicht publizieren. Für Wettbewerber sind wir ein offenes Buch. Doch auch mit diesem Problem können wir umgehen. Schwieriger wird es in den heute volatilen Zeiten beim Ausblick, den man geben muss.

Ihr Vater sagte einmal, dass die Börse Unternehmen diszipliniert. Inwiefern?

Die Governance ist zwar hart, jedoch ist sie auch sehr hilfreich und würde manchem Familienunternehmen guttun. Denn häufig entscheidet zwar der Inhaber, dass er zu gegebener Zeit als Firmenchef abtritt, wechselt dann jedoch als Vorsitzender in den Aufsichts- oder Beirat. Und dieser ist dann nicht immer, wie es der Kodex vorschreibt, mit unabhängigen Mitgliedern besetzt

Wie ist das bei Ihnen?

Unser Aufsichtsrat ist traditionell hochkarätig besetzt, aktuell mit dem Ex-BASF-Vorstandschef Jürgen Hambrecht, davor saß Jürgen Strube dem Gremium vor. Wir setzen auf erfahrene, unabhängige Manager, die der Familie zwar wohlgesonnen sind, jedoch wissen, dass der Kapitalmarkt an erster Stelle steht. Mein Vater ist stellvertretender Aufsichtsratschef und hatte bei der Übergabe weder den Posten des Vorsitzenden angestrebt noch sein Büro behalten.

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Seit Jahren ist Fuchs Petrolub im Markt und an der Börse mit Schmierstoffen erfolgreich. Im Interview erklärt CEO Stefan Fuchs, warum sich der Gang an den Kapitalmarkt gelohnt hat, wie sein Vater das Erbschaftsteuergesetz genutzt hat und warum er seine Aktienanteile vererben will.

Künftig übernimmt Ihre Schwester diese Funktion. Von wem kam die Initiative?

Letztlich hat das die Familie einstimmig beschlossen. Mein Vater ist jetzt 78 Jahre alt. Vielleicht kommt auch mal eine Zeit, in der kein Fuchs im Vorstand sitzt. Auf einen Posten im Aufsichtsrat haben wir mit einem Stimmrechtsanteil von 54 Prozent allerdings ein gewisses Anrecht, und das wollen wir auch nutzen.

Wie wichtig ist es, dass Ihre Familie die Mehrheit der Stimmrechte hält?

Das ist uns sehr wichtig, denn dies gewährt der Firma die Unabhängigkeit, welche Teil unseres Geschäftsmodells ist. Es macht einen Unterschied, ob die Familie 30 Prozent oder die Mehrheit der Stimmrechte am Unternehmen hält. Aufgrund unserer starken Bilanz und des hohen Cashflows wären wir mit einem geringeren Stimmrechtsanteil gewiss ein Ziel von Private-Equity-Gesellschaften. Ob diese an einer ähnlich langfristigen Strategie, wie wir sie haben, interessiert sind, ist fraglich.


“Mein Aktienpaket möchte ich meinen Kindern vermachen”

Stefan Fuchs, CEO Fuchs Petrolub


Dann stehen Sie also auch künftig für den Erhalt des Familienunternehmens?  

Definitiv. Vor allem geht es um die Identifikation mit dem Unternehmen. Sicher wird es künftig anspruchsvoller, die wachsende Zahl an Gesellschaftern ans Unternehmen zu binden. Noch ist die Anzahl gering. Momentan sind es zehn. In der nächsten Generation kommen dann ca. 15 dazu. Große erfolgreiche Familienunternehmen wie Freudenberg oder Henkel leben es vor, Hunderte von Gesellschaftern unter einen Hut zu bringen.

Wie lief der Übergang finanziell ab?

Mein Vater nutzte das Erbschaftsteuergesetz, und hier muss man auch der Bundesregierung ein Lob aussprechen: Vor knapp 20 Jahren betrug unser Börsenwert rund 150 Mio. Euro. Mittlerweile liegt dieser bei 5,7 Mrd. Euro. Mein Aktienpaket möchte ich meinen Kindern vermachen, der kurzfristige Erfolg steht deswegen nicht im Vordergrund. Müsste auf die Weitergabe der Aktien Erbschaftsteuer bezahlt werden, bliebe mir nichts anderes übrig, als Anteile zu verkaufen. Das wäre dann wohl das Ende des Familienunternehmens.

Welche Finanzierungsformen nutzen Sie in Ihrem Unternehmen?

Momentan sind wir in der glücklichen Situation, dass wir die Investitionen aus dem Cashflow stemmen können. Wir haben im Jahr 2015 zwei Akquisitionen daraus bezahlt. Und auch unser größtes Investitionsprojekt in der Firmengeschichte über 300 Mio. Euro, den Aus- und Neubau von Werken, finanzieren wir innerhalb von drei Jahren aus dem laufenden Geschäft. Und das, obwohl wir bislang die Hälfte des Nettogewinns an Dividende ausschütten.

Ihre Eigenkapitalquote beträgt 72 Prozent. Das ist viel, vor allem in einer Zeit, in der das Fremdkapital so günstig ist.

In einer Welt mit hohen Risiken fühlen wir uns damit sehr wohl.

Was sind die Ziele für die Zukunft?

Wir wollen unser Portfolio weltweit ausrollen und dieses überall auf den technisch gleichen Stand bringen. Wachsen wollen wir vor allem organisch, angereichert mit Akquisitionen. In Europa haben wir einen Marktanteil im zweistelligen Bereich. In den USA und in China liegt dieser im niedrigen einstelligen Bereich.

 Und wie wollen Sie Ihr künftiges Wachstum finanzieren?

Wie in den vergangenen Jahren setzen wir stark auf Erträge aus dem laufenden Geschäft. Sollte es mal eine große Akquisition geben, würden wir sicherlich auch über ein Darlehen nachdenken. Es gibt keine Vorgabe, nie wieder Schulden zu machen. Das wäre auch ungesund.

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Seit Jahren ist Fuchs Petrolub im Markt und an der Börse mit Schmierstoffen erfolgreich. Im Interview erklärt CEO Stefan Fuchs, warum sich der Gang an den Kapitalmarkt gelohnt hat, wie sein Vater das Erbschaftsteuergesetz genutzt hat und warum er seine Aktienanteile vererben will. 

Wie häufig schauen Sie auf den Aktienkurs Ihres Unternehmens?

Nicht jeden Tag. Ich kann mich ja nicht davon leiten lassen, was der Kurs kurzfristig macht. Langfristig folgt er immer den Fundamentaldaten wie Gewinn und Cashflow.

Ein knappes Drittel Ihres Umsatzes erwirtschaften Sie mit der Automobilindustrie. Inwiefern beeinträchtigt der Schwenk zum Elektroauto Ihr Geschäft?

Dazu zählen auch Lkws, Straßenbau- oder Landwirtschaftsmaschinen. Bei reinen Elektroautos gibt es zwar kein Getriebe- oder Motorenöl mehr. Allerdings benötigen diese mehr Fette. Auch deswegen bauen wir für die OEMs weltweite Fettfabriken. Wichtig ist bei diesen Veränderungen, früh dabei zu sein.

Abgefüllt: Weltweit kommen die Fette von Fuchs Petrolub zum Einsatz

Im Unternehmen haben Sie bereits jetzt 10.000 verschiedene Rezepturen. Kommt das Wachstum durch die Skalierung des bisherigen Geschäfts oder wird es von Innovationen dominiert?

Es ist ein Mix aus beidem. Das Geschäft ist hochinnovativ, in den einzelnen Ländern sind wir in verschiedenen Nischen stark. Ziel ist, das Geschäft überall auf ein ähnliches Niveau zu heben.

Wie viel Wachstum gibt der Markt denn her?

Er ist groß genug, allerdings fallen auch Applikationen weg. Das müssen wir im Griff haben und uns mit neuen Anwendungen beschäftigen.

Worin sehen Sie die wichtigsten Aufgaben in den kommenden fünf Jahren?

Zu unserem Wachstum müssen wir vor allem international die Prozesse und Strukturen anpassen und die Agilität bewahren. Durch die vielen ausländischen Standorte werden auch Kulturfragen im Unternehmen immer wichtiger. Dinge wie die hierarchiefreie Kommunikation, globale Führungsprinzipen und die Digitalisierung werden uns beschäftigen.

Könnte es nicht sein, dass es auch ohne Schmiermittel mit anderen Materialien wie geschmiert läuft?

Wenn verschiedene Materialien bei einer Bewegung aufeinandertreffen, gibt es diesen berühmten Schmierfilm dazwischen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser irgendwann ersetzt wird. Allerdings kann der Verbrauch reduziert werden, und hier arbeiten wir mit.


Zur Person:

Seit Januar 2004 ist Stefan Fuchs Vorstandsvorsitzender der Fuchs Petrolub SE. Erst vor Kurzem ist sein Vater als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ausgeschieden. Ersetzt hat ihn seine Tochter. Die Familie hält die Mehrheit der Stimmrechte am Mannheimer Unternehmen. Innerhalb von 20 Jahren steigerte der Hersteller von Schmiermitteln den Firmenwert um das 40-Fache auf knapp sechs Mrd. Euro. Sein Aktienpaket will Fuchs den Kindern vermachen, damit die Gesellschaft auch künftig in Familienhand bleibt.

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