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Verkauf an Corporates als Nachfolgelösung

Aktuell boomt der M&A-Markt. Nachfolgeregelungen werden aktiver angegangen, auch aufgrund attraktiver Kaufpreise. Dabei spielen Verkäufe an strategische Erwerber, zunehmend auch ins Ausland, eine bedeutende Rolle. Für Nachfolgeregelungen gilt: Wann, wenn nicht jetzt?

Das Übernahmekarussell in der deutschen Wirtschaft drehte sich 2014 so schnell wie selten zuvor. 1.633 Transaktionen unter mehrheitlicher Beteiligung deutscher Unternehmen als Käufer und/oder Verkäufer im Volumen von 237 Mrd. Euro sind langjährige Rekordwerte. Die in den letzten zwölf Monaten nochmals gestiegenen Bewertungen, das günstige Finanzierungsklima mit niedrigen Zinsen für Übernahmefinanzierungen und der deutliche Anstieg internationaler Transaktionen kennzeichnen den aktuellen Markt. Mittendrin der deutsche Mittelstand, der bei Transaktionen deutlich aktiver geworden ist. Das gilt auch für Nachfolgeregelungen – allen Vorurteilen zum Trotz.

Von Vorurteilen und anderen Mären…

Deutsche Familienunternehmen und Unternehmer sind weltweit angesehen. Karawanen ausländischer Pilger kommen jedes Jahr nach Deutschland, um die Geheimnisse des deutschen Mittelstands zu erforschen. Ein Schwäche soll er aber dann doch auch haben: Loslassen können erfolgreiche Unternehmer angeblich nicht gut. Die Regelung der Nachfolge würde hierzulande gerne verschoben – auf übermorgen. Und an einen Wettbewerber verkaufen, das ginge schon gar nicht. Da wird für das „Lebenswerk“ die Gefahr heraufbeschworen, zur bloßen Niederlassung degradiert zu werden. Hauptsächliche Gründe für die Unternehmensnachfolge seien Alter, Krankheit, Tod. Das Unternehmen und sein Marktumfeld tauchen in dieser wenig zukunftsgerichteten Aufzählung gar nicht auf. Die tatsächliche Nachfolgepraxis hingegen zeigt: Deutsche Unternehmer sind heute offener, das emotionale Thema mit professioneller Unterstützung auch rational anzugehen.Aktuell boomt der M&A-Markt. Nachfolgeregelungen werden aktiver angegangen, auch aufgrund attraktiver Kaufpreise. Dabei spielen Verkäufe an strategische Erwerber, zunehmend auch ins Ausland, eine bedeutende Rolle. Für Nachfolgeregelungen gilt: Wann, wenn nicht jetzt?

Timing ist nicht allein eine Altersfrage

Alexander Renner war gerade mal 46 Jahre alt, als er 2011 die seinem Bruder und ihm gehörende Theisen Baumaschinen AG, mit Umsatzerlösen von rund 90 Mio. Euro an die finnische börsennotierte Cramo Plc. veräußerte. Er hat bei dieser Entscheidung nicht in seinen Personalausweis geschaut, sondern hatte die weitere strategische Ausrichtung des von ihm sehr erfolgreich ausgebauten Familienunternehmens mit Wurzeln bis ins Jahr 1886 im Blick gehabt. Mit Cramo sollte das Unternehmen auf eine höhere Entwicklungsstufe gestellt werden. Renner hat nicht sein Rentenalter abgewartet, um dann die Nachfolge zu regeln, sondern eine echte Marktchance wahrgenommen. Dazu gehören Mut und die Zuversicht, auch nach dem Unternehmensverkauf eine sinnvolle Beschäftigung zu finden.

Verkauf aus Position der Stärke

Mut und das richtige Timing bei der Unternehmensnachfolge hatte auch Karl Schlecht, als er 2012 sein Lebenswerk, die schwäbische Putzmeister Gruppe, an den chinesischen Wettbewerber Sany Heavy Industry übertrug. Der Verkauf des führenden Betonpumpenherstellers (Umsatzerlöse 660 Mio. Euro) ist eine Meilenstein-Transaktion. Erstmals in Deutschland wurde kein Sanierungsfall, sondern ein ertragsstarker „Hidden Champion“ für 525 Mio. Euro (Unternehmenswert einschließlich Nettoverschuldung) an eine chinesische Firma verkauft. Auch hier spielte das strategische Rational für den Gründer die wichtigste Rolle. Die beiden Unternehmen ergänzen sich hervorragend und der Erwerber passt auch von der Mentalität. So wurde herausgestellt, dass Sany in der Kommunikation sehr direkt sei und man nicht über Probleme, sondern über Lösungen spreche. Das sind Vorgehensweisen, die dem deutschen Mittelstand entsprechen. Auch aus der Position der Stärke heraus entschied sich Ralf Weidenhammer (Jahrgang 1961) mit seiner Familie 2014, die Weidenhammer Packaging Group GmbH an den US-amerikanischen Verpackungskonzern Sonoco Products Company für 286 Mio. EUR zu verkaufen. Zuvor war das Unternehmen achtzehn Jahre in Folge gesund gewachsen. Bei Umsätzen von 244 Mio. Euro erwirtschaftete es ein EBITDA von 42 Mio. Euro. Für den Markt- und Technologieführer in Europa sollen sich mit Sonoco zusätzliche Wachstumsperspektiven mit neuen Kunden und in neuen Märkten ergeben. Eine andere Unternehmens-, aber noch nicht Unternehmer-Nachfolge regelten 2014 die geschäftsführenden Gesellschafter des Schokoladen-Produzenten Piasten GmbH & Co. KG. Sie hatten das Unternehmen 2005 von Cadburry als Management-Buy-out übernommen und es nun nach neun Unternehmerjahren an Katjes verkauft. Dabei haben sie sich verpflichtet, in den nächsten fünf Jahren für Piasten als Geschäftsführer tätig zu bleiben. Piasten erwirtschaftete 2013 bei Umsätzen von rund 92 Mio. Euro ein EBITDA von 2,7 Mio. Euro und ergänzt die Produktionspalette von Katjes um das auch international wachsende Zuckerwarensegment der Dragees.Aktuell boomt der M&A-Markt. Nachfolgeregelungen werden aktiver angegangen, auch aufgrund attraktiver Kaufpreise. Dabei spielen Verkäufe an strategische Erwerber, zunehmend auch ins Ausland, eine bedeutende Rolle. Für Nachfolgeregelungen gilt: Wann, wenn nicht jetzt?

Rationalität und Emotionalität

Die Beispiele machen deutlich, dass deutsche Familienunternehmen bei Nachfolgeregelungen immer häufiger für strategische Erwerber offen sind. Wichtig bleibt es, die Nachfolge strukturiert zu planen und einen Verkauf zum richtigen Zeitpunkt umzusetzen. Das ist nicht (nur) eine Frage des Alters, sondern auch der Unternehmens- und Marktentwicklung. Für den Unternehmer spielen Standortsicherung und Verantwortung für die Mitarbeiter eine große Rolle. Erwerber kaufen Technologien, Kunden, Marktzugang und Potenziale. Das alles muss dann zusammenpassen. Die rationale Ebene ist aber nicht alles. Bei der Nachfolge spielen immer auch Emotionen eine große Rolle, wie Hasso Nauck zum Ausdruck brachte, als er mit 61 Jahren die Nachfolge beim Bremer Traditionsunternehmen Hanseatische Chocolade GmbH alters- und marktbedingt mit dem Verkauf an den größten dänischen Süßwarenhersteller Toms Gruppen A/S regelte. Erfahrene Berater wissen, dass der Kopf den Bauch mitnehmen muss. Deshalb sind Nachfolgeregelungen im Mittelstand immer spannende und anspruchsvolle Projekte.


Zur Person

Dr. Axel Gollnick (axel.gollnick@angermann.de) ist geschäftsführender Partner der Angermann M&A International GmbH und berät seit über 25 Jahren Familienunternehmen und deren Gesellschafter bei Nachfolgeregelungen und anderen finanzstrategischen Transaktionen. Angermann M&A International ist die älteste partnergeführte Beratungsadresse mit Fokus auf mittelgroße Unternehmenstransaktionen und deutsches Team der größten globalen Organisation unabhängiger M&A-Beratungshäuser M&A International Inc. www.angermann-ma.de

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